Die Spannung zwischen Arbeitsbegriff und Menschenrechten
(Verfasser: Ian Lindner)
Einleitend: Allgemeines zu Arbeit, Freiheitsrechte und Strafe
Im Folgenden möchte ich einige Denkanstöße bezüglich eines Themas ausformulieren bzw. in Erinnerung rufen, welche zwar unsere allgemein akzeptierte und medial inszenierte Weltvorstellung mit verursachen, jedoch weder in Österreich, noch in Europa noch transkontinental einem kritischen, auf Veränderung bedachten Diskurs ausgesetzt werden. Die Kultur- und Denkgeschichte der Begriffe der "Arbeit", des "Müßigganges" und der damit in Verbindung stehenden "Strafe" verdient eine nähere Beleuchtung, um die Verbissenheit der einerseits nach Arbeit gierenden und anderseits sich gleichzeitig vor der Arbeit scheuenden rastlosen und atemlosen Gesellschaft zu verstehen. Zur Demonstration des Behaupteten soll auch auf die Geschichte eines historischen Gebäudes am Rande Wiens und der darin im Laufe der Geschichte untergekommenen Institutionen eingegangen werden; am historischen Fallbeispiel der geschichtlichen Entwicklung der Justizanstalt Simmering widerspiegelt sich der Wandel des institutionellen Gebrauchs der oben angeführten Begriffe. Abschließend werden einige Einflussfaktoren des heutigen gesellschaftlichen Klimas in Österreich aufgezeigt, um auch auf die Rahmenbedingungen unserer Alltagswelt Bezug nehmen zu können. Um allerdings das volle Ausmaß der Thematik zusammen mit dessen Auswirkungen auf unser Alltagsleben heute zu erfassen, ist anfangs noch ein Fächer übergreifendes und interdisziplinäres Denken von Nöten, da keine einspurige Forschungsrichtung die Komplexität dieser Erscheinung völlig zu durchleuchten vermag. Der vorliegende Text kommt daher einem Streifzug gleich, bei dem vieles angesprochen, manches nur touchiert wird, um in eine Übersicht der Zusammenhänge zu münden.
Im Laufe der Geschichte unterlag der Begriff der "Arbeit" einer steten Veränderung. Heute definiert das deutschsprachige Lexikon(1) den Begriff Arbeit folgendermaßen: "[urspr. >schwere körperl. Anstrengung<, >Mühsal<, >Plage<], der bewusste und zweckgerichtete Einsatz der körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte des Menschen zur Befriedigung seiner materiellen und ideellen Bedürfnisse". Einerseits definiert sich der Mensch heute durch den Arbeitsplatz: Prestige, Rang und Macht können durch den Arbeitsplatz verliehen werden (Befriedigung ideeller Bedürfnisse). Die Erwirtschaftung des Lebensnotwendigen (Befriedigung materieller Bedürfnisse) ist nur noch für einen Teilbereich der Gesellschaft der Sinn der Arbeit. Eigenschaftswörter, die der Semantik des Sports, des Krieges und des Industriedesigns maschineller Produkte entnommen wurden, werden heute freiwillig internalisiert und gelten als Idealeigenschaften gleichfalls für Arbeitseinstellung, Lebensstil und gelungene Selbstdarstellung. Die Arbeitssucht ("Workaholism") ist Resultat eines Ausfüllungsversuchs von ausgehöhlten, zu kurz gekommenen Lebensbereichen; die Entzugserscheinungen werden oft im Falle einer plötzlichen Erkrankung mit der Auswirkung der Arbeitsunfähigkeit oder der Pensionierung beklagt. Anderseits versteht sich die Gesellschaft als eine Freizeitgesellschaft, bei der über die Mühen der Arbeit offen geklagt, die Arbeit als Strafe des Schicksals, und gleichzeitig den Wünschen nach einem mühelosen Leben, dem Leben ohne Arbeit, nachgeträumt wird.(2) Diese krasse Widersprüchlichkeit im Bezug zur Arbeit des Einzelnen, der für gewöhnlich an 5 Tagen der "Arbeitswoche" am Nachmittag nach der Arbeitszeit und am Anfang des Wochenendes seinen regelmäßigen Kipppunkt erreicht, stößt jedoch kaum auf Verwunderung und wird auch nur widerwillig wahrgenommen. Dass sich jedoch in diesem historisch bedingten und nun verdrängten Zwiespalt einige aktuelle gesellschaftspolitische Probleme widerspiegeln, rechtfertigt eine eingehende Beschäftigung mit dieser Thematik. Auch in der Suche nach einer geeigneten Gestaltung der Arbeitswelt ist die aristotelische Frage nach dem Guten zu stellen. Die setzt jedoch voraus, dass bezüglich der Arbeit die strittige Frage nach dem Unterschied zwischen Freiwilligkeit/Unfreiwilligkeit gestellt wird, denn der Gesetzgeber setzt die Freiwilligkeit des Einzelnen voraus, da die Exekutive den Einzelnen bei einer Übertretung des "Gesellschaftsvertrages" dafür bestraft.
Menschenrechte werden heute millionenfach in verschiedenen Formen der Sklaverei und Kinderarbeit verletzt. So berichtet selbst die amerikanisch-patriotische Zeitschrift National Geographic(3) in einem Artikel namens "21st Century Slaves", dass "weltweit 27 Millionen Menschen gekauft, verkauft, gefangengehalten, brutalisiert und für Profit ausgebeutet werden". In Artikel 23 der heute mancherorts gültigen Aufzählung der Freiheitsrechte des Individuums, der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte", heißt es bezüglich der Arbeit: "1. Jeder Mensch hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf angemessene und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz gegen Arbeitslosigkeit. 2. Alle Menschen haben ohne jede unterschiedliche Behandlung das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit. 3. Jeder Mensch, der arbeitet, hat das Recht auf angemessene und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert und die, wenn nötig, durch andere staatliche Schutzmaßnahmen zu ergänzen ist. 4. Jeder Mensch hat das Recht, zum Schutz seiner Interessen Berufsvereinigungen zu bilden und solchen beizutreten".
Heute wird in den Industrieländern von der "Freiheit" des Arbeitenden gesprochen, sein Arbeitsvermögen auf dem Markt zu verkaufen. Dass in einer Gesellschaft, in welcher die meist fremdbestimmte Arbeitssituation des Einzelnen über gesellschaftliche Anerkennung und Nichtanerkennung und über den Zugang zu lebensnotwendigen Gütern entscheiden soll, die dadurch "entfremdete" Arbeit nicht als wirkliche "Freiheit" eingestuft werden kann, gehört zu den häufig hervorgebrachten Kritikpunkten gegen das "kapitalistische" Wirtschaftsystem. Die Utopie des Kapitalismus, in welcher mit der unbegrenzten Selbstbereicherungsmöglichkeit durch die Arbeit des Einzelnen der daraufhin angeeignete Reichtum wieder den Armen zugute kommen soll (da er ja nicht anders kann als es im System, in dem er agiert, wieder zu investieren …), scheint als teleologisches System einfach nicht in Erfüllung gehen zu wollen. Für Karl Marx bildete schließlich die Arbeit einen Schlüsselbegriff für eine notwendige Revolution der Gesellschaftsstrukturen. Durch die Wiederaneignung der Herrschaft über die eigene Arbeit (und der Produktionsmittel) sollte das unterworfene Wesen des Menschen zusammen mit dessen Klasse befreit werden. Marx unterschied im Kommunistischen Manifest das bürgerliche und das kommunistische Verständnis von Arbeit: "In der bürgerlichen Gesellschaft ist die lebendige Arbeit nur ein Mittel, die aufgehäufte Arbeit zu vermehren. In der kommunistischen Gesellschaft ist die aufgehäufte Arbeit nur ein Mittel, um den Lebensprozeß der Arbeiter zu erweitern, zu bereichern, zu befördern".(4) Im Versuch, diese Freiheitsvorstellung zu realisieren, wurden die Arbeit und die Arbeiterklasse glorifiziert und mystifiziert. In beiden Utopien wird die Arbeit als Möglichkeit zur Befreiung des Menschen angesehen. Philosophiegeschichtlich stellt sich nun die Frage, wovon sich der Mensch eigentlich befreien will. Sind nicht die Erfindungen der Renaissance unter anderem deshalb bewundert worden, da sie den Menschen versprachen, sie eines schönen Tages von eben jener Arbeit befreien zu können? War es nicht auch ein humanistischer Wunsch, nachdem wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen konnten und nicht mehr Gott überlassen mussten, sogar eine Welt schaffen zu können, in welcher der Mensch von den Mühen der Arbeit befreit ist? Nach dem so genannten "Fall des Kommunismus" scheint nun die kapitalistische Utopie der einzige unerreichbare Traum zu sein, den man noch träumen darf. Slavoj Zizek schreibt über die "Freiheit" zur Arbeit: "Der ideologische Begriff der - Freiheit - enthält viele Arten der Freiheit, Meinungs- und Glaubensfreiheit, Presse- und Handelsfreiheit usw., wobei notwendigerweise noch eine paradoxale Freiheit hinzukommt, die den universellen Begriff der Freiheit umkehrt: die Freiheit des Arbeiters, sein Arbeitsvermögen auf dem Markt zu verkaufen; diese Freiheit ist jener Punkt, an dem die Allgemeinheit der Freiheit in ihr Gegenteil umschlägt, da ihr Inhalt gerade die Versklavung der Arbeitskraft durch das Kapital ist"(5). Es handelt sich bei dieser Versklavung auch um eine "symbolische Gewalt", die von Pierre Bourdieu wie folgt definiert wird: "Die symbolische Gewalt ist jene Gewalt, die, indem sie sich auf die ‚kollektiven Erwartungen' stützt, auf einen sozial begründeten und verinnerlichten Glauben, Unterwerfungen erpresst, die als solche gar nicht wahrgenommen werden".