Roland Girtler: "Ein Lesebuch"
Das Beste vom vagabundierenden Kulturwissenschafter
Harmlose
Erlebnisberichte
Versprochen wird hier ein "Leckerbissen für Fans, Wiederentdecker und Neueinsteiger"
(vgl. Rückseite) bei dieser Textauswahl von Traude und Wolfgang Fath anlässlich
des 65. Geburtstags des "Sozialforschers" Roland Girtler. Dieser wird als "Vorkämpfer
für den Freiraum des Individuellen" charakterisiert, der die Menschen in ihrer
Selbstbehauptung und -darstellung beschreibt und dabei auf die "historisch-anthropologischen
Gemeinsamkeiten" aller sozialen Schichten hinweist (vgl. H.C. Ehalt). Sein reiches
Opus "beflügelt die soziale
Fantasie" und "macht Lust auf Forschung" (ebd.).
In sechs Kapiteln sind etliche Aufsätze Girtlers zu unterschiedlichen Themen
hier versammelt. Im ersten Teil schildert er seine Zeit als Klosterschüler:
"Von der Enge und Strenge der alten Schule" - das liest sich ziemlich belanglos.
Im Kapitel "Not und Leidenschaft" berichtet Girtler über das Wildern bei den
Gebirgsbauern in den Alpen. Hier erfährt man zumindest, dass unter Hitler die
"anständigen" Wilddiebe aus den Gefängnissen entlassen und in Sondereinheiten
gesteckt wurden. "Im Schatten des Pfarrhofes" erfüllen Pfarrer und Pfarrersköchin
ihre auferlegten Pflichten - und schließlich fährt der Autor "Mit dem Fahrrad
zum Heiligen
Franziskus" nach Assisi.
Das vorletzte Kapitel bewegt sich "Zwischen gut und Böse" - hier wird u.a. die
sogenannte political correctness angesprochen und wir erhalten einen
kleinen Einblick in die Geschichte der Prostitution.
Ausführlich widmet sich Girtler den Tricks der "Bettler und Ganoven". Im Schlusskapitel
erfahren wir etwas "Vom Leben auf dem Lande", speziell der Probleme der Hausärzte
und der Tierhaltung.
Insgesamt ein Buch, das eher altbacken daherkommt, uns mit
harmlosen Erlebnisberichten und Erinnerungen im Plauderton eher langweilt.
Interessant höchstens für die, die es interessiert.
(KS; 06/2006)
Roland Girtler: "Ein Lesebuch"
Böhlau
Verlag Wien, 2006. 307 Seiten.
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A.o. Univ. Prof. Dr. Roland
Girtler, geboren 1941, ist am Institut für Soziologie der Universität Wien tätig
und Autor zahlreicher Sachbücher im Böhlau Verlag. Studium der Jurisprudenz,
Ethnologie, Urgeschichte, Philosophie und Soziologie
an der Universität Wien. 1971/72 Feldforschung in Indien. Seit Mai 2000 wissenschaftlicher
Leiter des Museums "Wilderer im Alpenraum - Rebellen der Berge" in St. Pankraz
bei Hinterstoder (Oberösterreich).
Träger des Österreichischen Ehrenkreuzes für
Wissenschaft und Kunst I. Klasse.