Freiheit im Wein

Und wüßt ich, wo es besser wär,
So zög ich aus der Welt.
's ist wahrlich keines Bleibens mehr
In diesem Erdenzelt!

Hab mit dem Teleskop von fern
Des Himmels Rund besehn,
Ob nicht in irgendeinem Stern
Weinberge sollten stehn.

Doch hab ich keine noch entdeckt,
Und Herschel ist nun tot!
Wenn uns die Welt noch ärger neckt,
Wohin aus unsrer Not?

O Brüder, Brüder, schwebt mir ja
Ins Blaue nicht hinaus!
Die beste Freistatt liegt so nah
In unsres Wirtes Haus.

In seinen Keller flüchten wir.
Und der ist bombenfest.
Potz alle Welt! wir trotzen dir,
Wenn Sturm du blasen läßt!

Wird auch die Freiheit vogelfrei
Hier oben wohl genannt,
Da unten hat die Sultanei
Sie noch nicht weggebannt.

Noch braust sie auf im jungen Wein,
So oft die Reben blühn:
Dann will der Geist entfesselt sein
Und in dem Becher glühn.

Und in dem Brausen toben sich
Die wilden Hefen aus:
Der echte Geist, er hält den Stich
Und triumphiert im Strauß.

Auf, Brüder, lösen wir den Spund,
Und machen frei den Wein!
Sein freier Geist weih unsern Mund
Zu freien Liedern ein!


(von Wilhelm Müller)