(...) "Hier ist schon einmal ein Weihnachtsgeschenk für dich, Harry", sagte er.
Schwungvoll zog Fred etwas aus seinem Mantel und legte es auf das Pult vor ihnen. Es war ein großes, quadratisches, heftig mitgenommenes Blatt Pergament. Kein Wort stand darauf. Harry vermutete, es sei einer ihrer Scherze, und starrte das Pergament an.
"Was soll das sein?"
"Das, Harry, ist das Geheimnis unseres Erfolgs", sagte George und strich liebevoll über das Pergament.
"Wir bringen es kaum übers Herz, uns davon zu trennen", sagte Fred, "aber gestern Abend haben wir beschlossen, dass du es dringender brauchst als wir."
"Außerdem kennen wir es auswendig", sagte George. "Wir vererben es dir. Eigentlich brauchen wir es auch nicht mehr."
"Und was soll ich mich diesem Fetzen anfangen?", fragte Harry.
"Diesem Fetzen!", wiederholte Fred und schloss die Augen mit einer Grimasse, als ob Harry ihn tödlich beleidigt hätte. "Erklär es ihm, George."
"Also ... als wir in der ersten Klasse waren, Harry - jung, sorglos und unschuldig -"
Harry schnaubte. Dass Fred und George jemals unschuldig gewesen waren, bezweifelte er stark.
"- na ja, jedenfalls unschuldiger, als wir jetzt sind - auf jeden Fall bekamen wir damals wegen einer Kleinigkeit Ärger mit Filch."
"Wir haben eine Stinkbombe im Korridor platzen lassen und aus irgendeinem Grund hat ihn das geärgert-"
"Also hat er uns in sein Büro geschleift und kam gleich mit den üblichen Drohungen -"
"- Strafarbeit -"
"- Bauchaufschlitzen -"
"- und ganz zufällig fiel uns an einem seiner Schränke eine Schublade ins Auge mit der Aufschrift Beschlagnahmt und gemeingefährlich."
"Versteh schon -", sagte Harry und fing an zu grinsen.
"Na, was häätest du getan?, sagte Fred. "George hat ihn mit noch einer Stinkbombe abgelelenkt, ich hab die Schublade aufgerissen und - das hier rausgeholt."
"Ist nicht so schlecht, wie es klingt", sagte George. "Wir glauben nicht, dass Filch jemals rausgefunden hat, wie man damit umgeht. Er hat wahrscheinlich geahnt, was es war, oder er hätte es nicht beschlagnahmt."
"Und ihr wisst, wie man damit umgeht?"
"O ja", sagte Fred feixend. "Dieses kleine hübsche Pergamentchen hat uns mehr beigebracht als alle Lehrer dieser Schule zusammen."
"Ihr verarscht mich doch", sagte Harry und sah das zerfranste alte Pergamentstück an.
"Aach - wir doch nicht", sagte George.
Er zog seinen Zauberstab hervor, berührte sanft das Pergament und sagte: Ich schwöre feierlich, dass ich ein Tunichtgut bin."
Und sofort begannen sich von dem Punkt, den George berührt hatte, dünne Tintenlinien wie ein Spinnennetz auszubreiten. Sie liefen zusammen, überkreuzten sich und wucherten in die Ecken des Pergaments; dann erblühten Wörter auf dem Blatt, in großer, verschnörkelter Schrift, die verkündeten:

DIE HOCHWOHLGEBORENEN HERREN MOONY; WURMSCHWANZ; TATZE UND KRONE
HILFSMITTEL FÜR DEN MAGISCHEN TUNICHTGUT GMBH PRÄSENTIEREN STOLZ DIE KARTE DES RUMTREIBERS

Es war eine Karte, die jede Einzelheit von Hogwarts zeigte. Doch wirklich erstaunlich waren die kleinen Tintenpunkte, die sich darauf bewegten, jeder mit einem Namen in winziger Schrift versehen. Verblüfft beugte Harry sich über die Karte. (...)


aus Joanne K. Rowlings
"Harry Potter und der Gefangene von Askaban";
Carlsen Verlag