Lene Mayer-Skumanz, Winfried Opgenoorth: "F. Chopin"

Ein musikalisches Bilderbuch mit CD


Tragisches Wunderkind

Ein Buch über den Komponisten Frédéric Chopin für Kinder? Erwachsene, die Chopin kennen und lieben, werden das als ein kühnes Projekt ansehen, denn Chopins Musik assoziiert man eigentlich nicht mit "klassischen" Stücken, die dazu dienen können, Kinder an die Musik vergangener Jahrhunderte heranzuführen.

Die Skepsis verfliegt umgehend, wenn man sich mit dem Buch befasst, das vom Verlag nicht umsonst als musikalisches Bilderbuch bezeichnet wird. Chopins bewegtes und von tiefer Tragik überschattetes Leben fesselt Kinder nachhaltig, insbesondere, wenn die Biografie des Komponisten so spannend und zugleich einfühlsam dargestellt wird.

Kindheit, Familie und Jugend Chopins bilden natürlich den Schwerpunkt des Buchs. Chopin wuchs mit drei Schwestern in der Familie eines Prager Lehrers und Internatsleiters auf, in der die Musik einen hohen Stellenwert innehatte. Schon früh bemerkten die Eltern, dass sie in Fryderyk, so sein ursprünglicher, polnischer Name, ein musikalisch hochbegabtes Kind hatten, das sich sowohl am Klavier als auch beim Komponieren und Improvisieren hervortat.

Der Vater förderte den Jungen nach besten Kräften; finanzielle Nöte standen ihm nicht im Weg, sodass er dem zarten, kränklichen Wunderkind anstrengende Konzertreisen ersparen konnte. Fryderyk studierte in Warschau und hielt sich zweimal, unter anderem nach dem Tod seiner geliebten jüngeren Schwester, auch in Wien auf. Dort fühlte er sich jedoch wegen der den Polen gegenüber herrschenden Vorurteile - schließlich war in Polen ein Aufstand gegen die mit Österreich verbündeten Russen losgebrochen - nicht sonderlich wohl. Chopin zog es nach Paris, wo er als Klavierlehrer für Töchter aus wohlhabenden Familien arbeitete und natürlich komponierte.

Einige Lieben kommen in seiner Biografie vor, am bekanntesten ist natürlich die Beziehung zu der für damalige Verhältnisse außergewöhnlich emanzipierten George Sand. Seine Tuberkulose wurde durch mehrere Reisen an für ihn ungeeignete Orte, durch Ignorieren ärztlicher Ratschläge und zu viel Arbeit gefördert. Chopin starb nur neununddreißigjährig in Paris im Beisein weniger treuer Freunde.

Die Biografie stellt vorzüglich die Einflüsse in den Vordergrund, die Chopins Musik bestimmten: typisch polnische Tänze vor allem in der Jugend, die an ausgelassene Ferien mit seinem besten Freund erinnern, einzelne Stücke, die von vergeblicher Liebe erzählen, schließlich Kompositionen von tiefer Traurigkeit und Verzweiflung, nachdem der Tod seiner ihm seelenverwandten Schwester ihn in einen Abgrund gestürzt hatte, und Stücke, in denen sich das zornige Aufbegehren eines polnischen Revolutionärs wider die russischen Besatzer zeigt, man denke nur an die trotzige Revolutionsetüde. Die jungen Leser lernen dank dieser Lektüre nebenher auch einiges über das Europa des 19. Jahrhunderts, vor allem natürlich über das Schicksal des polnischen Volkes, das bekanntlich ab dem Ende des 18. Jahrhunderts keinen eigenen Nationalstaat mehr besaß.

Siebzehn ausgewählte, schön und ausdrucksvoll eingespielte Stücke aus allen Lebensphasen des Komponisten bietet die zum Buch gehörende CD. Diese Stücke werden bereits im Buch erwähnt, meistens im ausführlichen Kontext ihrer Entstehung, und auf der letzten Doppelseite kann man die Hintergründe zu jedem von ihnen noch einmal in komprimierter Form nachlesen. Diese Informationen ermöglichen es Kindern, zumindest solchen, die schon gelernt haben, "klassische" Musik aufmerksam zu hören, Chopins Musik in ihren Grundzügen zu verstehen - und zu lieben.

Weiterhin fesseln auch die Illustrationen des Buchs, viele sind von Humor geprägt, wie ihn auch Chopin selbst besaß, andere spiegeln jene Tragik wider, die zu Chopins persönlicher Biografie ebenso wie zu den politischen Umwälzungen seiner Zeit gehört. Die Schrift wurde relativ groß gewählt, sodass das Lesen nicht ermüdet.

Ein hervorragend gelungenes Kinder-Sachbuch, das Kinder mit Interesse an Musik lange beschäftigt.

(Regina Károlyi; 04/2007)


Lene Mayer-Skumanz, Winfried Opgenoorth: "F. Chopin"
Annette Betz, 2007. 31 Seiten.
CD-Spieldauer 67 Minuten. (Ab 5 J.)
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