Evelyn Waugh: "Tod in Hollywood"


Auf der ersten Seite ist von ewigen Rhythmen die Rede, ohne die die Eingeborenen keine Minute leben können. Die "Eingeborenen" - das sind, wie sich bald herausstellt, keine afrikanischen Buschvölker, sondern die Bewohner Kaliforniens. Nur ein kleiner Scherz, und doch symptomatisch für dieses geradezu vom Antiamerikanismus durchtränkte Buch aus den 1950er Jahren, also aus einer Zeit, in welcher der Pesthauch des Amerikanismus Europa zwar schon erfasst, jedoch nicht völlig umnachtet hat und sich die Eingeborenen Cornwalls oder Oberbayerns noch von denen Kaliforniens zumindest diesbezüglich kulturell unterschieden haben, wenn dieser nostalgische Hinweis erlaubt ist.

Der Antiamerikanismus ist imgrunde das große Anliegen dieses Romans, er äußert sich in vielen Schattierungen, sehr subtil und unaufdringlich zu Beginn, völlig unverblümt, drastisch unter bewusster Verletzung des sogenannten guten Geschmacks am Ende, in welchem dem amerikanischen Mann auch angesichts von gravierenden Schicksalsschlägen (wie dem Tod der Geliebten oder Verlobten) nicht einmal ein Minimum menschlichen Mitleids zugestanden, ja nicht einmal die Fähigkeit, ehrlich zu trauern - sein gesamtes Verhalten beruht nur auf unehrenhaften bis lächerlichen Beweggründen - zuerkannt wird. Der äußerst witzige Roman, in dem geschmacklos-makabre Bestattungsgebräuche - selbstverständlich voller antiamerikanistischer Häme - sozusagen den Rahmen für eine verunglückte Liebesbeziehung zwischen einem Engländer und einer Kalifornierin, nebenbei die einzig positive amerikanische Figur (auf ihre europäisch determinierte Seele wird sicherheitshalber ausdrücklich aufmerksam gemacht!) bilden, bietet wie bei Waugh üblich, eine Fülle an schwarzem Humor, überraschenden Wendungen und Pointen, stets jedoch die niedrige Wesensart des american way of life bloßstellend. Darin liegt auch seine wahre Bedeutung als document humain.

(Franz Lechner; 03/2002)


Evelyn Waugh: "Tod in Hollywood"
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Evely Waugh wurde am 28. Oktober 1903 in Hampstead bei London geboren. Da seine Eltern hofften, er würde Priester werden, steckten sie ihn in ein anglikanisches Internat. Waugh wurde nicht nur nicht Priester, er konvertierte überdies 1930 zum Katholizismus. Es war wohl auch nicht im Sinne seiner Eltern, dass er sein Geschichtsstudium in Oxford abbrach, um sich zum Maler ausbilden zu lassen. Er betätigte sich als Lehrer, Reporter und Kunsttischler, bis er schließlich in der Schriftstellerei das ihm angemessene Metier fand. Im Krieg diente Waugh als Offizier unter anderem bei den Kommandotruppen im Mittelmeergebiet und zuletzt als Verbindungsoffizier bei jugoslawischen Partisanen. Wie die Reisen der 1930er Jahre fanden auch jene nach dem Krieg ihren literarischen Niederschlag. Waugh, der seit seiner Studentenzeit seine Neigung zu dandyhafter Extravaganz pflegte, liebte es, das Publikum durch kontroverse Äußerungen zu verunsichern. Er starb am 10. April 1966 in Taunton (Somerset).

Ein weiteres Buch des Autors:

"Befremdliche Völker, seltsame Sitten. Expeditionen eines britischen Gentleman"

Ein britischer Snob in Afrika.
Als Evelyn Waugh am 10. Oktober 1930 von London aus nach Addis Abeba aufbrach, wusste er nicht recht, was ihn erwarten würde. Durch eine Verkettung verschiedener Umstände war die Krönung eines unbekannten Stammesfürsten im afrikanischen Hinterland zum Politikum geworden. Alle bedeutenden Weltmächte reisten zum schäbigen Dorfspektakel in die unfertige Hauptstadt Äthiopiens - und bauschten das Ereignis gewaltig auf. In Europa klangen die Berichte von der ungeheuerlichen Prachtentfaltung bei der Krönungszeremonie des Königs der Könige wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Waugh dagegen fühlte sich wie ein britischer Gentleman inmitten geschmackloser Barbarei und sah ganz andere Dinge als seine diplomatischen Kollegen - und auch bei seiner Heimreise über Aden, Sansibar, Kenia, Belgisch-Kongo und Südafrika zeigt sich Waugh als Mann totaler Illusionslosigkeit mit staubtrockenem Humor. Sein zeitloser Bericht gehört zu den Juwelen der Reiseschriftstellerei, er wird hier erstmals auf Deutsch veröffentlicht. (Eichborn)
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