Ada Castells: "Ein Leben lang"


"Ein Leben lang" erzählt in einer Pendelbewegung zwischen Komik und Ernst zwei Geschichten parallel. Da ist die junge Silvia, eine Frau aus Barcelona, die seit langem von einem Leben als berühmte Schriftstellerin träumt, deren Lebensschicksal es aber anders vorgesehen hat und sie nach dem Tod ihres Vaters das Familienunternehmen weiterführen lässt, ein Bekleidungsunternehmen mit langer und reicher Tradition. Silvia tut das recht erfolgreich und findet dennoch in ihrer knapp bemessenen Freizeit die Muße, an einem biografischen Roman über den deutschen Maler Caspar David Friedrich zu schreiben.

Die aktuelle Geschichte Silvias, die sich in einen Maler verliebt hat, der sie zu seiner Muse kürt, bildet die Rahmenhandlung des Romans. Silvia scheint nun zu der originellen und besonderen Welt der Künstler dazuzugehören. Sie ist von der Beziehung zu Puig, einem skurrilen Typen mit ziemlich abartigen Bedürfnissen, geradezu besessen und sucht ständig nach Parallelen zwischen ihrem Leben und dem von Caspar David Friedrich, das sie dem Leser zwischendrin fortlaufend erzählt.

Das ist auch das absolut Reizvolle an der Geschichte, die Ada Castells spinnt: der Parallelverlauf beider Handlungsstränge. Dort das Leben dieses großen deutschen Malers der Romantik mit seiner leidvollen Charakteristik und seiner wirklich schwierigen Persönlichkeit, auch und gerade den Frauen in seinem Leben gegenüber. Auf der anderen Seite das Leben Silvias, das sie, ihrem großen Vorbild nacheifernd, mehr schlecht als recht zu leben versucht.

Das Buch kommt leichtfüßig daher. Die Autorin versteht es gut, mit Humor und zeitweise auch mit Ironie über ihre beiden Protagonisten zu erzählen. "Ein leben Lang" ist ein Buch, das man gern liest, ein Buch, dem man als Kunstlaie wichtige Informationen über Caspar David Friedrich und seine Zeit entnehmen kann, (einige von Friedrich gemalte Bilder in das Buch aufzunehmen wäre übrigens zur Veranschaulichung der Schilderungen gut gewesen), und ein Buch, in dem Dichtung und Wahrheit eine immer wieder fließende Wellenbewegung bilden.

Dabei sind die historischen Teile, in denen die Autorin Silvia (Ada Castells) vom Leben und Werk Caspar David Friedrichs erzählt, ausdrucksvoller gelungen als die Geschichte von Silvias Gegenwart.

Bei "Ein Leben lang" handelt es sich um einen Künstlerroman ganz besonderer Art; lesenswert, informativ und mit einer ganzen Menge Charme und Witz ausgestattet.

(Winfried Stanzick; 11/2007)


Ada Castells: "Ein Leben lang"
(Originaltitel "Tota la vida")
Aus dem Katalanischen von Charlotte Frei.
Bloomsbury Berlin, 2007. 236 Seiten.
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Ada Castells wurde 1968 in Barcelona geboren. Sie arbeitet für verschiedene katalanische und spanische Medien. "Ein Leben lang" ist ihr dritter Roman.