Reinhard Barth: "Alexander von Humboldt"

Abenteurer, Forscher, Universalgenie


Spannende Biografie einer der interessantesten deutschen Forscherpersönlichkeiten

Jugendlichen unserer Zeit drängt sich Humboldts Name nicht gerade auf. Sie kennen vielleicht den nach ihm benannten Strom, eine Straße, die ihn ehrt, oder auch eine Schule mit seinem Namen. Warum aber sollten sie sich mit diesem Mann des 18. und 19. Jahrhunderts befassen?

Reinhard Barth stellt den außergewöhnlichen Reisenden und Forscher Alexander von Humboldt detailliert vor. Die Leser lernen das noch recht fade Berlin seiner Kindheit und Jugend kennen und die Ambitionen des jungen, auf die Naturkunde versessenen Humboldt, der dann doch, den Erwartungen der Mutter entsprechend, seine naturwissenschaftlichen Interessen in einen standesgemäßen Beruf einbringt und sich mit der Administration in Bergwerken befasst, freilich nicht, ohne diesen durch allerlei Neuerungen seinen Stempel aufzudrücken.

Trotz seines zunehmenden Ruhms - Humboldt ist auf vielen Gebieten begabt und versteht es, sich in Szene zu setzen - strebt der junge Mann jedoch keine Standardkarriere an. Als seine Mutter stirbt, verwendet er sein Erbe auf die Finanzierung einer langen Forschungsreise, die ihn vor allem durch verschiedene Gebiete Südamerikas führt. Heimgekehrt, öffnet ihm sein Ruhm viele Türen, doch sieht er auch ganz klar die Schwächen der Politik seiner Zeit. Seine zweite große Reise nach Innerasien wird von der russischen Regierung gefördert. Nach seiner Rückkehr widmet sich Humboldt unter anderem der Ausarbeitung seines gewaltigen Werks "Der Kosmos", das er letztlich nicht fertig stellen wird - und an das sich später auch kein potenzieller Nachfolger wagt.

Für Humboldt, dessen Herz immer für die Entrechteten schlägt, birgt die erfolglose Revolution von 1848 viel Bitterkeit. Der große Wissenschaftler stirbt fast 90-jährig im Jahr 1859; bis zuletzt hat er sich durch seine geistige Kapazität, sein soziales Engagement und seine Rührigkeit hervorgetan.

Die genannten Fakten und Eckpunkte der Humboldt-Biografie, die natürlich auch in diesem Buch ausgeführt werden, könnte man im Internet und in anderen Lebensbeschreibungen ähnlich nachlesen. Reinhard Barths Buch zeichnet sich freilich durch besonders ausgeprägte Anschaulichkeit aus, die es Jugendlichen unserer Tage erleichtert, sich in einen Mann hineinzuversetzen, der vor rund zweihundert Jahren lebte, in einer ihnen trotz geografischer Nähe fremden Welt.

Immer wieder zeigt der Autor auf, welche durch seine Zeit bedingten Schwierigkeiten Humboldt zu überwinden hatte, und welch entscheidende Rolle oft der Zufall als Weichensteller spielte. Zugleich wird dem Leser bewusst, in welcher Weise Napoleon, seine Politik und seine Kriege (zumeist restriktiv) auf Humboldts diverse Reisepläne einwirkten.

Unter diesen Umständen scheint es bemerkenswert, dass Humboldt seine Südamerikareise überhaupt gelang. Der Autor legt lebendig und drastisch, dabei freilich nie mit überbordender Fantasie dar, wie unglaublich die Belastungen und Gefahren dieser Reise waren, selbst für Zeitgenossen, die doch nicht so verweichlicht waren wie junge Menschen unserer Tage. Quellen liegen in ausreichender Zahl und Ausführlichkeit vor, und an ihnen orientiert sich der Autor stets bei seinen Ausführungen.

Vor allem aber weiß Barth die wahrlich "hehre" (um einen altmodischen Ausdruck zu benutzen) Gesinnung Humboldts zu würdigen, dessen präzises und konsequentes wissenschaftliches Arbeiten, das die Wissenschaft seiner Tage gewaltig voranbrachte, seine tiefe Abneigung gegenüber der Sklaverei und sein aufgeschlossenes, liberal geprägtes Verhalten gegenüber Einheimischen, wohin immer er reiste, seine Wertschätzung anderer Kulturen, seine Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses über Verbindungen oder auch mittels seines eigenen Vermögens, sein unerschrockenes, zielstrebiges Wesen - Humboldt, "ein Vorbild und Mutmacher", wie Reinhard Barth den Wissenschaftler treffend charakterisiert.

Das Einzige, was in diesem übrigens auch reich mit Zeichnungen von Humboldt und seinen Zeitgenossen illustrierten Buch vielleicht fehlt, ist eine tabellarische Übersicht über die wesentlichen Daten von Humboldts Leben. Insgesamt ist das Buch großartig gelungen und bringt Jugendlichen nicht nur Humboldts Verdienste näher, sondern auch die Welt zu dessen Zeit: lebendige Geschichte, wie sie besser nicht vorgestellt werden könnte.

(Regina Károlyi; 10/2007)


Reinhard Barth: "Alexander von Humboldt. Abenteurer, Forscher, Universalgenie"
Bloomsbury, 2007. 288 Seiten. (Ab 12 J.)
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