Dagmar H. Mueller: "Die Hälfte des Himmels gehört Bo"
"Bo starb an einem dunklen,
grauen Vormittag kurz vor Weihnachten. |
So beginnt das letzte Kapitel des gleichnamigen Buches "Die Hälfte des Himmel gehört Bo" von Dagmar H. Mueller. Ein überaus sensibles, ein lustiges und ein trauriges Buch, ein Buch, das von der Lust am Leben und der Schwere und der Leichtigkeit des Sterbens aus der Sicht der elfjährigen Martha berichtet, deren Bruder Bo an einer unheilbaren und in Kürze tödlichen Krankheit leidet. |
Bo weiß schon Monate vor seinen drei
Schwestern (es gibt noch die 14-jährige Lena und die 16-jährige Bille), dass er
nicht mehr lange zu leben hat. Aber er glaubt seinen Eltern, die ihm den Himmel
als einen Ort beschreiben, an dem man immer tun kann, wozu man gerade Lust hat.
Er ist fröhlich, sprüht vor Ideen, will immer Recht haben und teilt mit Martha
ein Kinderzimmer. Diese beiden Jüngsten in der Familie haben ein ganz besonderes
Verhältnis, und so ist es nur natürlich, dass Martha die Geschichte Bos erzählt.
Von seinen Ideen, seiner Fantasie, seinem unübertrefflichen Willen, seiner
überbordenden Lust am Leben. Sie erzählt von Streichen und nächtlichen
Gesprächen, aber auch immer wieder von ihrer Wut über die Ungerechtigkeit der
Eltern, denn Bo darf alles, während die Mädchen nach heutigen Maßstäben durchaus
streng und konsequent erzogen werden. Denn sie weiß noch nicht, was Bo und seine
Eltern wissen: er wird schwächer werden und sterben.
Erst als Bo ihr etwa
ein halbes Jahr vor seinem Tod erzählt, er habe von einem mit seinem Vater
befreundeten Piloten die Hälfte des Himmels gekauft, bekommt Martha so ein
komischen Gefühl im Bauch, das sie nicht mehr verlässt.
Viel später erst,
als bei einem Gespräch mit der Mutter all die Wut und Angst aus Martha
herausbricht, beruft die Mutter für den Abend ein Familientreffen ein, und die
Wahrheit kommt auf den Tisch.
Die beiden ältesten Schwestern reagieren
mit Flucht, Bo nimmt es leicht, und die Eltern versuchen sich etwas hilflos mit
weiteren Ausgestaltungen des Himmels.
Für Martha ist das nicht so
überzeugend. Was ihr letztlich Monate nach Bos Tod durch ihre Trauer hilft, ist
der Gedanke, dass es Bo dort, wo er jetzt ist, gut geht, dass sie einen
wunderbaren Bruder hatte und die Liebe zu ihm nie vergehen wird.
Dagmar
H. Mueller ist ein sensibles Buch gelungen, das ohne amtsreligiöse Deutungen
auskommt und dennoch starken Trost vermittelt. Beindruckend geschildert ist die
klare, konturierte Position von Vater und Mutter in dieser Familie, in der es
einfach stimmt, weil man miteinander spricht und streitet und auch unangenehmen
und schmerzhaften Themen nicht ausweicht; eine Familie, in der jeder seine
Schwächen hat und sie auch zeigen darf. Nur mit so einer starken Familie ist solch eine Geschichte wie die von Bo glaubwürdig zu erzählen.
(Winfried Stanzick; 03/2006)
Dagmar
H. Mueller: "Die Hälfte des Himmels gehört Bo"
Thienemann Verlag,
2006. 224 Seiten. (Ab 10 J.)
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Dagmar H. Mueller wurde 1961 im
Sauerland geboren. Sie studierte in Hamburg Deutsch und Sport und arbeitete
zeitweise als Skilehrerin und Werbetexterin.
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