(...)
Denkt euch eine Gesellschaft, die durchaus organisiert ist wie ein
Staat! - Ein König, Minister, Staatsräte etc. Die einzige Tendenz, der
ganze Zweck dieser Gesellschaft war - gut zu
essen und noch besser zu trinken. Deshalb geschahen die
Versammlungen in dem Hotel der Stadt, wo die beste Küche und der beste
Keller anzutreffen. Hier wurde nun ernst und feierlich verhandelt über
das Wohl und Wehe des Staats, das in nichts anderem bestand als eben in
guten Schüsseln und auserlesenem Wein. - So berichtet der Minister der
auswärtigen Angelegenheiten, daß in einer entfernteren Handlung der
Stadt vorzüglicher Rheinwein angekommen. Sogleich wird eine
Sendung dorthin beschlossen! - Männer von vorzüglichem Talent, d.h. mit
auserlesener Weinzunge, werden gewählt, sie erhalten weitläufige
Instruktionen, und der Minister der Finanzen weist einen
außerordentlichen Fonds an, die Kosten der Gesandtschaft und des Ankaufs
bewährt gefundener Ware zu bestreiten. - So gerät alles in Bestürzung,
weil ein Ragout mißraten - es werden Memoires gewechselt - harte Reden
über das bedrohliche Ungewitter, das über den Staat heraufgezogen. - So
tritt der Staatsrat zusammen, um zu beschließen, ob und von welchen
Weinen heute der kalte Punsch zu bereiten. In tiefes Nachdenken
versunken, hört der König den Vortrag im Kabinett an; er nickt: das
Gesetz vom kalten Punsch wird gegeben und die Ausführung dem Minister
des Inneren übertragen. Der Minister des Inneren kann aber schwachen
Magens halber nicht Zitronensäure vertragen, er schält daher Pomeranzen
in das Getränk, und durch ein neues Gesetz wird der kalte Punsch dahin
deklariert, daß er Kardinal sei. - So werden Künste und
Wissenschaften beschützt, indem der Dichter, der ein neues Trinklied gedichtet, der sowie
der Sänger, der es komponiert und abgesungen, vom Könige das
Ehrenzeichen der roten Hahnenfeder erhält, und beiden die Erlaubnis
erteilt wird, eine Flasche Wein mehr zu trinken als gewöhnlich, d.h. auf
ihre Kosten! -
(...)
(aus E.T.A. Hoffmanns heiligem Serapion)