Martin Geck: "Wenn Papageno für Elise einen Feuervogel fängt"

Kleine Geschichte der Musik


Leitfaden zu einem unverkrampften Musikverständnis

Eine kleine Geschichte der Musik: ist es sinnvoll, solch ein Buch zu veröffentlichen? Lassen sich über tausend Jahre abendländischer Musik auf weniger als 200 Seiten darstellen?
Ja, sagt Martin Geck, Professor für Musikgeschichte in Dortmund. Ihm geht es nämlich nicht so sehr um das Formale, etwa um die Möglichkeiten und Finessen der Sonatenhauptsatzform, sondern um ein unverkrampftes Musikverständnis, das zeitliche Zusammenhänge berücksichtigt. Deshalb erläutert er die historischen und sozialen Hintergründe bedeutender, ihre Epoche repräsentierender oder durch Individualismus bereichernder Komponisten und Interpreten von den Vorläufern der Gregorianik bis zu wichtigen Entwicklungen des 20. Jahrhundert einschließlich des Blues und seiner Abkömmlinge. Und er zeigt auf, in welcher Weise das jeweilige Umfeld die Komponisten beeinflusste.
Am Anfang jedoch steht ein Kapitel über die mythische Macht der Musik und die Musikerfahrung der Naturvölker, das den Blick öffnet für das auch der komplexesten Bach-Fuge zugrunde liegende Bedürfnis nach dem die Sinne ansprechenden Zusammenklang der Töne, nach Rhythmus und Bewegung. Ein weiteres Kapitel befasst sich mit der Musik in den alten Reichen am Beispiel Chinas, als zumindest die Musik der "besseren Gesellschaft" eine erste Normierung erfuhr. In den folgenden Kapiteln geht es um die Entwicklung der abendländischen Musik, wobei der Schwerpunkt natürlich auf der überlieferten Musik liegt - zunächst Kirchenmusik, dann höfische Musik und Oper, schließlich die weiteren Kreisen zugängliche Musik des 19. und 20. Jahrhunderts -, aber auch die Kultur und Kunst des einfachen Volkes, etwa der Spielleute, werden gewürdigt. Einige Große ihres Fachs erhalten eigene Kapitel, die Bach-Familie zum Beispiel, Mozart, Schubert und die Komponistin Clara Schumann. Geck zeigt, wie erwähnt, ihre Leistungen in dem Kontext, der sie prägte und möglich machte. Gleichzeitig wendet er sich gegen eine strenge Zuordnung zu Epochen oder Stilen: "Klassik" und "Romantik" sind wenig aussagekräftige Begriffe, die das Musikempfinden möglicherweise sogar einseitig steuern.

Martin Geck schreibt informativ, aber auch bewusst unterhaltend, und er wendet sich ebenso an "eingefleischte" Musikfreunde wie an Menschen, die der so genannten Klassik eher fern stehen. Sein Buch setzt kein fundiertes Wissen voraus und kann daher Interesse wecken, jedoch auch vorhandene Kenntnisse um wichtige Aspekte erweitern und vertiefen. Häufig wird der Leser selbst gefordert, denn Geck erklärt seine Interpretationen nicht zur Doktrin, sondern zur subjektiven Sichtweise, die als Denkanstoß dient. Der geringe Umfang und die Übersichtlichkeit laden zudem wesentlich mehr zum Lesen ein als ein mehrbändiges Nachschlagewerk. Für viele Details und Randerscheinungen genügte indes der "Platz" nicht, doch die Verzettelung durch eine Fülle von Einzelheiten entspricht ohnehin nicht der Intention des Autors, der dem Leser vor allem einen roten Faden durch die Musikgeschichte als Quelle für abwechslungsreichen, intensiven Musikgenuss bieten möchte. Und das gelingt ihm.
Der Verlag hat den Band sehr ansprechend gestaltet. Sorgfältige Verarbeitung und hochwertige Materialien kommen hinzu, sodass sich das Buch auch gut als anspruchsvolles und individuelles Geschenk eignet.

(Regina Károlyi; 03/2006)


Martin Geck: "Wenn Papageno für Elise einen Feuervogel fängt"
Gebundene Ausgabe:
Rowohlt Berlin, 2006. 192 Seiten.
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Taschenbuchausgabe:
rororo, 2007.
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Martin Geck, geboren 1936, veröffentlichte bereits zahlreiche Bücher über klassische Musik, darunter eine Mozart-Biografie und eine Bach-Biografie, die international beachtet und mit dem "Gleim-Literaturpreis" ausgezeichnet wurde.

