Gloria Beck: "Verbotene Rhetorik"
Die Kunst der skrupellosen Manipulation
Es
ist ein "unmoralisches Angebot", das die deutsche Autorin und
Managementberaterin Gloria Beck uns mit ihrem Buch über die verbotene Rhetorik
macht. Schon im Vorwort erläutert sie, dass im Zuge ihrer Tätigkeit als
Trainerin bei Rhetorikkursen immer wieder die Frage nach Manipulationstechniken
aufgetaucht sei. So habe sie sich entschlossen eben jenes Wissen um die "dunkle Seite"
der Sprachkunst an ihre Schüler weiter zu geben, was in
Kreisen ihrer Kollegenschaft durchaus verpönt sei und auf Ablehnung stoße.
Das Buch beginnt mit einer allgemeinen Einführung. So wird uns vor Augen geführt,
dass die Kunst der Beeinflussung eine uralte ist, auf die jeder von uns im täglichen
Leben bewusst oder unbewusst ab und an zugreift. Beispielsweise wird man im Zuge
eines Bewerbungsgespräches versuchen, sich in besonders positivem Lichte
darzustellen. Frau Beck gibt nun Hinweise, wie derartige Künste systematisch
anzuwenden sind und perfektioniert werden können.
Anfangs stellt die Autorin die gebrauchte Terminologie dar. Egoismus, so erfährt
der Leser, sei das A und O für die Anwendung der geschilderten Techniken. Es
wird sich zeigen, dass dem tatsächlich so ist. Das gesamte Vokabular mutet ein
wenig befremdlich an. Es wird von einem Täter, also dem Manipulierenden,
gesprochen, von einer Zielperson und schließlich von einem Opfer. Das klingt
verboten, ja geradezu rechtswidrig und den strafrechtlichen Bereich tangierend.
Und es klingt nicht nur so.
Moral ist keine Kategorie der verbotenen
Rhetorik. Wer sich an ihr orientiert
wird nie ein erfolgreicher Manipulator.
Das Buch soll einerseits als Lehrbuch, andererseits als Nachschlagewerk dienen.
Aus diesem Grunde werden die rhetorischen Techniken, es sind 30 an der Zahl,
alphabetisch gereiht dargestellt. Noch bevor man dazu kommt, schafft die Autorin
einen kurzen Überblick über Ziele und Techniken in der Form, dass zu jeder Technik
die damit erreichbaren Zwecke beziehungsweise für angepeilte Ziele die dazu
notwendigen Techniken aufgelistet werden.
Die Beschreibung der Techniken selbst ist immer gleich aufgebaut: Auf der ersten
Seite, diese ist grau hinterlegt, finden sich nochmals die Ziele und eine
Bemerkung, wie diese zu erreichen sind. Etwaige besondere Voraussetzungen,
beispielsweise besondere Charaktereigenschaften einer potenziellen Zielperson,
sind ebenfalls aufgeführt. Dann folgt ein prägnanter Überblick.
Als sehr gut empfand ich beim Lesen das immer zu Anfang eingebrachte
Hintergrundwissen. So erfährt man bei der Aberglaubentechnik erst, was
Aberglaube ist und wie er entsteht. Schließlich folgt das immer gleiche Muster:
die vier Schritte zur Anwendung. Dabei ist der erste immer die Auswahl der
Zielperson und der vierte die Wirkungskontrolle. Man will ja wissen, ob sich die
Mühe gelohnt hat. Ganz zum Schluss springt eine Skala der ethischen
Bedenklichkeit ins Auge, die zeigen soll, inwieweit die Technik moralisch
verwerflich ist.
Gloria Beck versteht es, die Kunst der Manipulation in recht einfacher Sprache
zu erläutern. Das Buch liest sich ausgesprochen flüssig und bereitet Lesevergnügen.
Ansprechend empfand ich zudem den breiten Außenrand im Buch, auf dem immer
wieder passende Zitate berühmter Persönlichkeiten oder Wissenschaftler nebst
einer wiederkehrenden Illustration eingearbeitet sind.
Unter den 30 Techniken finden sich unter anderem die Lügentechnik,
Vernichtungstechnik, Feindbildtechnik,
Gerüchtetechnik, Mitleidstechnik,
Charisma-Technik und viele mehr. Man kann nicht sagen, dass alle davon "böse"
sind. Viele davon aber schon. Aus diesem Grund habe ich das Buch für mich in
"Handbuch des Bösen" umgetauft.
Resümierend kann ich sagen, dass die Lektüre des Buches sehr viel Spaß
gemacht hat. Es werden unmoralische Angebote gemacht, man wird ausdrücklich zu
Egoismus aufgefordert und soll sich anderer Menschen als Werkzeuge bedienen. Das
amüsiert beim Lesen. In der beliebten Fernsehserie "Dallas" war eben auch
J.R. gerade wegen seiner Bosheit besonders beliebt.
Der Spaß vergeht allerdings, wenn man darüber nachdenkt, dass einige dieser
Manipulationstechniken tatsächlich angewandt werden. Etwa auch an mir selbst?
Kann man überhaupt noch jemandem trauen? Paranoide Zeitgenossen mögen sich
verfolgt fühlen.
Trotzdem kann ich das Buch jedem sehr empfehlen. Zwar hoffe ich, dass der Leser
die unethischen Techniken nicht selbst anwendet, doch schafft es einen Vorteil,
wenn man selbst zum Opfer wird und dabei die Waffen des "Feindes" kennt und
durchschaut.
(MagMaMa; 11/2005)
Gloria Beck: "Verbotene Rhetorik"
Eichborn, 2005. 336 Seiten.
ISBN 3-82185-882-6.
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Gloria Beck wurde 1968 geboren. Die ausgebildete Philosophin, Germanistin, Arbeitswissenschaftlerin und Erwachsenenpädagogin arbeitet als Autorin und Managementberaterin in Köln.