(6) Das bedeutet, der Mensch befürwortet eine nicht wahrgenommene Unterwerfung unter z.B. Arbeitsverhältnisse, zu deren Annahme er anhand seines eigenen Glaubens an "kollektive Erwartungen" erpresst werden kann. Der in dieser Form unterworfene Mensch, der ja in Wahrheit nicht nur Mittel zum Zweck, sondern auch Selbstzweck ist, wird in einer solchen Situation eher für eine Befreiung vom Arbeitszwang, und weniger für diese "Freiheit", sein Arbeitsvermögen auf dem Markt verkaufen zu können, dankbar sein. Dass diese Unterdrückung im Falle ihrer Bewusstwerdung in einen Drang zur Reappropriation des ureigentlich Menschlichen (auch wenn diese dem Menschen nicht möglich sein sollte) durch weitere radikal-utopische Modelle der Befreiung mündet, ist eine sich geschichtlich wiederholende Tatsache und sollte eine Warnung sein an alle Verantwortlichen, welche über die Anliegen wachsender Bevölkerungsgruppen, wie das wachsende Heer der desillusionierten Arbeitssuchenden als auch das wachsende Heer der unzufrieden dem Arbeitszwang Unterworfenen, hinwegsehen wollen. Der stets enttäuschte Wunsch, das Unendliche innerhalb des Endlichen Selbst entdecken zu wollen, bringt den Menschen nun einmal dazu, dieses Unendliche in den Erhalt des von uns Geschaffenen oder in gewisse Änderungen des von uns Geschaffenen vehement hinein zu projizieren. Daran, wie wir versuchen, im von uns Geschaffenen das Unendliche zu sehen, erkennen wir auch, dass wir die Kopernikanische Wende anscheinend noch nicht ganz verkraftet haben. Der Dichter Auden hat es einmal in einem Brief an Lord Byron so formuliert: "Man is no center of the universe, / And working in an office makes it worse".(7) Die Gedanken Hegels zum (eurozentristischen) Fortschreiten der erfolgreichen Denkgeschichte bleibt allenfalls eine theoretisierende Wunschvorstellung: "Der Orient wußte und weiß nur, dass Einer frei ist, die griechische und römische Welt, dass Einige frei seien, die germanische Welt weiß, dass Alle frei sind".(8)
Was wäre also zu tun? Wir könnten versuchen, den bereits beschrittenen Weg weiterzugehen. Ein humanisierter und daher individualisierter Zugang zur Arbeit, dem sich der selbstbestimmte Mensch während der Lebensplanung mit einer Frage annähern könnte, wäre zum Beispiel: "Was glaube ich selbst, wäre die Arbeit, mit der ich gerne die Gesellschaft bereichern und mitgestalten will, um meinen Anteil an der Gemeinschaft, von der ich zugegebenermaßen abhängig bin, zu leisten, und für die ich aber auch gerne mit der lebensnotwendigen Unterstützung entlohnt werden will?" Nach der Durchsetzung eines freien und kostenlosen Zugangs zur Bildung sollte dem Ausgebildeten der ebenfalls "freie Zugang zur Arbeit" ermöglicht werden, das heißt: die Möglichkeit offeriert werden, nicht irgendwo in bereits bestehenden, ohne ihn schon funktionierenden Strukturen unterkommen zu müssen, sondern durch die eigene selbst gewählte Tätigkeit, die nicht abhängig ist von deren Vermarktbarkeit, das eigene Überleben absichern zu können. Von der Ermöglichung dieser Lebensgestaltung für alle Teilnehmer an unserer "Polis" sind wir jedoch noch sehr weit entfernt; wäre sie aber nicht eine konsequente Zielsetzung im Geiste eines noch nicht doppelzüngig gewordenen Humanismus? Eine große "Denkarbeit" liegt also noch vor uns.
Die in den Menschenrechten angesprochenen "befriedigenden Arbeitsbedingungen" werden von den zunehmend prekären Arbeitsmärkten weltweit untergraben. Die sich verschärfenden Kämpfe um Arbeitsplätze bedingen eine ständig wachsende Arbeitslosigkeit in den Industrieländern und einen harschen, misstrauischen Umgang von Arbeitskollegen untereinander. Das Phänomen "Mobbing" ist eine der Auswirkungen dieser prekären Situation. Hutzfeld schreibt im Jahr 2002: "Mobbing ist ein Phänomen, das nahezu in jedem Betrieb, jeder Institution und jeder Berufsbranche anzutreffen ist. Es leiden 1,2 Millionen Beschäftigte unter Mobbing, das sind 2,5 bis 3 % aller Beschäftigten. Das ist ein Ergebnis einer Studie der Dortmunder Sozialforschungsstelle zu Mobbing, das Anfang Mai 2002 veröffentlicht wurde. 1000 Selbstmorde pro Jahr gehen auf Mobbing zurück. Der volkswirtschaftliche Schaden beträgt bis zu 25 Milliarden Euro".(9) Selbst diese Zahlen aus Deutschland veranlassen weder öffentliche Diskussion noch politisches Handeln bezüglich der anwachsenden prekären Arbeitssituation. Stattdessen überfällt den Einzelnen eine irrationale Angst, die eigene Situation wird als Schicksal begriffen, das es "schlecht mit einem meint", und die Konkurrenzkämpfe werden noch weiter angeheizt. Die irrige Zauberformel "lebenslanges Lernen" wird allerorts als einzige Absicherungshandlung gegen den Verlust der Arbeit propagiert, wodurch die politische Verantwortung auf den Einzelnen abgeschoben und die Schuld an der Arbeitslosigkeit als persönliches Versagen dargestellt wird.(10) Dass jedoch unter den Arbeitslosen eine hohe Akademikerquote zu finden ist, stört den Triumphzug der Zauberformel nicht im Geringsten. Auf der Strecke bleiben jene "schwachen" Gesellschaftsmitglieder, welche an dem großen brutalisierten Wettlauf aus den unterschiedlichsten Gründen nicht teilnehmen können. Diese werden schließlich in die Armut oder auch in die Illegalität gedrängt. Durch die Erziehung und durch die Bestrafung dieser Individuen erhofft sich die Gesellschaft nun eine Wiedergutmachung oder bloß eine Rache aufgrund der begangenen gemeinschaftsschädigenden Tat. So schließen wir auf die Notwendigkeit von Erziehungs- und Strafanstalten, in denen sich der Prozess der Rehabilitierung außerhalb der Strukturen des öffentlichen Alltages vollziehen soll.
In einem utopischen Staat, in dem alle Bürger durch geeignete Maßnahmen der Gewalthoheit straffrei bleiben, würde sich die Notwendigkeit von Strafanstalten in naher Zukunft erübrigen. Diese an Thomas Hobbes erinnernde Gesellschaftsutopie scheint der Bestrafungspraxis des Freiheitsentzuges noch heute zugrunde zu liegen. Zur Frage, ob dies auch tatsächlich so sei, erheben sich jedoch bereits seit längerem viele Zweifel, da unter anderem die momentan bestehenden Strafanstalten den Insassen nur zum geringen Teil zur Einsicht des zukünftigen Gewaltverzichtes verhelfen. Ein älterer Hauptkritikpunkt an der Bestrafung durch Freiheitsbeschränkung, der heute noch gebräuchlich ist, stammt aus dem Zweifel daran, dass es zu keiner wirklichen Resozialisierung des Delinquenten kommen kann, wenn er einfach nur aus der Gesellschaft eine Zeitperiode hindurch weggesperrt wird. Michel Foucault schrieb: "Ebenso wie das Projekt einer Besserungstechnik mit dem Prinzip einer Straftat Hand in Hand ging, meldet sich Kritik des Gefängnisses bereits in den Jahren 1820 bis 1845 zu Wort - in Formulierungen, die heute fast unverändert wiederholt werden".(11) Falls der Delinquent in Haft auch noch Menschenrechtsverletzungen über sich ergehen lassen muss, welche von Mithäftlingen oder eventuell auch den Aufsichtspersonen ausgehen, so ist sogar die gegenteilige Wirkung, nämlich die der Verrohung zu erwarten. Die neuesten Lösungsansätze schlagen daher eine Wiedergutmachung und einen Ausgleich der begangenen Straftat vor. Es sollte heute zu einer alerten zukunftsorientierten Gesellschaft gehören, die Strafjustiz nicht als Rachegelegenheit der Öffentlichkeit anzusehen, sondern als Möglichkeit, dem Täter die Chance zu geben, das begangene Unrecht weitestgehend wieder gut zumachen.(12) Weitere Kritik gegen die Freiheitsberaubung wird nun zunehmend laut aufgrund der Überlegung, dass es zu einer Ausbeutung der Arbeitskraft der Delinquenten kommen kann, indem der wirtschaftliche Nutzen des Delinquenten eine Eigendynamik entwickelt, die aus sich selbst heraus das notwendige Weiterbestehen von Strafanstalten erwirkt. Ob nun die Anwendung der Arbeit als Straf- oder Besserungsmittel von Delinquenten angesehen wird, ist von der mehr oder weniger euphemistisch und instrumentalistisch verwendeten Argumentationsrhetorik in der Geschichte der Institutionen abhängig, welche von der Widersprüchlichkeit der jeweils geltenden Definition von Arbeit befangen ist. Aus dem Verlauf der Geschichte lassen sich viele Beispiele hervorheben, in denen ausgegrenzte, von der gesellschaftlichen Mitwirkung ausgeschlossene Menschengruppen dem politischen und wirtschaftlichen, getarnten Missbrauch ausgeliefert werden. Ein Beispiel dafür soll weiter unten anhand eines Dokuments aus der Mitte des 18. Jh. vorgeführt werden, um die gedankliche Verbindung zwischen Armut und Arbeitszwang bzw. die verwendete Semantik, die diese Verbindung herbeiredet und begründet, näher zu beleuchten. Es ist dabei traurig, zu beobachten, wie wenig sich die damals gebräuchlichen Argumente von den heutigen unterscheiden.
