"Ozeane"
Die große Bildenzyklopädie
Übersichtlich,
informativ, umfassend, wunderbar bebildert: ein Schatz für
Naturfreunde
Auf der Frankfurter Buchmesse 2007 gehörte "Ozeane" zu den
Büchern,
die ganze Trauben von Besuchern anzogen und etliche von ihnen zu
ausgiebigem,
selbstvergessenem Blättern, Betrachten und Lesen anregten.
Die umfangreiche Bild-Enzyklopädie macht den Leser
zunächst mittels einer
hinreichend ausführlichen Einleitung mit den zum
Verständnis der weiteren Ausführungen
notwendigen Grundlagen vertraut. Es geht darin zum einen um Physik und
Chemie
des Meerwassers, zum anderen um die
geologische Geschichte
und
Gegenwart der
Ozeane, die meteorologischen und klimatischen Wechselwirkungen zwischen
Ozeanen
und Festland sowie Wellen und Gezeiten.
An die Einleitung schließt sich die eigentliche
Enzyklopädie an mit den
Bereichen "Marine Lebensräume", "Leben im Meer" und
"Geografie der Ozeane". Diese Bereiche sind wiederum gegliedert in
größere
Hauptkapitel mit diversen Unterkapiteln.
Das Streben nach größtmöglicher
Übersichtlichkeit lässt sich schon anhand
dieser klaren Einteilung erkennen und setzt sich bis hin zur Aufmachung
jeder
einzelnen Doppelseite fort. Einführende Kapitel zu den
einzelnen Bereichen
enthalten zahlreiche kurze Abschnitte zu verschiedenen Themen. So
erfährt man
etwa im Kapitel über Biolumineszenz (kaltes, von Organismen
erzeugtes Licht) über
die physikalisch-chemischen Grundlagen der Lichtproduktion von
Organismen,
Tricks zur Tarnung von
Tiefseetieren mittels Licht, von Raubfischen
angewendete
Kniffe mit leuchtenden Ködern und das von Plankton
hervorgerufene
Meeresleuchten, während zugleich zahlreiche Fotos Beispiele
zeigen und Skizzen
die "technischen" Abläufe abbilden. Kleine Infokästen
warten mit
weiterführenden Informationen auf.
Der Bereich "Leben im Meer" bietet, außer der
erwähnten Einleitung
und einer Systematik der marinen Lebewesen, wiederum sehr
übersichtlich nach
Klassen angeordnete, bebilderte Informationen über eine
Vielzahl der Arten in
den Ozeanen und Meeren. Im Allgemeinen findet man darin nebst einem
Foto Klasse,
deutschen und lateinischen Namen, Angaben zu Größe,
Lebensraum und Verbreitung
(einschließlich einer Karte mit entsprechenden Markierungen)
sowie weitere
Informationen in Textform, die Besonderheiten der jeweiligen Tierart,
ebenso
jedoch beispielsweise die Bedeutung der Art aus ökologischer
Sicht,
gegebenenfalls den Grad ihrer Bedrohtheit oder auch
Fortpflanzungszyklen. In
diesem Bereich wie auch in den anderen werden an passender Stelle
kritisch-fundierte, mit Fotos belegte Betrachtungen zu
ökologischen Problemen
wie etwa der massiven Überfischung und
"Kollateralschäden",
beispielsweise jährlich zu Hunderttausenden in den riesigen
Netzen verendende
Seevögel oder Delfine,
aber auch dem oft
rücksichtslosen Tauchtourismus
angestellt.
Die marinen Lebensräume aus dem ersten Bereich der
Enzyklopädie werden nicht
minder differenziert präsentiert. Ihre Entstehung lernt der
Leser in den
einleitenden Kapiteln kennen, auf die wiederum Übersichten mit
einer Gliederung
folgen, die zu der oben geschilderten analog ist. So kann man sich
unter anderem
über die Küsten und
Strände
informieren, die
steckbriefartig, mit Foto,
kleiner Karte und detailliertem Text vorgestellt werden. Immer wieder
finden
sich zudem prächtige doppelseitige Aufnahmen besonders
interessanter oder
typischer einzelner Lebensräume. Mangrovenwälder,
Korallenriffe,
Seegraswiesen
und Tangwälder erschließen sich dem Leser einzeln
als Elemente der Flachmeere,
und im Anschluss lernt er die verschiedenen Tiefenzonen des offenen
Meeres
einschließlich des Meeresbodens kennen. Aber auch speziellere
Lebensräume wie
die Polarmeere finden Eingang in das Buch.
