Markus Heitz: "Drachengift"


Die letzte Schlacht zwischen Menschen und Drachen beginnt

Nach "Die Mächte des Feuers" und "Drachenkaiser" ist dies nun der dritte Band aus der Drachenreihe von Markus Heitz, der direkt im Anschluss an "Drachenkaiser" spielt und in dem die Drachenheilige Silena nun ganz ihr Amt als Zaritsa in Russland wahrnimmt. Zusammen mit ihrem Mann sucht sie nach Wegen,+ die Unzufriedenheit der Adligen und der Bolschewiken gleichermaßen in Zaum zu halten, während Drachen immer noch ein nicht zu vernachlässigendes Problem darstellen. In Russland scheint das weniger zum Tragen zu kommen - aber das scheint auch nur so, weil ihr Mann Grigorij durch den Altvorderen Tugarin direkt beeinflusst wird, der sich dazu die Suchtpersönlichkeit des jungen Zaren zunutzemacht.

Da wird im April 1927 im Deutschen Stadion von Berlin eine atemberaubende Wunderwaffe vorgeführt. Eine chemische Keule, die dazu geeignet ist, jedem Drachen den Garaus zu machen, ohne dabei eine Gefahr für Menschen darzustellen. So zumindest behauptet es der Vertreter der herstellenden Firma "Hohenheim AG", ein gewisser von Auen, der zum Beweis seiner Anpreisungen seine eigenen Kinder mit diesem Mittel gegen vier Drachen antreten lässt. Mit umwerfendem Erfolg - und danach kann sich das Unternehmen vor Aufträgen nicht mehr retten.

Kurz darauf sieht sich auch St. Petersburg mit Werbung für den Drachenvertilger "Resacro", der zu diesem Zeitpunkt bereits im ganzen Deutschen Reich versprüht wird, konfrontiert. Doch der Zar stellt sich quer. Vorgeblich, weil er nicht so ganz an die Ungefährlichkeit des Mittels glaubt, tatsächlich aber, weil Tugarin nicht einen Tropfen dieses Gases in russischer Luft dulden möchte. Tatsächlich ist Tugarin mehr an einer Auseinandersetzung mit Frankreich interessiert, bei der die "Hohenheim AG" als Bereitsteller von Kampfzeppelinen fungieren soll. Grigorij weiß, dass die Firma die Gelegenheit nutzen wird, um "Resacro" auch in Russland sub rosa einzuführen, aber der Marionette Grigorij sind die Fäden sowieso lästig geworden, weswegen er dies in einer geheimen mündlichen Vereinbarung erlaubt. Schließlich könnte die "Hohenheim AG" sonst auf die Idee kommen, ihre Zeppeline an Deutschland - oder schlimmer noch an Frankreich - zu liefern, was auf jeden Fall verhindert werden muss.

Um mehr über die "Hohenheim AG" und ihre Fertigungsstätten und Zeppelinhangars zu erfahren, begibt sich die Zaritsa nach Washington, dort ein wenig herumzuspionieren. Diese Gelegenheit will sie gleichzeitig dazu nutzen, nach ihrem alten Freund Ahmat Fayence zu suchen, den sie seit ihrer Heirat nicht mehr gesehen hat. Für diese Mission lässt sie Land, Mann und ihre neugeborene Tochter zurück, für die Tugarin seine ganz eigenen Pläne hat. Denn ein Drache plant immer weiter in die Zukunft, als die meisten Menschen, die mit ihm zu tun haben, normalerweise planen würden.

Aber Tugarin ist nicht der einzige europäische Drache mit hochfliegenden Plänen. In Frankreich, Wales und Schottland wird intrigiert, gelogen und betrogen, gemeuchelt und einfach aufgefressen, dass es eine Lust ist, während sich der frisch gekürte Drachenkaiser in Beijing überlegt, wer seine idealen Bündnispartner in diesem Wirrwarr sein könnten. Und dann stößt die Zaritsa in einem Werk der "Hohenheim AG" auf einen ganz neuen, besorgniserregenden Gegner, dessen Existenz die Karten völlig neu mischt.

Und während all dies geschieht, forscht die Protestantin Ulrika Mang in den Heiligen Hallen der katholischen Kirche nach sogenannten Bestiensäulen, die sich in allerlei Kathedralen finden und ein düsteres, jahrhundertealte Geheimnis bergen.

Nicht alle Fäden sind am Ende verknüpft, und nicht alles ist am Ende aufgeklärt. Dieses erfreulich gut lektorierte Buch endet mit einigen losen Enden, die Markus Heitz eventuell in Zukunft wieder aufnehmen wird, wenn er auch sagt, dass dies eine eher fernere Zukunft sein dürfte.
Am Schluss dieses wendungsreichen und sehr unterhaltsamen Romans voller netter kleiner Anspielungen kann man nur hoffen, dass diese spezielle Zukunft nicht allzu fern ist.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 01/2016)


Markus Heitz: "Drachengift"
Piper, 2016. 558 Seiten.
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