Das Dokument stammt aus dem Jahr 1746 und ist betitelt: "Gründliche Nachricht von dem ganzen Verpflegungs-Werk der alhiesigen Armen-Leut-Cassa". Der Verfasser berichtet von der Einrichtung und der geplanten Struktur eines Arbeitshauses in Kaiserebersdorf (im Gebäude der heutigen Justizanstalt Simmering) bei Wien unter der Regentschaft Maria Theresias, in welchem 400 bis 500 Bettler aus den Gassen Wiens aufgesammelt und untergebracht werden sollen. In dieser 13-seitigen Überlieferung, aus der hier nur einige Passagen vorgebracht werden sollen, wird das Wort "Müßiggang" ganze neun Mal verwendet, wobei das Wort ständig mit dem Bösen (im Sinne sündigen Verhaltens) verbunden und als eine Haupteigenschaft der (falschen) Bettler dargestellt wird. Dies ist alles andere als banal, da in einem christlichen Land die Muße nicht grundsätzlich als bösartig gelten kann. Im Alten Testament erlegte Gott die Arbeit dem Menschen als Fluch auf, nachdem Adam und Eva im Paradies gegen sein Wort verstoßen haben ("Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du zum Erdboden zurückkehrst, von dem du genommen bist." (13)). In der Antike wurde die Sklavenwirtschaft betrieben, um dem "freien" Bürger die niedrigen Arbeiten zu ersparen. Durch den zweiten Brief des Apostels Paulus an die Thessalonicher ("Wir haben euch ja, als wir bei euch waren, diesen Grundsatz eingeschärft: wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen …"(14)) und die spätere renaissancezeitliche Abkehr vom augustinischen Menschenbild mit gleichzeitigem Rückgriff auf jene antike Vorstellung, in welcher der Mensch sein Schicksal selber bestimmen konnte, wurde die Würdigung der Arbeit vorangetrieben.(15) Als auch noch im sechsten Jh. unter Papst Gregor I. die Trägheit zu den sieben Todsünden dazugezählt wird, und diese nun mit der Muße assoziiert werden konnte, scheint der "Müßiggang" nun für alle möglichen Verurteilungen herhalten zu müssen. Der gebürtige Adel, dessen Vorrecht es war, von den niedrigen Arbeiten des Lebens Abstand nehmen zu können, stand einer Bevölkerung gegenüber, welche ihr tributpflichtig war. Das erwünschte Stadtbild, in dem der Adel mit dem arbeitenden Volk in Harmonie lebte, wurde im vorliegenden Fall anscheinend gestört durch das anwachsende Heer an Bettlern, welches von Almosen lebte. Die Lösung des Problems schien nun darin zu liegen, den wahren Bettler vom müßiggängerischen falschen Bettler zu unterscheiden. Wie in diesen Jahren dann tatsächlich zwischen falschen und wirklichen Bettlern unterschieden wurde, wird in diesem Text nicht wirklich näher erläutert. Aber unabhängig ob falscher oder wirklicher Bettler, sie wurden im vorliegenden Fall -einer wie auch der andere- ins Arbeitshaus geschickt. Hier wurden schließlich alle Insassen dazu angehalten (je nach körperlicher Eignung) zu arbeiten. Die Verteilung der Almosen unter den Bettlern sollte aber nun gerechter als sonst geregelt werden können. Offensichtlich wurden die Straßen Wiens vom störenden Bettelvolk gereinigt. Der Ablauf der Weltgeschichte sollte jedoch schon bald zeigen, dass das Bürgertum und die Arbeiterklasse sich vom Adel dadurch abgrenzen werden, indem sie den Müßiggang des Adels in Polemiken verurteilen und den Feudalismus in einigen Ländern Europas schließlich abschaffen. Der Adel wurde mit parasitärer Faulheit identifiziert. Bereits Maria Theresias Tochter, Marie Antoinette, musste in Folge dessen während der französischen Revolution in Paris im Jahr 1793 auf das Schafott. Gegen das nun mächtig werdende Großbürgertum und dessen internalisierte feudalistische Vorstellungsrelikte richtete Karl Marx im 19. Jh. seine Schriften mit besonderem Augenmerk auf den Begriff der entfremdeten Arbeit, wodurch die gigantische kommunistische Bewegung in die Wege geleitet wurde. Diese Revolution gilt heute weitestgehend als gescheitert, wobei jedoch die Missstände, welche Marx anprangerte, nicht verschwunden sind, sondern sich, aufgrund der Einseitigkeit der Vorstellung des "Sieges des Kapitalismus" heute umso mehr zu verstärken scheinen.
Zum Vergleich soll hier noch auf die Betrachtung des Arbeitsbegriffs unter der Herrschaft des Nationalsozialismus eingegangen werden. In Bezug auf den historischen Arbeitsbegriff in der nationalsozialistischen Ära wäre hier wohl zuerst auf die pervertierte Toraufschrift von Dachau und anderer Konzentrationslager, "Arbeit macht frei" hinzuweisen. Broszat(15A) schreibt, dass am 1. August 1936 die bayrische Polizei die "unpolitischen Schädlinge" aufzählte, die notfalls in "Schutzhaft" (Inbegriff der politischen Gegnerbekämpfung im Dritten Reich, die auch zur Einweisung in Konzentrationslager führen konnte) genommen werden sollen. Zu diesen "Asozialen" gehören: Bettler, Landstreicher, Zigeuner, Landfahrer, Arbeitsscheue, Müßiggänger, Prostituierte, Querulanten, Gewohnheitstrinker, Raufbolde, Verkehrssünder, Psychopathen und Geisteskranke. Der "Kreis der in die Konzentrationslager einzuweisenden Personen" wurde in den Jahren 1937/38 von Himmler, mit Unterstützung Hitlers ausgeweitet: bei einem Runderlass vom 26. Januar 1938 wird eine schnelle Ergreifungsaktion "arbeitsscheuer Elemente" vorbereitet. Der Arbeitsscheue wird hier wie folgt definiert: "Arbeitsscheu im Sinne dieses Erlasses sind Männer im arbeitsfähigen Lebensalter, deren Einsatzfähigkeit in der letzten Zeit durch amtsärztliches Gutachten festgestellt worden ist oder noch festzustellen ist, und die nachweisbar in zwei Fällen die ihnen angebotenen Arbeitsplätze ohne berechtigten Grund abgelehnt oder die Arbeit zwar aufgenommen aber nach kurzer Zeit ohne stichhaltigen Grund wieder aufgegeben haben."(15B) Broszat zeigt weiters dass im Jahr 1937 die Asoziale wie folgt definiert werden: "a. Landstreicher, die zur Zeit ohne Arbeit von Ort zu Ort ziehen; b. Bettler, auch wenn diese einen festen Wohnsitz haben; c. Zigeuner und nach Zigeunerart umherziehende Personen, wenn sie keinen Willen zur geregelten Arbeit gezeigt haben oder straffällig geworden sind; d. Zuhälter, die in ein einschlägiges Strafverfahren verwickelt waren - selbst wenn eine Überführung nicht möglich war - und heute noch in Zuhälter- und Dirnenkreisen verkehren, oder Personen, die in dringendem Verdacht stehen, sich zuhälterisch zu betätigen; e. solche Personen, die zahlreiche Vorstrafen wegen Widerstandes, Körperverletzung, Raufhandels, Hausfriedensbruch u. dgl. erhalten und dadurch gezeigt haben, dass sie sich in die Ordnung der Volksgemeinschaft nicht einfügen wollen." Zum ersten Mal wird dabei klar ausgesprochen, dass Zwangsarbeitereinsätze ein wesentlicher Zweck der Konzentrationslager sind: "Die straffe Durchführung des Vierjahresplanes erfordert den Einsatz aller arbeitsfähiger Kräfte und lässt nicht zu, dass asoziale Menschen sich der Arbeit entziehen und somit den Vierjahresplan sabotieren". Weiters schreibt Broszat: "Es liegt aufgrund dessen die Vermutung nahe, dass es bei den polizeilichen Aktionen gegen sogenannte Kriminelle und Asoziale, die in den Jahren 1937/38 so auffällig forciert wurden, nicht allein um den vorbeugenden Schutz der Volksgemeinschaft ging, wie das Regime ihn verstand, sondern auch um die Zwangsrekrutierung von Arbeitskräften für bestimmte Projekte, an denen die nationalsozialistische Führung und die SS besonders interessiert waren. Diese Vermutung wird schon dadurch bestätigt, dass in den behandelten Erlassen verschiedentlich ausdrücklich angeordnet wurde, es seien männliche und arbeitsfähige Personen festzunehmen."(15C) Die Zwangsarbeit ausgestoßener Bürger und unterjochter Fremdvölker war im NS Regime einer der Stützpfeiler des ökonomischen Systems und dazugehöriges Element der Arbeitspolitik. Wagner schreibt, dass Himmler nach einem Erlass Görings vom 18. Februar 1941 sehr erfreut war, als die IG Auschwitz sich erstmals bei ihm meldete, um Arbeitskräfte aus seinen Lagern beziehen zu können: "Schon seit Mitte der dreißiger Jahre hatte er versucht, die Industrie für das in ‚seinen' Lagern steckende Arbeitspotential zu interessieren. Nachdem seine Bemühungen erfolglos geblieben waren, begann Himmler mit Hilfe der Häftlinge eine eigene Wirtschaftsmacht aufzubauen. Die daraufhin errichteten SS-eigenen Unternehmen erwiesen sich aber vor allem aufgrund fehlender betriebswirtschaftlicher Erfahrung als nur mäßig effizient. Mit Görings Erlass schien sich nun unerwartet die Möglichkeit zu bieten, doch noch eine direkte Zusammenarbeit mit der Privatindustrie zu etablieren."(15D) Als "minderwertig" oder als "asozial" geltende Menschen sollten durch ihre Arbeit einem "Herrenvolk" dienen. Durch eine militärische Eroberungspolitik sollten die umliegenden Völker unterjocht und zur Arbeit gezwungen werden. Die im Herrenland vorherrschende Arbeitslosigkeit sollte durch die brutale Aneignung fremden Reichtums gelöst werden. Trotzdem blieb der Kriegsgeneration das Verschwinden der Arbeitslosigkeit bei der Machtergreifung Hitlers als unleugbarer "Erfolg" seiner "Politik" in Erinnerung. Dieses rassistisch motivierte Sklavensystem erinnert weiters an die antike Vorstellung, als die Arbeit der Versklavten die Freiheit der Herren ermöglichte. "Arbeit macht frei" wäre daher eventuell so zu verstehen, dass die Arbeit der Sklaven den guten Bürger und Herren frei macht. Die Arbeit macht also nicht den Arbeitenden, sondern den Arbeitgeber frei. Ein bloßes Sklavensystem war es jedoch auch nicht, da sehr wohl das Ziel des Todes des Häftlings durch Erschöpfung und eine "Vernichtung durch Arbeit" vorhanden war; Wagner sieht daher im Vergleich der Zwangsarbeit im Konzentrationslager mit der Sklavenarbeit eine Verharmlosung.