Weitere Bücher des Autors (Auswahl):


"Bach. Leben und Werk"

An Biografien, seriösen wie leichtfertigen, herrscht kein Mangel, und wissenschaftliche Studien zum musikalischen Werk liegen in erlesener Fülle vor. Aber: Allein Philipp Spitta (1873 und 1880) und Albert Schweitzer (1908) haben es in den zweieinhalb Jahrhunderten seit dem Tod Johann Sebastian Bachs am 27. Juni 1750 gewagt, Leben und Schaffen des Thomaskantors umfassend zu würdigen. Der Dritte im illustren Bund ist nun der renommierte Musikwissenschaftler Martin Geck. Seine Gesamtdarstellung wird auch strengsten Maßstäben genügen und selbst Maßstäbe setzen. Die Kunst Martin Gecks ist es, ein eigentlich wenig auffälliges Leben, wie es aus den spärlichen Quellen fassbar wird, nuanciert zu erzählen und mit einer geistvollen Analyse der Werke und Werkreihen dieses überwältigend schöpferischen Komponisten zu verknüpfen. Martin Geck schreibt für Kenner und Liebhaber der Musik Johann Sebastian Bachs, nicht zuletzt für Neugierige, die einen Blick in die Werkstatt eines Genies werfen wollen. (Rowohlt)
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"Wenn der Buckelwal in die Oper geht. 33 Variationen über die Wunder klassischer Musik"
Weshalb wäre Bruckner ohne die Generalpause verloren? Benutzte Bach das kabbalistische Zahlenalphabet? Warum schrieb Wagner fast dreißig Jahre am "Ring des Nibelungen"? Und: Sind Buckelwale musikalisch? Der bekannte Musikwissenschaftler und erfolgreiche Buchautor Martin Geck gibt Antworten auf diese sowie zahlreiche weitere Fragen und vermittelt so interessante und unterhaltsame Phänomene der klassischen Musik.
Ohne Musik wäre unser Leben nicht denkbar, doch ist sie mehr als die allgegenwärtige Beschallung aus Kaufhauslautsprechern oder in Aufzügen. Insbesondere die klassische Musik ist sinnliches Erleben, das durch Wissen noch intensiver und tiefer wird. In ihr öffnet sich uns eine Welt, die immer wieder verblüfft und in die erstaunte Frage mündet: Wie kommt das? Wie ist das möglich?
Bildhaft, humorvoll und zugleich mit Tiefgang erzählt Martin Geck von den Wundern der klassischen Musik. In 33 kurzen Variationen lässt er uns über die Schönheit der Musik, unbekannte Geschichten aus dem Leben von großen Komponisten und außergewöhnliche Entdeckungen staunen.
Man erfährt von den vielfältigen Verbindungen zwischen der Musik und anderen Formen der Kunst, aber auch davon, wie sich das Menschlich-Allzumenschliche in der Musik spiegelt. Dabei führt Geck den Leser wie beiläufig durch die zentralen Werke der klassischen Musik und bringt ihm auf diese Weise eine leicht verständliche und zugleich tiefsinnige Musikästhetik näher. (Siedler) zur Rezension ...
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"Mozart. Eine Biografie"
Auf faszinierende Weise erzählt Martin Geck die Lebensgeschichte des leidenschaftlichen Weltkinds und begnadeten Künstlers Wolfgang Amadeus Mozart. Der Musikwissenschaftler und Literaturpreisträger betet nicht die sattsam bekannten Legenden vom übermächtigen Vater, der flatterhaften Gattin, einem von Spielschulden erdrückten Komponisten und seinen dubiosen Todesumständen nach. Vielmehr entwirft er ein an Quellen und Selbstzeugnissen orientiertes, gleichwohl facettenreiches Porträt dieses in größter Freiheit und doch nach höherer Ordnung komponierenden Genies. Die bei aller Seriosität mit leichter Hand geschriebene Biografie wartet mit einer prägnanten kulturhistorischen These auf: Statt Mozarts Musik auf das Ideal klassizistischer Schönheit einzuschwören oder im Gegenzug romantisch einzudunkeln, gilt es ihren harlequinesken Hintergrund aufzuspüren. Vor ihm erscheint Mozarts Originalität in neuem Licht. (Rowohlt)
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"Von Beethoven bis Mahler. Leben und Werk der großen deutschen Komponisten des 19. Jahrhunderts"
Martin Geck behandelt die Musik von Beethoven, Schubert, Mendelssohn, Schumann, Liszt, Wagner, Bruckner, Brahms und Mahler im ideengeschichtlichen Zusammenhang des 19. Jahrhunderts. Dabei werden die Traditionslinien von Bach bis zu den Komponisten der Romantik verdeutlicht, die Biografien spiegeln den gesellschaftlichen Wandel wider. (Rowohlt)
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