"Satin Rouge"

R: Raja Amari
D: Hiam Abbas, Hend El Fahem, Maher Kamoun u. a.

Frankreich/Tunesien 2002


Der erste abendfüllende Spielfilm der Regisseurin Raja Amari avancierte zum Publikumshit der Berlinale 2002 und entführt die ZuseherInnen in die üppig-schwülstige Welt tunesischer Nachtklubs. Amari zeichnet die Geschichte einer Frau, die sich auf lustvolle Weise von einem Alltagstrottleben emanzipiert und ihre Weiblichkeit wieder entdeckt. Für tunesische Maßstäbe ist dieser Film ein erotisches Wagnis, für Europa stellt er ein ansprechend sinnliches Bild- und Hörerlebnis dar.

Lilia (Hiam Abbas) versorgt nach dem Tod ihres Mannes ihre fast erwachsene Tochter und ihr Heim und führt eigentlich ein langweiliges Leben. Weil ihre Tochter Salma (Hend El Fahem) mit dem Musiker Chokri (Maher Kamoun) liiert ist und ihre Nächte des öfteren fern vom mütterlichen Herd verbringt, beschließt Lilia eines Tages, ihren Sprössling auf den Strassen von Tunis zu suchen. Ihr Weg führt sie in den Nachtklub "Satin Rouge", dessen für sie fremdartiger Faszination sie alsbald erliegt.

Die dort beschäftigten Bauchtänzerinnen ermutigen die bislang verhaltene junge Witwe, sich dem Tanz hinzugeben und sich zu ihnen zu gesellen. Lilia folgt ihrem Rat, neben einer neuen tiefen Freundschaft findet sie ihre weibliche Mitte. Die neu entdeckte erotische Kraft will auch gleich am Liebhaber ihrer Tochter erprobt werden, der in diesem Nachtklub arbeitet und vom ersten Augenblick an von der neuen Tänzerin fasziniert ist. Zu diesem Augenblick weiß Chokri noch nicht, dass er sich mit seiner künftigen Schwiegermutter einlässt.

Diese komplizierten Verwicklungen führen aber zu keinem Desaster, sondern lösen sich zum Wohlgefallen zumindest aller beteiligten Frauen auf. Man mag sich des Eindrucks eines Hauchs von Tausend und einer Nacht nicht erwehren können, wenn man nach diesem Film entlassen wird, und es fühlt sich gut an. Kurzweilige, freudvolle Emanzipation à la Tunesien.

(ama ; 01/03)