Es macht mir ausgesprochen Spaß, nett zu dir zu sein. Mit anderen bin ich unmöglich. Du stehst auf und entnimmst deiner Handtasche ein goldenes Päckchen Kaffee, raschelnde Bohnen, Kaffee aus Österreich. Die einen halten ihn für den besten, die anderen für den schlechtesten, den man bekommt. Du füllst ihn in die Kaffeemühle, lässt den durchsichtigen Deckel einrasten, und während der kleine Motor zu vibrieren beginnt, hältst du die Hand darüber. Ich lege meine Hand über deine. Ich fasse dich um die Taille und möchte jetzt gar nicht mehr zurückhaltend sein. Ich weiß, dass wir die ganze Nacht vor uns haben und die Dinge irgendwie graduell steigern müssen, weil es sonst zuletzt hässlich, kränkend, widerlich wird, doch ich fürchte, ich habe nicht genug Erfahrung, um warten zu können. Wenn ich mit dir zusammen bin, ziehst du mich so stark an, dass ich die Konversation zum Teufel wünsche (mein Kopf ist ohnehin wie leer gefegt) und dich gleich in die Arme nehmen möchte. Ich versuche es, du hast selbst schon etwas abgehoben, doch du müsstest den Kaffeemühlendeckel loslassen, und da wäre der Kaffee dann sofort im Zimmer zerstreut. Also bezähme ich mich, und während du das Kaffeewasser aufsetzt, tauschen wir ganz ruhig unsere neuesten Leseeindrücke aus. Du liest ein obskures Buch. Du hast es hauptsächlich wegen seines Titels zur Hand genommen und führst es ständig in deiner Tasche mit. Es heißt Abgründe, und du hattest dir vorgestellt, es müsse tiefschürfend sein. Natürlich geht es um die unauslotbaren Tiefen einer Frau. Ich merke sarkastisch an, dass die Autoren, die sich schreibend solchen Tiefen widmen, meist nicht das Rüstzeug haben, um sie auszuloten. Ich habe zwei Bücher zu Ende gelesen, ja geradezu verschlungen, die ich mir letzte Woche ausgeliehen hatte. Neun Erzählungen von Salinger (hervorragend allesamt, mir aber gefiel Der Mann, der lacht am besten, weil auch ich einen Freund hatte, der mir als Kind die verrücktesten Dinge erzählte. Er hieß Mugurel und versuchte mir einzureden, es habe mehrere Hitlers gegeben. Und in jeder Episode, die er mir erzählte, brachte einer unserer Soldaten jeweils einen dieser vielen Hitlers um) und Nuncle von John Wain, kein welterschütterndes, aber ein stellenweise durchaus "tiefes" Buch, wie du sagen würdest.
Lirum larum Löffelstiel ... Und Coffee. Wir schlürfen ihn aus deinen kleinen Tassen mit blauem Rand. Ich zittere schon vor Ungeduld. Doch, weh und ach! ich muss noch länger warten, du quälst mich wieder einmal mit den Sternzeichen. Mir sträubt sich das Haar, sobald ich sie nur sehe. Du aber willst unbedingt wissen, wie es um dieses und jenes bestellt ist. Wie ich mich im Geschäftsleben mache und wie in der Liebe, wie hoch meine Intelligenz ist, welche Krankheiten mir gefährlich werden könnten. Großer Gott, eine Frau schafft tatsächlich, dich eine ganze Nacht lang um den Verstand zu bringen. Natürlich halte ich in der Zwischenzeit nicht still. Ich streichle dich mit beiden Händen. Die einzige Wirkung, die ich erziele: Deine Stimme klingt beim Vorlesen stellenweise etwas heiser, und du hältst auch mal kurz inne und schließt die Augen. Du verlierst zwar den Faden, gibst aber um keinen Preis auf. Und kommst letztlich doch zu keinem Schluss. Manche Merkmale des Sternzeichens findest du voll auf mich zutreffend, andere wiederum ganz und gar nicht. Endlich hörst du auf, und wir machen das Bett. Dann entkleiden wir uns (du gehst wie gewöhnlich ins Bad und erscheinst schamhaft in dem Schlafrock mit zinnoberroten Blumen, unter dem du zu meiner immer neuen Enttäuschung nichts mehr anhast). Ich bin längst unter der riesigen Daunendecke, wenn du endlich ins Bett kommst und dich sofort an mich schmiegst.
Hier nun, lieber Leser, werde ich dir, fürchte ich, unfreiwillig einen schweren Schlag versetzen. Ich werde dir nämlich von dem, was ich im viereckigen Bett beobachte, keinerlei Bericht oder Beschreibung liefern.


Aus "Nostalgia" von Mircea Cartarescu.