Roter Drache

Regie: Brett Ratner
Mit Anthony Hopkins, Edward Norton, Ralph Fiennes, Harvey Keitel, Emily Watson, Mary-Louise Parker
USA, 2002. 100 Minuten.


Genial - Durchschnitt - mäßig

Das sind die drei Prädikate der Trilogie, die nunmehr erstaunlicherweise mit dem ersten Teil "Red Dragon" ein Ende fand. Es ist nicht schwer zu erraten, welcher Teil welches Prädikat zugestanden bekommt.

Als ich vor zehn Jahren "Das Schweigen der Lämmer" sah, war das Kino gesteckt voll, und ich musste mir in der ersten Reihe eine leichte Nackenstarre holen. Dieser gespenstische Film machte einen derartig starken Eindruck auf mich, dass ich ihn mir nur wenige Wochen später aus einer besseren Sitzposition aus nochmals ansah. Was im Jahr 2001 folgte, war ein schwacher Abklatsch einer Fortsetzung. Hannibal war zahm geworden, und selbst das Verspeisen eines Hirnhäppchens machte das Kraut des Films nicht fett.

Nunmehr aber die Neuverfilmung des Psychothrillers von Michael Mann. Nur wenige Zuschauer hatten sich ins Kino verirrt, und die Wenigen zeigten immerhin Ausdauer und hielten bis zum Ende durch. Lange Zeit passierte nahezu nichts, was für einen angeblichen Thriller nicht unbedingt ein Phänomen darstellt; bloß dass man sich hierbei keine Durchschnittskost erwarten mochte, wo doch der Kannibale gleich zu Anfang seinen noblen Gästen ein Menü aus delikat zubereiteten Menschenteilen servierte. Der gute Anthony Hopkins bemühte sich redlich, um aus seiner Rolle das Bestmögliche rauszuholen. Tatsächlich fiel seine Performance kaum ins Gewicht. Überhaupt konzentrierte sich die Kamera oftmals auf Nebensächlichkeiten, und der in "Blutmond" bis auf die Tiefe seiner Seele durchleuchtete Cop bleibt blass wie die seichten Familienfilme, die er sich ansehen muss, um sich irgendwelche Gründe für die Auslöschung der Familienbande seitens eines Wahnsinnigen aus den Fingern saugen zu können.
Die Spur führt letztlich zur einzigen Figur mit Profil des Films: Zu Ralph Fiennes, der dem Publikum als "Englischer Patient" in Erinnerung sein dürfte, und nunmehr eine Metamorphose vom ungeliebten Sohn zum feuerspeienden Drachen anvisiert. Die Liebesgeschichte zwischen dem durch eine Hasenscharte entstellten Cheftechniker und seiner blinden Mitarbeiterin bildet so etwas wie ein Herzstück des Films, das freilich kein Happy End findet, da die Bösen am Ende zumindest in Hollywood das Sterben nicht sein lassen sollen.
Harvey Keitel als Mentor des müden Ed Norton wirkt wie im falschen Film. Ständig glaubt man, dass er in die Kamera winkt und sich entschuldigt, in dieser vertrackten Geschichte mitzuwirken.

Die Trilogie ist beendet. Was am Ende zu schreiben übrig bleibt: Sowohl "Hannibal" als auch "Roter Drache" hätte man sich eigentlich ersparen können. "Das Schweigen der Lämmer" spielte einfach in einer eigenen Liga, während die daran abprallenden Nachfolger höchstens Stadtliganiveau aufwiesen.

(hei; 11/2002)


"Roter Drache"
Roman zum Film. Von Thomas Harris.
Heyne, 2002.
ISBN 3-4538-6158-2.
ca. EUR 8,95.
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