Heinz Janisch, Linda Wolfsgruber: "Finns Land"
Der
gebürtige Burgenländer
Heinz Janisch, für das von Isabel Pin illustrierte Bilderbuch "Eine
Wolke in meinem Bett" mit dem "Österreichischen
Kinder- und
Jugendbuchpreis 2008" in der Kategorie "Bilderbuch" ausgezeichnet, ist
ein
emsiger Autor, für den die Notwendigkeit, auch als Erwachsener
gelegentlich der
Logik von Kindern zu folgen, ein Herzensanliegen darstellt.
Seine sparsamen Bilderbuchtexte gewähren folglich stets
großzügig Freiräume
für eigene Gedanken des Lesers bzw. Vorlesers und
natürlich auch für
fantasievolle Ausschmückungen nach eigenem Gutdünken.
Ebenfalls in Zusammenarbeit mit der 1961 in Bruneck/Italien geborenen,
in Wien
lebenden Illustratorin Linda Wolfsgruber entstanden übrigens
bereits das mit dem "Kinder- und Jugendbuchpreis der Stadt Wien 1998"
ausgezeichnete, im "Gabriel Verlag" erschienene Kinderbuch "Die
Prinzessin auf dem Kürbis", "Ich schenk dir einen Ton aus
meinem
Saxofon" ("Jungbrunnen Verlag", 1999) sowie der Folgeband
"Heute will ich langsam sein" ("Jungbrunnen Verlag", 2005).
Die vielfach mit Preisen geehrte Künstlerin Linda Wolfsgruber
wurde u.a.
für das Bilderbuch "Das Meer ist riesengroß" (Text
von Inge Fasan;
"Bibliothek der Provinz", 2007) in der Kategorie
"Jugendbuch" mit dem "Österreichischen Kinder- und
Jugendbuchpreis 2008" bedacht.
Linda Wolfsgruber, überdies aufgrund ihrer einfallsreichen
Illustrationen für Koch-
und Hörbücher bekannt, ist im Jahr 2007 auch als
Autorin in Erscheinung
getreten, als nämlich "Pistazien & Rosenduft. Die
Kunst der
persischen Küche" im "Mandelbaum Verlag"
veröffentlicht wurde.
Ein naseweises Ich als Bezugssystem für die Lust an
der Fantasie
In einem gewissen Alter versuchen Kinder nicht selten, mithilfe nahezu
endlos
scheinender, beharrlich vorgebrachter "Warum?"-Frageketten
möglichst viel
von Erwachsenen zu erfahren und basteln aus den solcherart gewonnenen
Bausteinen ein sich
unaufhörlich erweiterndes Weltbild.
In "Finns Land" trifft man allerdings auch auf eine andere Seite der
kindlichen Vorstellungswelt, denn der recht neunmalkluge Finn stellt
kaum Fragen, weil er ohnedies alles (besser
als die Erwachsenen) weiß; zumindest über sein
momentanes Lieblingsthema:
"sein" Land, Finnland.
Aus der Perspektive eines duldsamen Familienmitglieds wird in "Finns
Land" die Faszination, welche die "Entdeckung" der Existenz des
Staates Finnland im Atlas auf einen rotbackigen Buben namens Finn
ausübt, beschrieben. Denn
selbstverständlich muss in Finnland alles genau so sein, wie
es dem
"Namensgeber" Finn vorschwebt.
Daran besteht für den Knaben kein Zweifel!
Es geht bereits beim Frühstück los, weil es leider
kein Brot mit
Erdbeergeschmack gibt (in Finnland eine
Selbstverständlichkeit), zudem bietet
der Blick aus dem Kinderzimmerfenster keine Aussicht auf das Meer (in
Finnland ist Meerblick die natürlichste Sache der Welt),
sämtliche Gutenachtgeschichten müssen unbedingt
von Finnland handeln, wo es nach Finns Ansicht niemals kalt ist, alle
Menschen
wie er aussehen und unverwundbar sind, wo sich die Bäume vor
lustwandelnden Bären
verneigen, wo jeder Einfall den Ausruf "Hurra!" zur Folge hat, wo man
auf
unsichtbaren Sesseln sitzt und jeder unentwegt Fußball spielt
- usw. usf.
Finn weiß einfach alles über "sein" Land, und so
dienen die
Erwachsenen, darunter der Nachbar oder der Herr vom Reisebüro,
bestenfalls als
Stichwortgeber für neue Weisheiten aus redseligem Kindermund.
