Angela Sommer-Bodenburg: "Der kleine Vampir"


Also, für ängstliche Zeitgenossen ist dieses Buch nicht die geeignete Bettlektüre. Aber die, die es so gerne schön gruselig haben, die werden Rüdiger und seine süße Schwester Anna lieben und noch mehr von den beiden erfahren wollen. Obwohl - ich muss mich eigentlich sofort korrigieren: die erste Gruppe, die eher nichts von Gruseligem hält, sollte doch wenigstens versuchen, einige Seiten mit Anton mitzugehen und plötzlich in dem Maße, wie auch Anton seine anfängliche Scheu dem neuen Freund gegenüber ablegt, fühlen, wie sich mit einem Mal im Herzen so ein Winkel auftut, in dem die Zuneigung zu diesem kleinen blutleeren, blassen, geflügelten Wesen wächst... eventuell sogar bis dahin: ich muss das Buch sofort fertig lesen, weil ich unbedingt wissen möchte, wie es ausgeht. Ein Vampir-Krimi, sozusagen, der einen in seinen Bann schlägt.

Interessant ist auch, wie die Autorin - eine Grundschullehrerin, also pädagogisch bestens fundiert - das Zuhause von Anton, dem Menschenkind schildert. Hier finden sich zwei Welten: die der Eltern, die sehr mit sich selbst beschäftigt sind und eigentlich wenig erzieherischen Einfluss auf Anton ausüben und die Welt Antons, der seine Bücher liebt und offen ist gegenüber Fremdem, Neuem, Ungewohntem. Dieses zwar teilweise suspekt findet, jedoch immer irgendwie am Ball bleibt. Behutsam versucht er, seine Eltern, deren Welt wesentlich realer dargestellt wird und die für alles plausible Erklärungen haben oder brauchen, seiner Welt teilhaftig werden zu lassen. Immer wieder ist zu spüren, wie Antons Gänsehaut zwischen dem, was er mit seinen Vampir-Freunden erlebt und dem Problem, "wie bringe ich das meinen lieben Eltern bei", hin und her pendelt. Köstlich!

Reizvoll ist auch mitzuerleben, wie der Abbau des Misstrauens, das anfänglich trotz des spürbaren zueinander Hingezogen-Seins, doch besteht, erfolgt. In Antons Kopf steht immer wieder die Frage, obwohl sie nie ausgesprochen wird: Wird er mich beißen, werde ich doch einmal sein Frühstück sein? Auf der anderen Seite wächst die Loyalität zum Freund, man hält zusammen und Klein-Anna wird immer verliebter. Der Autorin hat hier die Darstellung von Antons Reaktion, als er dies merkt, psychologisch punktgenau getroffen: ein Knabe seines Alters weiß noch nicht viel von Liebe, Mädchen aber schon, auch kleine Vampirmädchen bilden da keine Ausnahme.
"Der kleine Vampir" - ein Grusel-Buch mit Krimi-Einschlag, flott und spannend zu lesen, mit kleinen Einsprengseln, die die Lachmuskeln kitzeln. Sicherlich ein Buch, das vom Volksschul- bis ins Erwachsenenalter jenen Freude bereitet, deren Fantasie noch nicht alt und grau  fest verschlossen unter einem verrotteten Sargdeckel liegt.

(HB; 04/2004)


Angela Sommer-Bodenburg: "Der kleine Vampir"
Rotfuchs. 128 Seiten.
ISBN 3-499-20216-6.
ca. EUR 6,50. Buch bestellen
Schmuckband:
Rotfuchs, 2004. 160 Seiten.
ISBN 3-499-21295-1.
ca. EUR 10,-. Schmuckband bestellen
Englische Ausgabe:
"The Little Vampire"
Illustrationen von Amelie Glienke.
(Geeignet für den Englischunterricht in Volksschulen)
Rotfuchs, 2004. 160 Seiten.
ISBN 3-499-21280-3.
ca. EUR 6,90. Englische Ausgabe bestellen

Lien:
http://www.angelasommer-bodenburg.com

Ergänzende Buchtipps:

"Der kleine Vampir auf dem Bauernhof"
Gleich nach der Ankunft stellt Anton fest: Die gesunde Landluft stinkt erbärmlich! Und auch sonst ist er zunächst von ihrem Ferienort nicht begeistert, während seine Mutter sich freut, dass sie nun endlich Ruhe vor Vampiren haben wird. Aber das weiß Anton besser, denn der kleine Vampir wohnt bereits hier. Nur wo? Antons Suche endet - im Schweinestall.
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