Christa Kolodej: "Mobbing"
Psychoterror
am Arbeitsplatz und seine Bewältigung
Mit zahlreichen Fallbeispielen
So neu der Begriff
"Mobbing"
ist, so alt ist der Vorgang an sich. Es handelt sich um Schikanen am Arbeitsplatz,
bei denen meist mehrere Kollegen / Kolleginnen eine einzelne Person schikanieren. Dem Ganzen
liegt ein Konflikt zwischen zwei Personen zugrunde, den diese nicht in konstruktiver
Weise lösen konnten. So hat sich das Kräfteverhältnis im Laufe der Zeit zu Ungunsten
einer Person verschoben. Die Folgen sind krass, denn die schwächere Person ist
systematischen Angriffen ausgesetzt, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken,
häufig auftreten und zu einer starken individuellen und betrieblichen Schädigung
führen. Leitet sich das Wort "Mobbing" vom englischen Ausdruck "mob" ab, das man
mit "zusammengerotteter Pöbel" übersetzen kann, so weist das darauf hin, dass
es einer der ursprünglichen Konfliktparteien gelingt, Verbündete zu finden, die
gemeinsam gegen die andere Person vorgehen und in dieser Gemeinsamkeit Schlimmeres
anrichten können, als ein Einzelner jemals fähig wäre. Und obwohl sich der Begriff
"Mobbing" aus dem Englischen ableitet, ist der Tatbestand unter diesem Begriff
im angelsächsischen Sprachbereich ziemlich unbekannt. Dort haben sich die Begriffe
wie "bullying", was tyrannisieren, schikanieren und einschüchtern bedeutet, und
"harassment" bzw. "sexual harassment" durchgesetzt.
Christa Kolodej hat
sich in ihrem Buch einem aktuellen Thema zugewandt, da Forschungen zeigen, dass
etwa jede vierte Person Gefahr läuft, zumindest einmal im Laufe des Berufslebens
ein halbes Jahr lang Mobbingopfer zu sein. Mobbing kann sowohl zwischen Vorgesetzten
und Untergebenen, als auch zwischen Kollegen und Kolleginnen der gleichen hierarchischen Ebene
stattfinden. Letzteres ist die häufigste Form des Mobbings. Am zweithäufigsten
kommt es vor, dass ein(e) Vorgesetzte(r) einen seiner Untergebenen schikaniert,
was auch als "Bossing" bezeichnet wird. Die dritte Form des Mobbings ist, wenn
sich Untergebene zusammentun und ihren Vorgesetzten drangsalieren, was man "Stuffing"
nennt.
Mobbing zeichnet sich durch einen bestimmten, ihm eigentümlichen Verlauf aus.
Zu Beginn eines jeden Mobbingprozesses steht ein Konflikt zwischen zwei Personen.
Dabei handelt es sich nicht um eine bestimmte Form eines Konflikts, sondern
um eine Meinungsverschiedenheit, wie sie tagtäglich in allen Betrieben vorkommt
und zumeist in positiver Weise gelöst wird. Im Falle von Mobbing kommt es jedoch
zu keiner Einigung der Konfliktparteien, sondern der Konflikt schwelt offen
oder verdeckt dahin. Zu Beginn einer solchen Phase kommt es "lediglich" zu Unstimmigkeiten
und Gemeinheiten. Wird der Konflikt nicht gelöst oder ist eine der Konfliktparteien
nicht bereit, den Konflikt beizulegen, so geht er in eine Phase des Mobbings
und des Psychoterrors über. Es beginnt ein Verdrängungs- bzw. Vernichtungskampf.
Die Meinungsverschiedenheiten dienen dem/der MobberIn dazu, sowohl seine/ihre
ersten Schikanen zu rechtfertigen, als auch weitere Mobbing-Aktionen durchzuführen
und Verbündete für seine/ihre Seite zu gewinnen. In der Folge beginnt der/die
Gemobbte an Konzentrationsstörungen, Selbstzweifeln und sinkendem Selbstwert
zu leiden. Die Untergriffe, die permanent unvorhergesehen stattfinden, führen
zu Schlafstörungen, ständiger Müdigkeit,
Antriebslosigkeit, depressiven Verstimmungen und Angstzuständen. Wenn eine Entspannung
im Betrieb jedoch nicht mehr möglich ist, sollte an eine Kündigung gedacht werden,
um dem krankmachenden Prozess zu entkommen
und wieder ein neues Leben zu beginnen. In diesem Fall sollte man sich an eine
Interessensvertretung, wie z. B. in Österreich die Arbeiterkammer, wenden und
eine Beratung über arbeitsrechtliche Maßnahmen in Anspruch nehmen. Bevor man
sich aber auf die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz macht, ist es wichtig, wieder ins
Lot zu kommen, und dabei sollte man die Inanspruchnahme therapeutischer Hilfe
nicht scheuen.