(15E) Die Arbeit wurde so selbst zu einem Selektionsmittel, da die Bauleitung einen ständigen Selektionsdruck bezüglich des Arbeitserfolges der Häftlinge ausübte.(15F) Wagner interpretiert das Motto auf den Lagern, welches ebenfalls auf dem Tor des Arbeitslagers Monowitz zu sehen war, wie folgt: "Die darin verheißende Aussicht war zwar wie in allen anderen Konzentrationslagern nur Ausdruck des Zynismus der SS, doch charakterisierte dieses Motto stärker als anderswo den Hauptzweck dieses Lagers: Arbeit. Nur ihre Arbeitsfähigkeit hatte die Häftlinge zumindest vorübergehend vor der Vergasung bewahrt; sie wurde deshalb zum zentralen Gegenstand ihrer Lageresistenz."(15G) Die Arbeit befreit also vor dem Todesurteil. Um sich ein Bild zu machen, was für Menschen hinter der Befürwortung solcher wirtschaftlichen Unternehmen tätig waren, schreibt Wagner von W. Stolten, dem damaligen Leiter der zentralen Abteilung "Arbeitseinsatz": "Obwohl auch Stolten sich nicht als besonderer Schläger hervortat, machte er sich am Tod vieler Häftlinge mitverantwortlich. Er sah sie nicht mehr als Menschen, sondern reduzierte seine Wahrnehmung auf die rein quantitative Abschätzung der ihnen verbliebenen Arbeitskraft. Was seine Anordnungen für den einzelnen Häftling bedeuteten, interessierte ihn nicht. Nach Einschätzung eines ehemaligen Häftlings war Stolten ‚ein Rechner, der die Häftlinge nur noch als Ware betrachtete'. Obwohl er kaum einem Häftling eigenhändig Gewalt antat, schickte er mit seiner Unterschrift Tausende von geschwächten Häftlingen in den sicheren Tod durch Erschöpfung oder anschließende Selektion."(15H) Auch die Freizeit wurde somit als bloße Effizienzsteigerung verstanden. Im Katalog von Verhaltensregeln hieß es unter Punkt 2: "Die Freizeit dient der Wiedererlangung verbrauchter Arbeitskräfte; hierzu gehört ausreichender Schlaf. Unnötige und gar schikanöse Beanspruchung der Häftlinge in der Freizeit fällt weg. Verstöße hiergegen sind mit strengsten Strafen zu ahnden."(15I) Für den Bürger und den Häftling waren also die eigene Arbeitsfähigkeit und das Vorhandensein von Arbeit entscheidend, ob sie weiterleben durften oder getötet wurden. Die Arbeit galt als mögliche Befreiung vor dem Todesurteil, wodurch der Häftling zur Mitarbeit gezwungen wurde. Auch die anfallende Arbeit der "Endlösung" (1942 bis 1945), die Tötungen und Verbrennungen der Häftlinge, wurden nun zum "Produkt" der "Vernichtungslager". Diese von vielen Menschen mitgetragene, pervertierte Verselbstständigung der Vernichtungsarbeit des Holocausts, die ähnlich einem Industriebetriebe der Logik der Produktion unterlag, wurde später korrekter Weise als Tiefpunkt der gesamten kulturgeschichtlichen Entwicklung erkannt. Berechnungen zur Erlangung von "Rohstoffen" durch die Leichenverbrennung wurden angestellt, um kostengünstiger zu töten und zu entsorgen. Der Tod wurde zum Produkt der Arbeit. Der Häftling wurde gezwungen an den Vorbereitungen des Mordes an ihm selbst und am Genozid mitzuarbeiten. Die zur Mitarbeit gezwungenen Häftlinge versuchten sich auch durch Privilegien das Leben zu retten und erträglicher zu machen. Der Lagerälteste, so berichtet Wagner anhand einer Zeugenaussage, empfing die neu Hinzugekommenen folgendermaßen: "Hier ist ein KZ, hier wird geschlagen, auch wenn ihr unschuldig seid und Schläge nicht verdient habt. Hier wird entweder gearbeitet oder gestorben."(15J) Die Eigenlogik innerhalb eines Lagers war durch ein Kaposystem strukturiert: "Nicht jedes Schlagen beruhte allerdings auf bloßer Lust an der öffentlichen Machdemonstration. In der Regel schlugen und misshandelten Kapos die Häftlinge ihrer Kommandos, weil sie in ihren Augen zu langsam arbeiteten. Je entkräfteter ein Häftling durch harte Arbeit und Unterernährung war, umso mehr Schläge hatte er zu erwarten. Das Schlagen war dabei Ausdruck der Selbstbehauptung und der Hilflosigkeit gleichermaßen. Wollte ein Kapo seine Privilegien behalten, musste er die Häftlinge zur Arbeit antreiben. … Wem es gelungen war, länger als einige Wochen im Lager zu überleben, der besaß meist ein gutes Gespür für die Beweggründe eines 'Bindenträgers'."(15K) Derjenige überlebte also am ehesten, der sich in die Zwänge des unmittelbaren Vorgesetzten (eines Kapos) hineindenken konnte, die entsprechende Rolle übernahm und sich somit im allgemeinen Arbeitsprozess schnell einfügte. Die Lebenserwartung lag bei zirka zwei Wochen. Wagner warnt aber vor einer wirtschaftlichen Überbewertung der Häftlingsarbeit: "Die Bedeutung des in den letzten beiden Kriegsjahren stark ausgeweiteten Häftlingseinsatzes in der deutschen Rüstungsindustrie darf aber nicht überbewertet werden: Ende 1944 waren in der gesamten deutschen Wirtschaft etwa 25 Millionen Arbeiter und Angestellte beschäftigt. Selbst wenn man eine hohe Zahl von 500000 in der Wirtschaft eingesetzten Konzentrationslager-Häftlingen annimmt, so stellen sie nie mehr als zwei Prozent des verfügbaren Arbeitspotentials." Die Häftlingsarbeit war zudem aus verschiedensten Gründen sehr unprofitable. Dass die Arbeitslager aufrechterhalten wurden, zeigt eine politisch-rassistische Gesinnung hinter einer kapitalistische Maske: "Diese Fixierung auf politische Ziele verstellte den Blick nicht nur für die ethische Verwerflichkeit, sondern auch die ökonomische Unsinnigkeit des Einsatzes von Konzentrationslagerhäftlingen."(15L) Die indoktrinierte Ideologie der SS-Mannschaften, welche auch für die Bewachung der KZs verantwortlich waren, verrät laut Hans Buchheim eine rein pragmatische, instrumentalisierende Haltung: "Es ging nicht um philosophische und ethische Fragen, sondern um die optimale Einsatzbereitschaft und Einsetzbarkeit der Mannschaften zu handfesten Zwecken. Dem zu dienen, war der Sinn des SS-Geistes. Er entsprang der gleichen Erkenntnis, aus der manche Industriemanager sich um das seelische Wohl ihrer Arbeiter kümmern …"(15M) Buchheim berichtet von Werner Best, dem Erfinder des Begriffs "heroischer Realismus", welcher zusammen mit einem Vulgärdarwinismus die SS-Ideologie beeinflusste, nachdem dieser eine Auseinandersetzung mit Heydrich hatte: "Best erwog daraufhin schon im Jahre 1940, das zu tun, was die meisten aktiven Nationalsozialisten erst 1945 gezwungenermaßen taten; nämlich nach dem Krieg aus der Politik auszuscheiden und sich eine Stelle in der Industrie zu suchen."(15N) Die heutigen Verquickungen zwischen Wirtschaft und Politik mit dem ehemaligen NS Regime bzw. mit international agierenden neonazistischen Unternehmen werden zum Beispiel vom renommierten Konzeptkünstler Hans Haacke in seinen Installationen zur modernen Industrielandschaft kritisch beleuchtet. Inwiefern das bloße Andeuten dieser Verbindungen heute noch sehr große Wellen schlägt, zeigt zum Beispiel sein subtiles Projekt für das Berliner Reichstagsgebäude im Jahr 2000, bei dem es zu erbitterten Widerständen und Einflussnahmen auf die Kunst von Seiten der Politik gekommen ist. Einen richtigen Umgang mit diesem Erbe zu finden, sollte sich als eine der größten Herausforderungen der Zeit danach herausstellen, stellt es doch alle bisherigen Erkenntnisse der Denkgeschichte zu einem gewissen Grad in Frage.
Dass heute am Anfang des 21. Jh. die allmächtig gewordene Bürgergesellschaft gegen die rasant steigende Zahl derjenigen, denen sie selbst aufgrund der Strukturlogik ihres Wirtschaftssystems jedoch keinen Arbeitsplatz mehr garantieren kann, wieder den Vorwurf des Müßiggangs richtet, macht auf die Brisanz des Themas aufmerksam. So muss der "Arbeits- bzw. Erwerbslose" nicht nur den Diskriminierungen des Bürgertums standhalten. Die vom Großbürgertum gesteuerten Industrie und die Wirtschaftskonzerne zwingen langsam aber sicher die politisch Verantwortlichen dazu, die machtlose Gesellschaftsgruppe der "Arbeits- bzw. Erwerbslosen" in eine Rechtsituation hineinzutreiben, in der sie wirtschaftlich ausgebeutet werden kann. Dieser Zwang kommt von allen politischen Lagern. Selbst der Sozialdemokrat und Arbeitsrechtler Firlei muss in einer Analyse der heutigen Zeit anmerken: "Es geht nicht mehr darum, was wir wollen. Es geht darum, was wir (noch) können. Auf diese Frage bleiben aber die alten Protagonisten des sozialen Schutzgedankens fast alle Antworten schuldig: wie sollen neue Beschäftigungsformen geschützt werden, wenn kein Arbeitgeber mehr vorhanden ist, der zu diesem Schutz verpflichtet werden kann?"(15O) Es entsteht so ein Arbeitszwang, der aufgrund einer liberalisierten "Zumutbarkeit" den Arbeitssuchenden in Arbeitsbereiche zwingt, die von den rasant wechselnden Produktionsschwerpunkten der Wirtschaft abhängig sind.(16) Die großen Erfindungen seit der Renaissance wurden auch zur Erleichterung des Lebens des Menschen erfunden, um dem Menschen die Arbeit abzunehmen. Auch die elektronische Datenverarbeitung steht in dieser Tradition. Das Ziel der Erleichterung des Lebens wurde jedoch aus den Augen verloren, stattdessen nehmen nun die Menschen die Eigenschaften der Maschinen an und verherrlichen die Arbeit als das, was uns von den Tieren unterscheidet. Die Vorstellung, dass der Fortschritt die Menschenarbeit eines Tages überflüssig machen werde, hat sich somit als leeres Versprechen herauskristallisiert, da der Mensch die Basis für das Nichtarbeiten aus den Augen verloren und nicht weiterentwickelt hat. Das Vorhandensein der billigeren Maschinen ist stattdessen zu einer der Hauptbegründungen geworden, um Arbeitsplatz-Rationalisierung in Betrieben durchzuführen, da heute der Profit noch vor dem Menschenrecht auf Arbeit gestellt wird. Die Modernisierungen nehmen uns zwar die Arbeit ab, aber wir identifizieren uns inzwischen mit der Arbeit, wodurch es zu keinem Gewinn an Freiheit, sondern zu einem Verlust an Identität kommt.