Der Bereich zur Geografie der Ozeane mag dem mehr an der Biologie
interessierten
Leser etwas trockener erscheinen, doch er bietet ebenfalls interessante
Informationen, nicht nur für Geografen. Einzelne Meere,
Straßen, Gräben, Rücken
und Inselgruppen werden im geografischen Kontext abgebildet und
charakterisiert.
Ihre genaue Lage kann der Leser leicht anhand der Verweise auf die
großen
Karten entnehmen, die den enzyklopädischen Angaben benachbart
sind.
Wer sich mit diesem Abschnitt befasst, versteht beispielsweise leichter
ökologische
Zusammenhänge, die sich aus miteinander über Engen
verknüpften Meeren
ergeben, etwa im Fall des Roten Meeres und des Persischen Golfs, die
schmale
Verbindungen zum Arabischen Meer haben, welches wiederum in
unmittelbarem
Austausch mit dem Indischen Ozean steht.
Die Arbeit mit dem wahrlich gewichtigen Buch wird nicht nur durch ein
gut
gestaltetes Inhaltsverzeichnis erleichtert, sondern auch durch ein
Glossar und
ausführliche Register.
Obwohl sich diese Enzyklopädie vor allem an Laien wendet, geht
sie erstaunlich
in die Tiefe. Ab und an stolpert der nicht fachkundige Leser
über ein vorher
noch nicht erläutertes (oder möglicherweise
zweihundert Seiten zuvor kurz
definiertes) Fachwort, das er jedoch im Glossar nachschlagen oder
über das
Register aufspüren kann. Fast immer jedoch lassen sich die
Erläuterungen und
Informationen auch für Menschen ohne Vorkenntnisse
vorzüglich verstehen und
nachvollziehen. Sie werden darüber hinaus, was für
eine Enzyklopädie
keineswegs selbstverständlich ist, sehr kurzweilig angeboten.
Wer sich nicht so sehr für die Details interessiert, findet
dank der recht ausführlichen
Einleitungen und der zahlreichen, oft spektakulären Fotos
trotzdem viel Lesens-
und Betrachtenswertes.
Das Bild- und Fotomaterial besticht durch seine wirklich herausragende
Qualität.
Skizzen und Karten sind nicht nur informativ und anschaulich, sondern
anhand der
Farbgebung auch ansprechend gestaltet.
Wahre Magnete für
die
Aufmerksamkeit
stellen die Fotos dar, sicher mit ein Grund für das
große Interesse der
Buchmessebesucher an diesem Werk. Ob es sich um Aufnahmen von
Lebensräumen, von
geologischen Gegebenheiten oder einzelnen Tieren und Tiergemeinschaft
handelt: sämtliche
Aufnahmen wirken gestochen scharf und bilden ihr Motiv
repräsentativ und
detailgenau, dabei jedoch stets ästhetisch ab - wenn man von
Fotos
abgeschlagener Haiflossen oder in Fangnetzen erstickter Vögel
absieht. Leider
gehören auch diese Aspekte zum Thema "Ozeane".
Eingestreute Beiträge über den Untergang der
"Titanic" oder
Windkraftanlagen in der
Ostsee
lockern die Enzyklopädie auf
und bieten
interessantes Zusatzwissen. Das Buch ist so vielseitig, attraktiv
aufgemacht und
informativ, dass es ein beliebter Mittelpunkt der privaten Bibliothek
jeder an
Natur und Naturwissenschaften interessierten Familie werden
dürfte; selbst
Grundschüler lassen sich schon davon begeistern.
Der Preis mag auf den ersten Blick hoch wirken, doch er ist durch die
aufwändige
und hochwertige Gestaltung völlig gerechtfertigt. Dieses
schlicht und einfach
wunderbare Buch vermittelt in einzigartiger Weise die Faszination der
Ozeane und
ihrer Bewohner, gleich, ob man es als Nachschlagewerk oder als
Lektüre
verwendet.
(Regina Károlyi; 12/2007)
"Ozeane.
Die große Bildenzyklopädie"
Dorling Kindersley, 2007. 512 Seiten, über 2000 Fotografien
und Karten.
Buch
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