Andreas Hartmann: "Der Herr der Wolken"


Mitreißende Fantasy für ältere Kinder

Das Land Bilan wird von einer Katastrophe bedroht: Der böse Magier Rigul hat hoch oben im Gebirge einen gewaltigen Stein vom Abfluss des Wolkensees entfernt, und nun drohen das Land und die ganze Welt in immerwährendem Regen und Dunkelheit unterzugehen.
Die Königin von Bilan weiß darüber Bescheid, nicht aber Tolig, ein Bauernjunge aus dem weit entfernten Land Matar. Tolig wird mitten im Spiel von einem riesigen roten Adler über ein großes Meer entführt und nach Bilan in dessen Horst gebracht. Es gelingt ihm, sich zu befreien. Soldaten der Königin halten ihn für einen Helden, und er wird beauftragt, Rigul das Handwerk zu legen und Bilan zu retten.

Was aber kann ein Bauernjunge wie Tolig bewirken? Doch dem mutigen Burschen ist das Glück hold. Er begegnet Chronos, personifizierte Zeit und Chronist der Welt, und wird von diesem an den in der Nähe lebenden Magier Moguwol verwiesen.

Moguwol ist, wie Tolig rasch feststellt, nicht gerade ein einfacher Charakter. Eitel tritt er auf und skeptisch. Doch er begreift rasch, dass ohne sein und Toligs Eingreifen die Welt in Regen und Düsternis versinken wird. Zusammen mit seinen ständigen Begleitern, einem Wanderstab und einem Teekessel, die zu Toligs Verblüffung sprechen können und ständig miteinander streiten, ziehen die beiden los und lernen mit der Zeit, einander zu respektieren. Denn sie ergänzen sich ideal: Moguwol ist ein großer Magier, und Tolig brilliert durch Fantasie, Intuition und Schlagfertigkeit.

Es gilt, einige Abenteuer zu bestehen, bis die beiden in den Singenden Bergen eintreffen und dort auf den Urheber der sich anbahnenden Katastrophe treffen, Rigul. Unter anderem begegnet ihnen ein Seeungeheuer, sie müssen eine von wilden, seelenlosen Hunden bevölkerte Wüste durchqueren und eine Riesin gegen deren Willen wecken und für ihre Sache gewinnen. Offensichtlich gibt es jemanden, der ihnen immer einen Schritt voraus ist und versucht, ihnen Steine in den Weg zu legen. Dank ihrer mittlerweile unverbrüchlichen Freundschaft meistern Tolig und Moguwol alle Herausforderungen.

Doch gegen den Magier Rigul muss Moguwol mit Magie antreten, von der Tolig nichts versteht. Kann er seinem neuen Freund trotzdem beistehen?

Mit "Der Herr der Wolken" gewann der Autor Andreas Hartmann den "rotfuchs-Fantasy-Schreibwettbewerb 2007". An ein Anfängerwerk erinnert der so spannende wie stimmungsvolle Roman allerdings nicht, höchstens verrät die angenehme Frische und Originalität fehlende Routine.

Die Charaktere wirken authentisch und überzeugend. Auch die Fantasy-Welt des Romans wurde sorgfältig ausgearbeitet und wird aus dem Blickwinkel des jungen Protagonisten anschaulich geschildert. Auf diese Weise kann sich der Leser rasch in die Geschichte einfinden, zumal sich der sympathische Junge Tolig natürlich bestens dazu eignet, seine etwa gleichaltrige Leserschaft "mitzunehmen".

Dank der geradlinig konstruierten Handlung können Kinder ab circa zehn Jahren dem Roman problemlos folgen. Der Umfang von gut dreihundert Seiten dürfte angesichts der packenden Geschichte keinen jungen Fantasy-Freund - oder solche, die es werden möchten - überfordern, zumal die komfortable Schriftgröße das Lesen angenehm gestaltet.

Gewalt bleibt in diesem Roman eine nicht genutzte Option: Die Regeln der Magier verbieten sie. Es sind also Witz und Verstand gefragt, und Tolig und Moguwol lösen ihre Aufgabe anhand dieser Mittel - eine wertvolle Botschaft für die Leserschaft.
Ein Schuss Humor, nicht zuletzt eingebracht durch den Wanderstab und den Teekessel, des Magiers sprechende Gefährten, tut ein Übriges, um die Handlung lebendig und mitreißend zu gestalten.

"Der Herr der Wolken" präsentiert sich als ein sehr gelungener Fantasy-Roman für ältere Kinder, der ohne übertriebene Effekthascherei und Gewalt auskommt und doch spannend zu lesen ist, sogar für Erwachsene. Vielleicht darf man auf eine Fortsetzung hoffen?

(Regina Károlyi; 09/2008)


Andreas Hartmann: "Der Herr der Wolken"
rororo Rotfuchs, 2008. 318 Seiten. (Ab 10 J.)
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Andreas Hartmann, 1973 geboren, arbeitet freiberuflich als technischer Übersetzer und Lektor.