Beim Lesen der weiter unten in Auszügen wiedergegebenen Überlieferung aus dem Jahr 1746 "Gründliche Nachricht von dem ganzen Verpflegungs-Werk der alhiesigen Armen-Leut-Cassa" gewinnt man den Eindruck, als wolle der Autor des Textes das Bettelvolk in die Ecke des sündigen Müßiggängers treiben, um das Gewissen derjenigen zu erleichtern, die zum Zwecke des Merkantilismus(17) eine machtlos ausgelieferte Gesellschaftsgruppe missbrauchen möchten. Der Vergleich des Arbeitsha uses in Kaiserebersdorf mit einer "Manufaktur" wird vom Autor selbst gewählt. Die staatlichen Manufakturen waren die kennzeichnende Betriebsform des Frühkapitalismus, bei denen, um billige Arbeitskräfte zu erhalten, selbst Insassen von Waisen- und Arbeitshäusern, von Zuchthäusern und Irrenanstalten herangezogen wurden. Sie waren Vorläufer der Fabrik und später die Keimzelle des Arbeiterstandes.(18) Die Art, wie eine Gesellschaft mit ihren Hilfsbedürftigen und Ausgestoßenen umgeht, ist wohl immer schon auch ein Messinstrument für den Grad der Aufgeklärtheit beim Umgang der Mitglieder einer Gesellschaft untereinander gewesen. Leichte Grobheiten, wie zum Beispiel im Stil einer politischen Führung, können bereits zu einer Brutalisierung der Gesellschaft führen. Der wirtschaftspolitische Umgang mit dem Arbeitsbegriff, sowohl für das Leben in Freiheit als auch für das Leben in Gefangenschaft, ist daher von entscheidender Bedeutung für die Zufriedenheit einer Gesellschaft als ganzer.
Arbeitshaus, Erziehungsanstalt und Justizanstalt; vom Wandel eines Institutionsgebäudes
Am 14. September 1745 stiftete Kaiserin Maria Theresia die ehemalige Burg- und spätere Schlossanlage Kaiserebersdorf (11. Bezirk in Wien) der Almosenkassa, welche unter der Verwaltung des Erzbischofs und Kardinals Fürst von Kollonitsch stand. Im Schloss sollte nun ein Arbeitshaus für Bettler eingerichtet werden.(19) Das Schloss wurde jedoch offiziell der "Armenkasse" übergeben, wodurch von einem "Armenhaus" gesprochen wurde. Besonders als es darum ging, die Huldigung der Mildtätigkeit von Maria Theresia zu unterstreichen und zu propagieren. Eine kurze Beleuchtung der historischen Umstände dieser Jahre könnte Aufschluss darüber geben, weshalb es gerade zu diesem Zeitpunkt zu dieser Schenkung kommen musste.
Kaiserin Maria Theresia befand sich soeben inmitten von kriegerischen Auseinandersetzungen mit Preußen (die "Schlesischen Kriege", 1740/1742 und 1744/1745) und mit Bayern, Sachsen, Frankreich und Spanien ("Österreichischer Erbfolgekrieg", 1741/1748). Kaiser Karl VII starb am 20. Januar 1745, woraufhin Maria Theresias Gatte, Franz Stephan von Lothringen am 13. September 1745 (einen Tag vor Datierung des weiter unten besprochenen Dokumentes) zum Kaiser gewählt und am 4. Oktober gekrönt wurde, wodurch sie aufgrund der umstrittenen "Pragmatischen Sanktionen" den Titel "Imperatrix" (Kaiserin) führen durfte. Die sittenstrenge katholische Regentin brauchte Gelder für die aufwändigen Kriege, die sie soeben führte. Zusätzlich hatte sie ein Jahr davor begonnen, das verödete, um die Jahrhundertwende entstandene Bauwerk Schönbrunn vom Hofarchitekten Nikolaus Pacassi neu ausbauen zu lassen, wodurch sie die eigentliche "Glanzzeit" des Schlosses einleitete. Sie konnte also ruhigen Gewissens das seit dem Jahr 1499 in Habsburgischem Besitz befindliche Jagdschloss in Ebersdorf aufgeben und den Armen in Form eines Arbeitshauses stiften. Die Erhaltungskosten mussten somit nicht mehr von der Herrscherfamilie getragen werden, sondern sie sollten anscheinend von nun an durch Almosen eingehoben werden. Die tief greifenden Reformen der Verwaltung, des Heereswesens und der Schule, welche unter ihrer Herrschaft stattfanden, wurden erst unter ihrem Sohn Joseph II "im Geiste der Aufklärung" weitergeführt. Die eigennützigen Auswirkungen der Schenkung treten nun hervor; eine Imagepflege vor der Krönung ihres Gatten, die Einsparung der Erhaltungskosten und staatliche Profite, welche durch das nun einzurichtende Arbeitshaus eingenommen werden konnten, um die hohen Staatsausgaben zu decken.
Der Berichterstatter preist zu Anfang die Mildtätigkeit der Majestät und verweist auf die ansteigende Anzahl der Leute, die unter dem Vorwand, Bettler zu sein, dem Müßiggang frönen: "Es ist allzu bekannt / daß Ihre Röm. Kaiserl. Königl. Majestät unser Allergnädigste Erb-Landes Fürstin / und Frau / von Zeit dero angetrettenen glorreichesten Regierung wegen der Mitleydens-würdigen Armen / und Abstellung deren unter dem Vorwand des Bettlens je länger / je mehr zahlreich anwachsenden Müßiggängern die allersorgfältigste Anordnungen gemacht …" Sein Hauptanliegen scheint es zu sein, dass er sich über Leute ereifern will, welche die Mildtätigkeit der Kaiserin anzweifeln wollen: "... an verschiedener hoher Orten / nebst anderen unverantwortlichen Verleumdungen / und erdichteten Gottlosigkeiten ... als ob die Arme / sonderheitlich in Eberstorf gar nicht mitleidig gehalten wurden ...". Für diese "... zahlreich anwachsenden Müßiggängern ..." ist nun das Schloss der Armenkassa (Cassa Pauperum) übergeben worden, um die Menschen in einer Art Manufaktur arbeiten zu lassen: "damit von fothanen jährlich ziehenden Nutzungen im aldortigen Schloß / gleichsam einer Manufactur, verschiedene Arbeiten sowohl für Jung als Alte eingeführet / anmit die dahin gebrachte beyderley Geschlechts abgesondert verleget / jedoch / was ein und anderer nach Maß seiner Kräften nicht genugsam verdienen kann / Patent-mäßig verpfleget werden sollen." Der Zweck des Arbeitshauses wird darin gesehen, die Almosen den "boshaften Müßiggängern" zu entziehen, um sie den "wahrhaft Armen" zukommen zu lassen. Nach eigenmächtiger Trennung dieser Gesellschaftsgruppe in zwei verschiedenartige Gruppen werden diese nun gegeneinander ausgespielt: "... anmit der hiesigen Stadt Sammlung / unddenen hievon verpflegenden wahrhaften Armen ein namhafter Nutzen anzuhoffen / indeme von derley boshaften Müßiggängern das milde Almosen denen Nohtleidenden nicht mehr / wie vorhin / entzogen wird ...". Das Arbeitshaus dient auch dazu, Jugendliche vom Müßiggang abzuhalten. Die Schlossanlage wird später im 20. Jh. auch wirklich als Erziehungsanstalt verwendet: "... Auferzieh und weiterer Fortbringung der alhier verlassenen Jugend / damit selbe von dem Müßiggang / und liederlichen Umgang abgehalten werde ..." Es werden Arbeits- und Verpflegungseinrichtungen für 400 bis 500 Leute benötigt: "... daß würklich gegen 4. bis 500. alda mit Arbeit verleget werden …" Die Arbeit soll dem Zustand der Insassen angepasst werden: "... daß jeder Person nach ihren mehr / und wenigeren Kräften zu Vermeidung des vorhin angewohnten Müßiggangs ihrer täglich zu lieferen habende Arbeit ausgewiesen ist ... jedoch solche Arbeiten ausfindig zu machen / welche nicht allein leicht zu begreifen / sondern auch von solcher Gattung seyn mochten / wobey durch die Bosheit derley Müßiggänger nicht vieles verdorben / und also kein großer Schaden verursachet werden kann." Vermögende Personen sollen im Haus "wochentlich an einem gewissen Tag" herumgeführt werden, damit sich "Almosen einsammeln lassen", die in die "Haus . Sammlungs . Büchsen" gehen, und nicht den "ungestümmen Bettlern / und Müßiggängern auf die Hand".
Die Verbindung zwischen Bettler und Müßiggang wird hier hergestellt, um das Zusammentreiben der Bettler ins Arbeitshaus in Kaiserebersdorf zu gerechtfertigen. Weshalb die wirklichen Bettler ebenfalls arbeiten mussten, wird nur durch den sündigen Müßiggang der falschen Bettler erklärt, die anscheinend mit einem Arbeitszwang bestraft bzw. erzogen werden sollen. Diese widersprüchliche Begründung, machte schon damals sowohl den selbst verschuldeten als auch den nicht selbst verschuldeten Obdach- bzw. Arbeitslosen für den (damals allmächtigen) Staat verwertbar. Da wir am Anfang des 21. Jh. noch häufig eine ähnliche Semantik zu hören bekommen, muss der Bogen nun auch bis in die heutige Zeit gespannt werden. Das weitere Schicksal dieses Gebäudes im Rahmen der jeweiligen historischen Gesetzgebung besehen widerspiegelt das Fortschreiten, aber auch den Stillstand des Aufklärungsgedankenguts.
