Himmelslicht und Höllenschlund:
Die El Greco-Ausstellung im KHM
anno 2001


Die Sonderausstellung des Kunsthistorischen Museums Wien zeigt bis 2. September 2001 Gemälde, Skulpturen und Zeichnungen des Malers Domenikos Theotokopoulos (ca. 1541-1614), besser bekannt unter dem Namen El Greco, "der Grieche". Es handelt sich dabei um eine repräsentative Auswahl von Werken dieses Künstlers, dessen individueller Stil von zeitloser Unmittelbarkeit geprägt ist und nachfolgende Künstlergenerationen maßgeblich beeinflusst hat.

"In El Grecos Malerei mischten sich griechisch-byzantinische Einflüsse mit dem herrschenden Manierismus, wodurch die lebensfrohe Renaissancekunst seiner Zeit eine Umdeutung ins Visionäre, Immaterielle erfuhr. Wie zum Zeichen dieser Vergeistigung malte er seine von religiöser Askese und Visionen zerquälten Kreaturen und Figuren überlang, schmal und feingliedrig vor düsteren, grauen Hintergründen, aus denen vereinzelt gesättigte Farben grell aufleuchten", (mag an dieser Stelle die Kunstgeschichte einwerfen).

Oder auch nicht. Ob die Zeitgenossen angesichts der entstandenen Darstellungen entzückt waren, ist nicht überliefert. Dass El Grecos meisterliche Spiele mit Licht und Schatten, kräftiger Farbgebung und dichter Finsternis auch Jahrhunderte später nichts von ihrer Intensität und Aussagekraft eingebüßt haben, steht hingegen fest.

Wenn man als Besucher dieser Ausstellung darauf achtet, gegebenenfalls seinen Rucksack  in einer Hand (egal welcher) sowie einen überarmlangen Abstand zu den Bildoberflächen zu halten, führt man die jugendlich-dynamischen Aufsichtspersonen gar nicht erst in Versuchung, solches Verhalten nachdrücklich einzumahnen ...

Anfangs folgt man vielleicht noch dem Pfad der Schilder, die einerseits Informationen, (das Offensichtliche ist sozusagen "nachzulesen"), über das jeweilige Gemälde bieten, andererseits den gewillten Leser zu Mr. Bean-artigen Verrenkungen zwingen. Freilich ist es mindestens ebenso gut , sich den Werken direkt  zu öffnen, die Kraft der Farben, die Macht des Ausdrucks und das feine Gespür des Künstlers für Bewusstseinszustände und deren Umsetzung in Form und Farbe unmittelbar zu erfahren (und die Schilder einfach Schilder sein zu lassen).

Wenn auch eines davon die Aussage beinhaltet, El Greco hätte die Himmelsdarstellungen als "Hilfsmittel" eingesetzt: Nie und nimmer! Die Beschränkung der prachtvollen Farbgebungen der Wolkenformationen und Dämmerungshimmel auf eine derartige, untergeordnete Funktion ist entbehrlich.
Sicher, Menschendarstellungen stehen oftmals im Mittelpunkt der Gemälde - zu entdecken gibt es jedoch einiges mehr, und diesen, technisch und künstlerisch perfekt gestalteten Randbereichen der Bilder sollten Sie ebenfalls Beachtung schenken - es lohnt sich!

 (Felix Grabuschnig; 05/2001)


Lien:
KHM