(...)
Hierauf nahm er den Stab, womit er die Augen der Menschen
Zuschließt, welcher er will, und wieder vom Schlummer erwecket.
Diesen hielt er und flog, der tapfere Argosbesieger,
Stand auf Pieria still, und senkte sich schnell aus dem Äther
Nieder aufs Meer, und schwebte dann über die Flut, wie die Möwe,
Die um furchtbare Busen des ungebändigten Meeres
Fische fängt, und sich oft die flüchtigen Fittiche netzet:
Also beschwerte Hermeias die weithinwallende Fläche.
Als er die ferne Insel Ogygia jetzo erreichte,
Stieg er aus dem Gewässer des dunkeln Meeres ans Ufer,
Wandelte fort, bis er kam zur weiten Grotte der Nymphe
Mit schönwallenden Locken, und fand die Nymphe zu Hause.
Vor ihr brannt' auf dem Herd' ein großes Feuer, und fernhin
Wallte der liebliche Duft vom brennenden Holze der Ceder
Und des Citronenbaums.
Sie sang mit melodischer Stimme,
Emsig, ein schönes Gewebe mit goldener Spule zu wirken.
Rings um die Grotte wuchs ein Hain voll grünender Bäume,
Pappelweiden und Erlen und düftereicher Cypressen.
Unter dem Laube wohnten die breitgefiederten Vögel,
Eulen
und Habichte
und breitzüngichte Wasserkrähen,
Welche die Küste des Meers mit gierigem Blicke bestreifen.
Um die gewölbete Grotte des Felsens breitet' ein Weinstock
Seine scharrenden Ranken, behängt mit purpurnen Trauben.
Und vier Quellen ergossen ihr silberblinkendes Wasser,
Eine nahe der andern, und schlängelten hierhin und dorthin.
Wiesen grünten umher, mit Klee bewachsen und Eppich.
Selbst ein unsterblicher Gott verweilete, wann er vorbeiging,
Voll Verwunderung dort, und freute sich herzlich des Anblicks.
Voll Verwunderung stand der rüstige Argosbesieger;
Und nachdem er alles in seinem Herzen bewundert,
Ging er eilend hinein in die schöngewölbete Grotte.
Ihn erkannte sogleich die hehre Göttin Kalypso:
Denn die unsterblichen Götter verkennen nimmer das Antlitz
Eines anderen Gottes, und wohnt' er auch ferne von dannen.
(....)
(aus der Odyssee
von Homer)
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