Die Ansicht, dass die Arbeit als Strafe in Gefangenschaft eingesetzt werden soll, hielt nun auch Einzug in die Strafgesetzgebung. Unter Maria Theresia, die 1752 ebenfalls eine Keuschheitskommission einrichten ließ, wurde 1768 die Freiheitsstrafe zum Hauptstrafmittel und die Gefangenenarbeit als Strafverschärfung eingesetzt (CCT; Constitutio Criminalis Theresiana)(20). 1852 hatte, laut Strafgesetz, die Einteilung zur Arbeit je nach Grad der Strafe zu erfolgen.(21)
Im Jahr 1929 erfolgt die Umwandlung zur der Anlage in Kaiserebersdorf in eine Erziehungsanstalt. Haselbacher schreibt im Jahr 1991 in ihrer dokumentarisch wertvollen Diplomarbeit zu den Vorgängen in Kaiserebersdorf: "Erziehungsheime entwickelten sich aus den "Korrekturanstalten" (bereits 1671 in Wien zu finden), die der Resozialisierung Jugendlicher dienen sollten, und Kinderheimen, die vornehmlich für Waisenkinder Schutz und Fürsorge zu leisten hatten.(22)" Sie zitiert in ihrer Arbeit verschiedene Gewährspersonen, hier einen ehemals in der sozialistischen Jugendbewegung aktiven Studenten, der es auf den Punkt zu bringen scheint: Erziehungshäuser wurden als "… ein direktes Druckmittel von Unternehmer, der Meister, gegen die jungen Arbeiter im Klassenkampf nach oben"(23) verwendet. Weiters führt sie aus: "Die Ausgegrenzten, die nicht Arbeitsfähigen und -willigen, die nicht "Verwertbaren", sind am leichtesten zu verwalten, indem man sie an umgrenzten Orten versammelt, in geschlossenen Spitälern, Gefängnissen, Arbeitshäusern, Siechenhäusern usw."(24) Nachdem im Jahr 1940 unter der nationalsozialistischen Herrschaft(25) die ehemalige Schlossanlage zu einem "Jugendschutzlager" für Kriminal- oder rassenhygienische Untersuchung verwendet wurde, wird sie 1945 wieder zur Erziehungsanstalt. Bereits 1948 wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ins Leben gerufen, wodurch der menschlichen Würde, ungeachtet dessen gesellschaftlicher Situation, der Vorrang eingeräumt werden soll. Die Arbeit wird dabei auch zum Menschenrecht erklärt. Trotz der laufenden Entnazifizierung wurde das ehemalige Wachpersonal des nationalsozialistischen Jugendschutzlagers zum Zwecke der Erziehung der Zöglinge in der Erziehungsanstalt eingesetzt. Die verwendeten brutalen Erziehungsmethoden erregten im Jahr 1952 eine Revolte gegen die Aufsicht. Im Jahr der Revolte spielt die Arbeit auch wieder eine bedeutende Rolle. Die Arbeit als Erziehungsmaßnahme unter Androhung drakonischer Strafen scheint unter anderem mit ein Grund für die Revolte gewesen zu sein: Aufstellung und Stand in der Früh unter der Eiche im Hof(26) und sofortige Arbeitseinteilung; Strafen bei Arbeitsverweigerung, schweigendes Arbeiten in der Korbflechterei. In der Wäscherei mussten die wegen Vergehen Abgesonderten arbeiten, auch kohlenschaufeln. Die Revolte am 19. November 1952 der Zöglinge des Erziehungsheimes "BAKE"(27) wurde veranlasst durch die bestialischen, "KZ-artigen" Züchtigungsmethoden(28), die von nicht ausgebildeten Justizbeamten anstelle von Erziehern durchgeführt wurden. Von den Beamten wurden Kapos auserwählt ("Gruppenordner" / "Stubenordner" / "Stubenälteste") für die Gruppen, die exzessive Gewalt als Repressionsmittel ("die Decke bekommen"(29)) verwendeten und dafür Vergünstigungen erhielten. Diese Kapo Methode war tatsächlich auch in den Napolas (den Nationalpolitischen Erziehungsanstalten) der Nazi-Ära üblich. Der darwinistisch anmutende Glaube, dass die Prügelordnung auch die Rangordnung sein müsse, damit das schwächste Glied ausgerottet wird, scheint also ein direktes Erbe aus der Nazi-Ära gewesen zu sein. Die Liste der in der Erziehungsanstalt begangenen Menschenrechtsverletzungen in dieser Zeit ist schier unendlich. Das Erziehungsheim in Kaiserebersdorf war daher verrufen bis in die tiefsten Winkel Österreichs. Unter den Heimen war es das Unterste der Stufenleiter, gleich nach der Anstalt in Eggenburg. Die Spitznamen, die sich dadurch ergaben waren: "ein zu Stein gewordener Irrtum", eine "Verbrecherausbildung", "das Arschloch von Europa"(30). Das Fehlen an Eigenverantwortung und das hierarchische System ermöglicht kein Erlernen von Demokratie. Von Seiten der Hausordnung sollte aber paradoxerweise der Jugendliche durch diese Züchtigung "in seiner Seele die Empfänglichkeit für das Schöne wecken und pflegen"(31). Der Ertrag der Arbeiten floss in den Bundesschatz, einen geringen Teil bekamen sie selbst, um z.B. "Urlaub" machen zu können.
Nach Beendigung der Revolte wird die Erziehungsanstalt noch bis ins Jahr 1975 weitergeführt(32). Im Jahr 1975 wird das Schloss in Kaiserebersdorf zur Justizanstalt für Erwachsene. Ab 1969 ist, laut Strafgesetz, die Arbeit nunmehr offiziell Erziehungsmittel geworden (wie auch im Grundgesetz des Europarates). Es wird ein Fortschritt darin gesehen, dass die Arbeit nicht mehr Strafverschärfung, sondern zur "Erziehung und Besserung des Insassen" diene. Dass der Arbeitszwang in der Gesetzgebung nun von einer "Strafe" zu einer "Erziehungsmaßnahme" gekippt ist, widerspiegelt den heute noch bestimmenden Widerspruch der Gesellschaftsmitglieder im Bezug auf ihr eigenes Verständnis der Arbeit. Die Arbeit wird im Arbeitswesen des Strafvollzugsgesetz definiert als: "... der bewußte Einsatz körperlicher und geistiger Kräfte zum Zweck der menschlichen Bedarfsdeckung(33) und ist auf wirtschaftlichen Erfolg(34) ausgerichtet." Aus dieser Definition ist der passive, fremdbestimmte Einfluss des Arbeitenden über Ziel und Ertrag seiner Arbeit und parallel dazu der aktive, bestimmende Eingriff der Arbeitgeber heraus zu hören. Nach wie vor hat eine ordnungsgemäß ausgeführte Arbeit einen Einfluss auf z.B. eine bedingt Entlassung, Begnadigung etc. Der Arbeitszwang kann heute also nicht völlig verleugnet werden, da der psychische Druck von mehr oder weniger Haftzeit subjektiv wie ein Zwang erlebt werden muss. Der arbeitsfähige Strafgefangene ist außerdem heute noch gesetzlich dazu verpflichtet, Arbeit zu leisten. Die Arbeitsfähigkeit wird vom Anstaltsarzt festgestellt, und die Arbeit selbst richtet sich nun nach "psychologischen" Aspekten. Zulässige Arbeiten sind: anfallende Arbeiten in der Anstalt, in der öffentlichen Verwaltung, gemeinnützige Arbeiten, Arbeit für Unternehmer und andere private Auftraggeber, für die Monopole und Betriebe des Bundes, der Länder und Gemeinden. Für Arbeiten außerhalb einer Firma wird eine kostenlose Bewachung sogar beigesteuert. Nicht zulässig sind gesundheits-gefährdende Arbeiten und Arbeiten, die zu viel Einsicht in Akten gewähren, und grundsätzlich persönliche Dienstleistungen. Sie müssen die durchschnittliche Leistung eines Arbeiters der freien Wirtschaft erbringen (maximal 10 Stunden täglich; Sonntage und Feiertage nur bei unaufschiebbaren Arbeiten wie Küchenbetrieb etc.). Erlaubt sind aber auch Arbeiten für Justizbedienstete und Angehörige des Justizbediensteten des gemeinsamen Haushaltes. Auch nach der Pensionierung können Insassen von ehemaligen Mitarbeitern noch angefordert werden (anscheinend fallen diese Arbeiten nicht unter "grundsätzlich persönliche Dienstleistungen"). Der Ertrag fließt dem Bundesministerium für Finanzen zu. Die Arbeitsvergütung orientierte sich am Metallhilfsarbeiter-Kollektivlohn, wobei der Entzug des Lohnes als Strafe eingesetzt werden darf. Seit 1.1.1994 wird die Insassenarbeit kollektivvertragsmäßig entlohnt, die Insassen sind in die Arbeitslosenversicherung mit einbezogen. Extra Geldbelohnungen und -zuwendungen sind erlaubt (bei "besonderem persönlichem Einsatz"). Die Betriebsbeamten haben "den Insassen zur fleißigen Arbeit anzuhalten"(35). Die staatliche (und inzwischen auch privatwirtschaftliche) Ausnutzung der Arbeitskraft von Inhaftierten ist also heute noch gängige Praxis, und wird von der Privatwirtschaft und den Unternehmen des Staates logischer Weise weiter erwünscht und gefördert werden(36). Weiters wird im Strafrechtsänderungsgesetz 2002 die Menge der Verpflegung der Strafgefangenen nicht mehr von der "Schwere" der von ihm verrichteten Arbeiten abhängig gemacht (§ 38 des Strafvollzugsgesetzes). Die Gesetzesänderungen werden als Glieder im Verlaufe der "Individualisierung des Strafvollzuges" angesehen(37).