Eines Tages ist das Thema "Finns Land" allerdings doch ausgereizt, und
es kommt, was kommen muss: Finn entdeckt ein neues Interessensobjekt.
Er fragt:
"Wie
eng ist es eigentlich in England?"
"Hm", sage ich. "Keine Ahnung."
"Ich will nach England", sagt Finn und holt den Atlas.
Somit könnte außerhalb der Buchdeckel eine neue
Geschichte beginnen, sofern
der Vorleser bzw.
Leser Lust und Laune zum Weiterfabulieren verspürt ...
Übrigens ist es in England tatsächlich eher eng, denn
dort leben im
Durchschnitt 249 Einwohner pro Quadratkilometer. Zum Vergleich: In
Finnland sind
es lediglich 15,6, in Österreich 99 und in Deutschland 231
(Quelle:
"Fischer Weltalmanach").
In "Finns Land" führen die knappen Textpassagen und
die einmal flächigen, dann wieder detailfreudigen
formatfüllenden Illustrationen zwar gewissermaßen
jeweils ein Eigenleben, ergänzen einander
freilich und verschmelzen zu einem harmonischen Gesamteindruck. So
wirbeln
Figuren in finnischer Tracht über eine Doppelseite, der
fehlende
Erdbeergeschmack des Brotes wird durch fruchtige Bilddetails
aufgewogen, Seeigel,
Schneckenhäuser und Muschelschalen entschädigen zum
Teil für das nicht vorhandene Meer, eine Giraffe in
schicken roten Schnürstiefeln saust mit dem schlafenden Finn
über den
Nachthimmel, unbekleidete Finnen bezeugen, dass es in Finnland nie kalt
ist,
Riesenfische bilden Anglerlatein passend ab, Häuser stehen in
der Luft, und
auch die muntere Hauskatze tritt unterstützend in Erscheinung.
(Irmgard Ernst; 10/2008)
Heinz
Janisch (Text), Linda Wolfsgruber (Illustrationen):
"Finns
Land"
Hanser Kinderbuch, 2008. 32 Seiten. (Ab 4 J.)
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Weitere
Buchtipps:
Linda Wolfsgruber: "Pistazien & Rosenduft. Die Kunst der
persischen Küche"
Dieses Buch gibt eine Idee von der großen Vielfalt der
persischen Küche, den
Traditionen und gibt Beispiele an köstlichen Rezepten aus
allen Regionen des
Landes. Linda Wolfsgruber, italienische Künstlerin und
Buchillustratorin, die
im Iran lebte und arbeitete, hat gemeinsam mit einem Dutzend iranischen
Illustratoren
dieses Buch zusammengestellt und gestaltet.
Warum eine Armentafel, Sofreye Nazri, gemacht werden muss, wenn eine
Frau
unfruchtbar ist, warum Aasch-e-Reschteh, ein persischer Nudeleintopf,
zu
Aasch-e-Poschte Pa wird, wenn jemand verreist ist, warum Schirin Polo,
Süßreis, gekocht wird, wenn ein junges Paar heiratet
... und vieles mehr
berichtet die Erzählung "Sofreye Nazri" von Farideh Hessami
rund um
Traditionen und traditionelles persisches Kochen. Von wichtigen
Kräutern und
Gewürzen berichtet sie und von speziellen Gerichten
für Frauen in schwierigen
Lebenslagen.
Amir P. Peyman hat die Geschichte übersetzt. (Mandelbaum
Verlag)
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Inge
Fasan (Text), Linda Wolfsgruber
(Illustrationen): "Das Meer ist riesengroß"
"Heuer fahren wir ans Meer", verlautbarte mein Vater
nach dem
Abendessen. "Das Meer ist riesengroß."
Ich war sechs Jahre alt
und in die Kategorie "riesengroß" fiel für mich
allenfalls der
Mammutbaum, den ich von Abbildungen in der Beilage des Mickymaus-Heftes
kannte. Unzählige Kinder mussten einander an den
Händen fassen, um seinen
Stamm zu umspannen.
Auf dem Foto war der Himmel durch die Baumkrone kaum zu erkennen. "Eine
riesengroße Wasserfläche",
ergänzte mein Vater. In meinem Kopf
entstand das Bild eines gefällten Mammutbaumes, der im Wasser
lag. "Das
Ende des Meeres sieht man nicht", sagte meine Mutter. Selbst
der
Mammutbaum hatte ein Ende, das wusste ich. (Bibliothek der Provinz)
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