Im Besonderen wird auf die Möglichkeit einer qualifizierten
Mobbingberatung verwiesen. Das Ziel dieser Beratung ist es, die Selbststeuerungsfähigkeit
und Handlungskompetenzen der Klienten und Klientinnen zu erhöhen. Im Wesentlichen geht es darum,
die Ressourcen wieder zu aktivieren, die den Betroffenen auf Grund der enormen
Belastungen nicht mehr zugänglich sind. Dadurch können sie wieder Entscheidungen
treffen und Interventionen setzen, die zum Ende der Mobbingsituation führen. Der/die
MobbingberaterIn versteht sich als eine Begleitung auf diesem Weg, die der Person
nahe ist, aber einen Abstand zum Sachverhalt einhält. Der Beratungsprozess lässt
sich in vier Phasen einteilen. Die Problemartikulation soll es als Erstes dem/der
Betroffenen ermöglichen, ausführlich von seiner/ihrer Situation zu berichten und
sich verstanden zu fühlen. In der Analyse der Problemstruktur wird die Situation
ausführlich beleuchtet, und eine umfassendere Sichtweise kann entstehen. In Folge
dessen kommt es zu einer Erweiterung der Handlungskompetenz, und der/die KlientIn
ist nun in der Lage Schritte zu setzen, die zu einer Veränderung der äußeren Problemstruktur
führen. Ferner ist es wichtig, relevante Informationen und eventuell Adressen
für weitere medizinische, therapeutische und juristische Hilfestellungen oder
Selbsthilfegruppen zu vermitteln.
Die Autorin Dr. Christa Kolodej hat
sich mit dem Thema Mobbing nicht nur im Zuge ihrer Dissertation in Psychologie beschäftigt, sondern zeigte darüber hinaus, dass Forschung auch zu Aktionen führen
kann, indem sie die Mobbingberatungsstelle "Work & People" initiierte. In
ihrem Buch richtet sich Christa Kolodej in erster Linie an Fachleute, die Beratungstätigkeiten
ausüben. Für diese handelt es sich um ein sehr qualifiziertes und detailliertes
Buch, das neben einem großen theoretischen Zugang auch eine Fülle von Fallbeispielen
bringt. Weniger geeignet scheint dieses Buch für den Laien zu sein, da die Fachsprache
keinen allzu leichten Lesefluss erlaubt. Für ein erstes Vertrautwerden mit diesem
Thema sind Informationsbroschüren diverser Interessensvertretungen, wie z.B. der
Arbeiterkammer, besser geeignet. Das Bemühen der Autorin um eine geschlechterneutrale
bzw. -gerechte Formulierung sei besonders hervorgehoben. Jedoch zeigt es auch,
dass diese Form ein zügiges Lesen deutlich mühsam macht. Leider wurde in diesem
Sinne noch keine leicht leserliche Variante entwickelt bzw. gefunden.
(Dr. Hans-Peter Oberdorfer; 03/2003)
Christa
Kolodej: "Mobbing. Psychoterror
am Arbeitsplatz und seine Bewältigung.
Mit zahlreichen Fallbeispielen"
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Weitere Buchtipps:
Bärbel Wardetzki: "Kränkung am
Arbeitsplatz. Strategien gegen Missachtung, Gerede und Mobbing"
Eine herabsetzende Bemerkung vom Chef, eine unverschämte Kundin, ein
missgünstiger Kollege: Die Arbeitswelt hält unzählige Möglichkeiten bereit, in
Konflikte zu geraten. Und sobald sich dieser
Konflikt von der sachlichen auf die
persönliche Ebene verschiebt, entstehen Kränkungen. Das
Selbstwertgefühl leidet,
die Leistungsfähigkeit sinkt, ganze Teams können auseinanderbrechen. Oft sind
psychosomatische Beschwerden die Folge. Bärbel Wardetzki zeigt an vielen
konkreten Beispielen, wie Kränkungen entstehen und wie wir uns gegen sie
schützen können. (dtv)
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Jürgen Heidenreich: "Kostenfaktor
Mobbing. Wie Manager Ursachen erkennen und erfolgreich vorbeugen"
Mobbing am Arbeitsplatz ist und bleibt ein aktuelles Thema, das die
Betroffenen stark belastet und die Arbeitsleistung beeinträchtigt. Aber
Mobbing belastet auch die Unternehmen, denn zusätzlich zur Verschlechterung
des Betriebsklimas entstehen durch Mobbing jährlich wirtschaftliche
Schäden in Höhe von über 20 Milliarden Euro durch Ausfallzeiten. Führungskräfte
können es sich in der aktuellen wirtschaftlichen Lage immer weniger leisten,
qualifizierte Fachkräfte durch Mobbing zu verlieren. Der Band
"Kostenfaktor Mobbing" geht dem Thema aus Unternehmenssicht auf den Grund
und stellt erfolgreiche Gegenmaßnahmen vor, die Führungskräfte in ihren
Unternehmen umsetzen können.
An unterschiedlichen Praxisbeispielen zeigt "Kostenfaktor Mobbing", wie
Führungskräfte Mobbing im Unternehmen frühzeitig erkennen und erfolgreich
dagegen angehen können. Autor Jürgen Heidenreich stellt außerdem präventive
Maßnahmen vor, die zusätzliche Hilfestellung beim Schutz gegen Mobbingvorfälle
bieten. Die aktualisierte und überarbeitete Auflage von "Kostenfaktor Mobbing"
bietet zusätzlich Rechtsvorschriften, eine beispielhafte Betriebsvereinbarung
und Prüflisten für die einfache und schnelle Umsetzung von Anti-Mobbing-Aktionen
im Betrieb. (W. Bertelsmann)
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