Einige Einflussfaktoren auf das Klima in der arbeitsteiligen Gesellschaft Österreichs
Der gesellschaftliche Hang zur "schwarzen Pädagogik" wird heute weiterhin sowohl im interfamiliären als auch im öffentlichen Sektor gepflegt und geschätzt. M. Deutinger und R. Gentzsch definieren diesen von Alice Miller geprägten Begriff wie folgt: "Die ‚Schwarze Pädagogik' ist also eine Haltung, die nicht nur in der faschistischen, sondern in verschiedenen Ideologien der letzten zwei Jahrhunderte zu Tage tritt, und sie beschreibt die Verfolgung und Verachtung des schwachen Kindes sowie die Unterdrückung des Lebendigen, Kreativen und Emotionalen im Kind und im eigenen Selbst."(38) Die "gesunde Watsche" und die "Rohrstaberl-Methode" gehören zur tief verankerten, unbeweglichen Tradition, welche bei jeder gesellschaftlichen "Rückbesinnung auf die Werte des gesunden Menschenverstands" wieder hervorgeholt werden(39). Am Anfang des 21. Jh. wird das Land Österreich jedes Jahr von verschiedensten Menschrechtskonventionen (ECRI/ Council of Europe; Amnesty International, usw.) gerügt wegen Übergriffen von Seiten der Exekutive in der Öffentlichkeit -wie manchmal bei Demonstrationen, bei Amtshandlungen (Omofuma, der Fall Imre B., Cheibani)- und auch in Justizanstalten (Gitterbetten in der Strafvollzugsanstalt Josefstadt, Saunakammer in der Justizanstalt Krems, sich häufende Selbstmorde in der Justizanstalt Stein(40)). Selbstmorde in Polizeikommisariaten und viele andere unzeitgemäße Vorkommnisse in der Gesetzgebung und seitens der Regierung ermuntern zum Rückgriff auf veraltete Werte. Daher wurde im Jahr 1999 der Menschenrechtsbeirat vom Bundesministerium für Inneres ins Leben gerufen. Dieser Beirat kann unangemeldete Besuche in Anstalten durchführen und mit Stimmenmehrheit Empfehlungen an den Minister für Inneres abgeben. Der Menschenrechtsbeirat besteht jedoch zum Teil aus den Beamten des Ministeriums selbst, Entlassungen aus dieser ehrenamtlichen Tätigkeit können vom Minister einfach "mit Begründung" verfügt werden. Tatsächlich notwendige Verfügungsgewalt hat der Beirat nicht, nur Beratungsfunktion kommt ihm zu. Nach der Vergewaltigung eines 14-Jährigen Buben in Haft im September 2003 fordern die NGOs(41) eine Neudefinition des Beirats, wodurch er mehr Autonomie und mehr Rechte erhalten soll. Seit dessen Gründung wurden vom Beirat auch viele Empfehlungen abgegeben. Nach einem Besuch im PGH (Polizeigefangenenhaus) Wien-Ost im April 2001 wurden z.B. menschenrechtswidrige Anhaltebedingungen kritisiert. Empfehlungen zur Verbesserung des Fremden- und Asylgesetzes und des Problemkreises "Minderjährige in Schubhaft" wurden z.B. noch vor der Novellierung 2002 eingebracht, jedoch nicht berücksichtigt(42). Weiters wird hier kritisiert, dass viele Erlässe in anderen Bereichen zwar erstellt wurden, aber der Informationsfluss zum einzelnen Beamten noch nicht ausreichend geplant wurde. Diese Stimmung hat unter anderem das Paradox zur Folge, dass inmitten einer selbst verliebten "Arbeitsgesellschaft", die zum Teil die Arbeit doch auch als mühevolle Strafe des Schicksals erlebt, dem Flüchtling aus einem anderen Land nicht dieselbe Bürde - arbeiten zu müssen - auferlegt wird, da der Zugang zur Arbeitsbewilligung erschwert werden muss. Diesbezügliche Änderungsanträge gehen über ein paar schrullige Zwangsarbeitsphantasien nicht hinaus.
Doch nun hat es eine internationale Umkehr des Weges der "Befreiung und Individualisierung" gegeben, von der viele nicht geglaubt hätten, dass diese noch stattfinden könnte. Aber welches archaische Argument könnte eine solche Rückkehr zum Kampf Aller gegen Alle noch in die Wege leiten? Der "Kampf gegen den Terrorismus" ist inzwischen für viele Staaten zum offiziellen Grund geworden, die blutig erkämpften Individualrechte ihrer Bürger zu beschneiden, und das Bürgertum stimmt auch noch zu, es ist sogar die treibende Kraft dahinter. Im Kampf gegen Kriminalität, im Kampf gegen Missbrauch des Asylrechtes, im Kampf gegen den Drogenmissbrauch usw. wurde die von ständiger Angst durchdrungene Bürgergesellschaft nun radikalisiert. Die einfachsten ängstlichen Vorstellungen, und seien sie noch so "an den Haaren herbeigezogen", genügen, um erkämpfte Rechte über Bord zu werfen. Demokratische Werte gelten immer mehr als sicherheitsgefährdend, die Menschenrechte stören bloß beim Aufbau eines globalen Sicherheits- und Wirtschaftsnetzes. Außer Acht gelassen wird ein wesentlicher Grund für den "Terrorismus", nämlich die Armut und Aussichtslosigkeit unter den Verlierern des Weltmarktes. Aus Sicht der wirtschaftlich Starken ist das Konzept der Arbeitsgesellschaft ein System, welches "funktioniert", und daher mit allen Mitteln nicht gestört, sondern auf alle Welt erweitert werden soll. Alle anderen Ansichten werden als naiv und realitätsfern abgeurteilt. Mit der Begründung des Kampfes gegen den Terrorismus wurden bereits Länder bombardiert, um neue Regierungen zu errichten (Afghanistan 2001/2, Irak), Aufstände von Unterdrückten niedergeworfen und "gezielte Tötungen" jenseits der eigenen territorialen Grenzen von Regierungen in Auftrag gegeben (Israel/Palästinensisches Autonomiegebiet und USA 2002(43)), Gefangene auf extraterritorialen Gebieten entführt, um die innerterritorialen Menschenrechtsgesetze zu umgehen (USA/Guantanmo 2001-2003), sogar Inseln wurden bereits besetzt (die spanische "Perejil Insel" bei Marokko am 12.7.2002) als "Maßnahme gegen den Terrorismus". Was wird noch alles geduldet werden unter dem Banner dieses "Kampfes"? Charakteristisch an diesen Vorgängen ist es, dass alle bisherigen Regeln einfach ausgeschaltet erscheinen, da sich die Agierenden selbst mit irgend einer "Begründung" ein Sonderrecht zugestehen wollen. Noch dazu wird oft zuerst gehandelt, und erst dann argumentiert und "überzeugt", der Beweis wird erst nach der Bestrafung gesucht.(44) Die wirtschaftlich Starken versuchen dabei den Schwachen dadurch zu "helfen", indem sie ihre "Arbeitsplatz-schaffenden" Konzerne in die verarmten Regionen einzubringen versuchen. Ihre Lösung beschränkt sich darauf, die Schwachen noch stärker in den Weltmarkt einzubinden. Um den Terrorismus zu bekämpfen, sehen sie als Lösung, den Wohlstand zu heben durch Einbindung in einen Weltmarkt, der aber von ihnen abhängt. Unter dem Banner der "Wohltätigkeit" und der "Befriedung" wurden jedoch schon früher die Kreuzzüge durchgeführt, die heute geschichtlich als nicht nachahmenswert gelten. Bereits die Weigerung, eine Definition für "Terrorismus" zu finden, ist ein Resultat davon, dass der klassische Freiheitskampf unterdrückter Gesellschaftsgruppen anscheinend nicht mehr anerkannt werden soll. Veraltete Autoritätsstrukturen werden wieder als "innovative Schutzbestimmungen" eingeführt und Bevölkerungen werden bereits minutiös von ihren Exekutivbehörden überwacht. Auch die Abschottung der "Festung Europa", auf die sich nun alle Europäische Länder jüngst geeinigt haben (EU-Gipfel im Juni 2002), trägt zu einer Verhärtung des Umganges der Bevölkerungen und deren Exekutivbehörden mit den neuen Ausgestoßenen unserer Gesellschaften (den "Ausländern") bei. In einem solchen politischen und gesellschaftlichen Weltklima der Angst können nun die elegant getarnten restriktiven Ideologien der Vergangenheit ein vitales "Come-back" feiern, welche gerade erst mit viel Blutvergießen im Laufe der voranschreitenden Geschichte enttarnt und abgeschafft wurden. Die Härte der Züchtigungsmethoden, die auf Delinquenten und Ausgestoßene angewandt werden, könnte deshalb noch weiter steigen (siehe die aufflammende Diskussion, ob die Folter in "Extremsituationen" wieder erlaubt werden soll). Der strenge Umgang der Bevölkerung untereinander wird verschärft werden, da das Fundament des Gemeinschaftlichen, das "Vertrauen", als "naiv" angeschwärzt wurde. Dabei ist Vertrauen die Voraussetzung für die von einander abhängigen Mitglieder einer "arbeitsteiligen" Gesellschaft. Während eine ständige Zunahme der gerichtlichen Verurteilungen in Österreich zu einer Diskussion darüber geführt hat, ob nun die allgemeine Sicherheitslage schlechter geworden sei oder ob es einfach nur daran liege, dass die zunehmende Strenge der verabschiedeten Gesetze viele bisher unbedenklichen Handlungen nun kriminalisiere, wandelt sich das Land von einer sogenannten "Konsensgesellschaft" in eine Angstgesellschaft der brutalen, argumentationslosen Konfrontation unter dem Banner von "Law and Order".
Aber sind nun auch noch unsere Demokratien in Gefahr? Sind sie nicht schon so gefestigt, dass sie uns bleiben müssen? Die politisch Verantwortlichen, die sich wirklich als "demokratisch" verstehen, sollten sich jedenfalls nicht auf opportunistische Weise mit jenen zerstörerischen Kräften in einer Bevölkerung einlassen, die ohne breiten Konsens ihre Meinung dem anderen ohne glaubwürdige Begründung aufoktroyieren wollen, denn die Demokratie ließe sich praktisch auch durch eine demokratische Abstimmung selbst abschaffen. Dass die Demokratie sich selbst abschafft durch eine demokratische Handlung gleicht theoretisch dem Folgefehler eines Selbstmörders, der glaubt, in der Zeit nach der Selbsttötung eine "Zukunft" zu haben. Praktisch ist die Abschaffung der Demokratie durch ein demokratisches Instrumentarium möglich, da hilft auch keine Verfassung, da der Zugriffsmodus auf die Verfassung nach einer entsprechenden Wahl von demokratisch gewählten Nichtdemokraten geändert werden kann. Würde dies eintreten, so würde dann der nachfolgende (wahrscheinlich totalitärere) Staat sich als "innerhalb der Demokratie befindlich" zwar denken, aber nicht befinden. Zu Aporien führt dies nur bedingt: Gilt sonst die Unumstößlichkeit des Satzes des Widerspruchs von Thomas von Aquin: Etwas kann nicht "sein" und zugleich "nicht sein", so zeigte uns Freud, dass Widersprüchliches sowohl im Traum als auch in einer neurotischen Weltsicht möglich ist! Und da die psychische Verfassung nicht berücksichtigt wird bei der Entscheidung, ob man eine Machtposition innehaben kann oder nicht, ist ein solches widersprüchliches Vorgehen auch politischen Verantwortungsträgern bei entsprechender Zustimmung eines Teils der Bevölkerung zuzutrauen. Das oft zitierte "Ende der Geschichte" kann also noch lange nicht ausgerufen werden.
(Verfasser: Ian Lindner)
1 Brockhaus,
20. überarbeitete und aktualisierte Auflage.
2 Siehe z.B. die hohe Beteiligung an Lotterien.
3 September Ausgabe 2003, 2-29.
4 K. Marx: Die Frühschriften, Von 1837 bis zum Manifest der
kommunistischen Partei, Alfred Kröner Verlag Stuttgart, 1971, 541.
5 S. Zizek: Liebe Dein Symptom wie Dich selbst! Jacques Lacans
Psychoanalyse und die Medien, Merve Verlag Berlin, 1991, 117.
6 P. Bourdieu: Praktische Vernunft, Zur Theorie des Handelns,
Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1998, 174.
7 J. Brodsky: Less than one, Selected Essays, Penguin Books,
London 1987, 348.
8 G.W.F. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte,
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1995, 4. Auflage, 134-141.
9 I. Hutzfeld: Umgang mit Mobbing am Arbeitsplatz, Abschlussarbeit
für die fachspezifische Ausbildung in Existenzanalyse 2002, 4.
10 Interview mit E. Ribolits: Wer nicht lernt, soll auch nicht
essen, Frankfurter Rundschau online: www.fr-aktuell.de/uebersicht/alle_dossiers/politik_inland/arbeit_2002_neue_chancen_alte_zwaenge/?cnt=195119
am 24.11.2003.
11 M. Foucault: Überwachen und Strafen, Die Geburt des Gefängnisses,
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main [1975] 1994, 341.
12 Dementsprechend wird der Gesellschaft diese Möglichkeit
genommen in einem Justizsystem, indem die Todesstrafe angewandt wird. Die Verrohung
einer Gesellschaft, welche durch die ständige Möglichkeit der Ausübung von Rache
eintritt, wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus.
13 Gen 3:19.
14 2 Thess 3:10.
15 Ribolits, "Arbeit macht nicht frei!", Text im Internet unter
http://-gewi.kfunigraz.ac.at/edu/studium/materialien/Arbeit.doc am 23.11.2003
auf Seite 3 und 7.
15A M. Broszat: Nationalsozialistische Konzentrationslager
1933 - 1945, in: H. Buchheim, M. Broszat, H.A. Jacobsen und H. Krausnick, Anatomie
des SS-Staates, dtv, München, 1994, 6. Auflage.
15B ebd., 382f.
15C ebd., 323 - 445
15D B. C. Wagner; IG Auschwitz, Zwangsarbeiter und Vernichtung
von Häftlingen des Lagers Monowitz 1941 - 1945, Saur, München 2000, 57f.
15E ebd., 159
15F ebd., 237
15G ebd., 105
15H ebd., 107
15I ebd., 222
15J ebd., 118
15K ebd., 119
15L ebd., 275
15M H. Buchheim: Befehl und Gehorsam, in: H. Buchheim, M.
Broszat, H.A. Jacobsen und H. Krausnick; Anatomie des SS-Staates, dtv, 6. Auflage,
München 1994, 239.
15N ebd., 240f
15O K. Firlei, "Vom Casino - Kapitalismus zur Casino - Arbeitswelt",
Text im Internet unter: http://www.argekultur.at/kunstfehler/ShowArticle.asp?AR_ID=1117&KF_ID=54
am 16.01.2004.
16 Aus diesem Grund schützt auch die allgemeine Vorstellung
der "lebenslangen Bildung" nicht davor, dass gerade Akademiker arbeitslos werden:
in den rasant wechselnden Produktionsschwerpunkten der Wirtschaft werden nicht
gebildete Menschen verlangt, sondern immer frisch Ausgebildete für die Schwankungen
des Markttrends.
17 Enzyklopädisch wird heute diese Wirtschaftssystem des Feudalzeitalters
wie folgt begründet: "Ausgangspunkt wirtschaftlicher Umorientierung im 16./17.
Jh. war der vermehrte Finanzbedarf des absolutisitschen Staates, der zur Finanzierung
seiner Aufgaben (vor allem Hofhaltung, Heer und Beamtenschaft) bedeutende Geldmengen
bedurfte" ("Merkantilismus", Brockhaus, 20. überarbeitete und aktualisierte
Auflage).
18 H. Hasenmayer und W. Göhring: Neuzeit, Verlag Ferdinand
Hirt, Wien 1974, 23f.
19 Hofkammerarchiv, Gedenkbücher 275, fol. 144v-146v.
20 StVG, Aus dem Arbeitswesen, 1998, Paragraph 44 bis 55.
21 Im Jahr 1773 quartierte Josef II. das Militär in dieses
Bauwerk ein. Zwischen 1773 und 1929 verstrich eine Zeit, in welcher es als Kaserne
und schließlich als Monturdepot verwendet wurde. Siehe Homepage der Forschungsgesellschaft
der Wiener Stadtarchäologie unter http://www.archaeologie-wien.at/hochma/kaiserebersdorf_4.htm
am 6.12.2003.
22 Brigitta Haselbacher, Diplomarbeit Volkskunde, Die "Revolte"
in der Bundesanstalt für Erziehungsbedürftige Kaiser-Ebersdorf im Jahre 1952,
Universität Wien, 1991, 35.
23 Haselbacher, 13.
24 Haselbacher, 17.
25 Im Bezug auf den historischen Arbeitsbegriff in der nationalsozialistischen
Ära wäre hier wohl auch auf die pervertierte Toraufschrift des Konzentrationslagers
Dachau "Arbeit macht frei" hinzuweisen.
26 Haselbacher 1991, 43. Dieser Brauch die jeweiligen Insassen
unter der zentralen Eiche zu versammeln wurde bis in die heutige Zeit beibehalten.
27 Bundeserziehungsanstalt Kaiserebersdorf, Haselbacher , 52.
28 Haselbacher, 35, 37, 50, 55
29 Haselbacher, 48. Richard Picker berichtete, die oben genannte
Repressionsmittel wurde auch in den Napolas "die Decke geben" genannt. Die Napola
- Einweisung in der Nazi-Ära als Einweisung in die Mythologie des Weltterrors,
Vortrag beim 3. Weltkongress für Psychotherapie vom 14. - 18. Juli 2002.
30 Haselbacher, 40, 49, 115.
31 Haselbacher, 41. Wie diese erwünschte Wirkung durch die
tatsächlichen Vorgänge in der Anstalt eintreten sollte bleibt ein Rätsel. Die
Möglichkeiten der Deutung der Bestimmungen sind aber vielfältige und variieren
von brutalisierter Tradition und Leichtgläubigkeit, fatalem Zynismus, erstaunlicher
Naivität bis hin zu psychopathologisch motivierter Machtausübung.
32 Im Jahr 1966 bekommt die Erziehungsanstalt eines ihrer berühmtesten
Zöglinge; den 16 jährigen Jack Unterweger. Hier "beginnt (er) eine kriminelle
Karriere, die Ende 1974 mit dem brutalen Mord an einem 18-jährigen Mädchen einen
ersten Höhepunkt erreicht". Falter, Ausgabe 35, Wien 2003
33 Wessen Bedarfsdeckung ist hier gemeint? Die Unschärfe, ob
es um den Bedarf des Arbeitenden oder um den Bedarf einer Gemeinschaft (oder
einer Firma) geht, kann auch einen Missbrauch ermöglichen.
34 Wessen Erfolg ist hier gemeint?
35 Strafvollzugsgesetz StVG § 44-55, Arbeitswesen.
36 Ein Blick in die Vereinigten Staaten, in denen Justizanstalten
privatisiert sind, kann eine Vorahnung vermitteln, inwiefern die wirtschaftliche
Ausschlachtung der Gesetzesübertretungen voran schreiten kann.
37 Quelle: Stellungnahme der JA Simmering zum Entwurf des Strafrechtsänderungsgesetzes
2002; zum § 126 StVG; http://www.parlinkom.gv.at/archiv/XXI.pdf/ME/00/03/000308_21e.pdf
am 22.4.2002 im Internet.
38 Siehe Internetseite: http://www.brgzell.salzburg.at/lainer/lit_psy/sch_pad.htm
39 Siehe z.B. den Vorfall in Pinkafeld im Jahr 2003, bei dem
einem Raufbold durch Misshandlung gezeigt werden sollte, "wie das ist, wenn
ein Stärkerer einen Schwächeren unterdrückt". Standard vom 5.9.2003.
40 Stenographisches Protokoll der 77. Sitzung des Nationalrates:
http://www.parlinkom.gv.at/pd/pm/XXI/NRSP/NRSP_077/NRSP_077.html und den am
11.7.2001 eingelangten Antragstext an den Bundesminister http://www.parlinkom.gv.at/pd/pm/XXI/J/texte/027/J02706_.doc
vom 26. Sept. 2001 im Internet.
41 Amnesty International, Caritas, Diakonie, Volkshilfe Österreich.
Standard vom 5.9.2003. Dass dieser Vorfall eine direkte Folge der Zerschlagung
des Wiener Jugendgerichtshofes war, und die Regierung davor bereits von allen
gewarnt wurde, veranlasste jedoch keinen Lernprozess.
42 Siehe Homepage des Menschenrechtsbeirates: http://www.menschenrechtsbeirat.at/mrb-evaluierung.html
und http://www.menschenrechtsbeirat.at/index_aktuelles.html am 6.12.2003 im
Internet.
43 Am 4.11.2002 geben amerikanische Behörden überraschend bekannt,
dass die CIA von einem unbemannten Flugzeug aus eine Rakete auf ein Auto im
Jemen abfeuern ließen, da sie darin Terroristen vermuteten. Solche nachträglich
stolz zugegebenen, davor nicht angekündigten Verletzungen des Hoheitsgebiets
anderer Ländern könnten Gang und Gebe werden in einer unkritisch gewordenen
Welt, da die USA somit die ganze Welt als Kriegszone betrachten ("… rather
than trying to arrest them fits in with a broader administration view that the
world is a battlefield in the campaign against terrorism …") Siehe Internetbericht
der NY Times vom 5.11.2002: http://www.nytimes.com/2002/11/05/international/middleeast/05YEME.html
von J. Risen und J. Miller.
44 Rechtlich gesehen wird eine solche Vorgehensweise auch als
"Lynchjustiz" bezeichnet.