Georg Trakl wurde am 3.
Februar 1887 in Salzburg als viertes
Kind von Tobias und Maria Trakl geboren. Der in zweiter Ehe mit der
Katholikin
Maria verheiratete Protestant Tobias Trakl betrieb eine gutgehende
Eisenhandlung, was der Familie einen gehobenen Lebensstil ermöglichte.
Georg
Trakl erhielt Klavierunterricht und schon in jungen Jahren erlernte er
die französische
Sprache. Laut eigenen Aussagen - (Wassermann-Geborene neigen zu
verschleiernden
Übertreibungen, können Peinlichkeiten nicht unumwunden eingestehen und
fallen
bisweilen durch die mangelnde Grazie ihrer Bewegungen auf) - verübte er
bereits
im Alter von fünf Jahren einen Selbstmordversuch.
Sein Umfeld interpretierte
dieses Ereignis, bei dem er in einen Teich hineingeraten war, freilich
schlicht
als "Geistesabwesenheit". Weitere, ähnlich zu beurteilende
Situationen sind überliefert, in denen er sich einem Pferd und einer
Straßenbahn
in den Weg geworfen haben soll.
Vielerlei Faktoren wie das problematische Hassliebe-Verhältnis
zur unnahbaren, gefühlsmäßig überforderten Mutter, die Rolle der
Gouvernante
als Mutter-Ersatz, die mehr als geschwisterliche
Beziehung zur jüngeren
Schwester Gretl, die frühe Bekanntschaft mit berauschenden
Substanzen und
Prostituierten, Georg Trakls zunehmende Absonderung vom
Menschengetümmel, sein
vorzeitiger Abgang vom Gymnasium infolge wenig berauschender Leistungen
in
Mathematik, Latein und Griechisch sowie die Lehre in der Apotheke "Zum
weißen
Engel" begünstigten die Entwicklung und Prägung einer eigenen (Sprach-)
Welt
düsterer Farbenpracht, in die man als Leser seiner Werke entweder
eindringt
oder von ihr abprallt.
Anno 1908 übersiedelte Georg Trakl nach Wien, um dort in drei
Jahren Studium und Militärdienst zu absolvieren. Im Jahre 1910 starb
sein
Vater, was weitreichende Konsequenzen für die finanzielle Situation der
Familie
hatte. Unstet, getrieben und rastlos hielt es den ewig Suchenden an
keinem Ort
und zu keiner Zeit; weder beruflich noch privat konnte er Wurzeln
schlagen.
Stationen seines Weges sind u.a. Innsbruck und Berlin. Im September des
Jahres
1914 wurde die Sanitätseinheit, der Georg Trakl zugeteilt war, erstmals
eingesetzt. Die abstoßenden Grausamkeiten derer er auf den
Kriegsschauplätzen,
insbesondere bei der "Schlacht bei Grodek"
ansichtig wurde, überlasteten das sensible Gemüt des Dichters endgültig
und
er unternahm während des Rückzugs einen Selbstmordversuch, den er
überlebte.
Hierauf wurde er in die Psychiatrische Abteilung des Garnisonsspitals
gebracht,
wo er am 3. November 1914, 27jährig, an einer Überdosis Kokain starb.
Viel Sekundärliteratur wurde und wird über das Idealbild
eines neurotischen Systems zwischen Genialität und einer sexuellen
Jugendsünde,
über Grenzgänge, die in gewisser Hinsicht Merkmale der Wesenszüge
einiger
Gestalten aus Dostojevskijs
Werk aufweisen und über Trakls unbefriedigtes
Kasteiungsbedürfnis verfasst. Ausufernde Betrachtungen dieser Art mögen
somit
getrost einer anderen Zunft vorbehalten bleiben.
Weitere interessante Ansatzpunkte sind:
- Georg Trakls kreativ-experimenteller Umgang mit (in alfabetischer
Reihenfolge)
Alkohol, Chloroform (d. i. Trichlormethan; ein Inhalationsanästhetikum),
Kokain,
Morfium, Opium und Veronal (d. i. Diethylbarbitursäure; ein lang
wirkendes
Schlafmittel) im Erkunden innerlicher und äußerlicher Grenzen. Diese
Substanzen können ohne langwierige Umschweife einen Zustand
herbeiführen, der
dem Abtöten des Leibes in der Askese ähnelt, wodurch der Rausch als
Jenseitserfahrung und als Antizipation des Todes erlebbar wird und die
gegenwärtige
Lebens(um)welt zum Schweigen bringt.
- Die Existenzfilosofie: Unter ihrem Einfluss wurde der Tod in der
protestantischen, insbesondere jedoch auch in der katholischen Theologie
Ende
und Vollendung zugleich. Aus dieser Perspektive betrachtet, wird der Tod
zum
zentralen Bezugspunkt für das menschliche Leben, und Verzweiflung wird
als
unerlässliche menschliche Erfahrung (oder auch als Methode) bezeichnet.
- Die Astrologie: An dieser Stelle soll das Wesen der
Wassermann-Geborenen im
allgemeinen und ansatzweise jenes von Georg Trakl im besonderen ein
wenig
definiert werden. Aus dem Bedürfnis, immerfort außergewöhnlich,
abwechslungsreich, bevorrechtet, bizarr scheinen/sein zu wollen,
resultieren
bisweilen höchst widersprüchliche Verhaltensweisen, die zu Isolation,
gefährlicher
Selbstüberschätzung und Unberechenbarkeit führen können. Der Wassermann
ist
in seinem eigenen Ideengebäude und in der Veränderung als Zustand
zuhause,
getrieben von Originalität und Wissensdurst, einfallsreich und
erfinderisch,
schlagfertig und skurril, verspürt eine latente Antihaltung, extremen
Freiheitsdrang und Sehnsucht nach größtmöglicher Nähe zugleich. Hinzu
kommt
die Scheu beziehungsweise das Unvermögen, eigene Gefühle im
zwischenmenschlichen Umgang offen zu zeigen.
Mag sein, dass aus ebendiesem Grund unter den Schriftstellern
besonders viele Wassermänner zu finden sind ... (was auch umgekehrt
gilt).
Und hier
gibt es einige Werke des düsteren Salzburgers,
des todesträchtigen Trakl zu lesen ...
(kre)
Literaturtipp:
Rüdiger Görner: "Georg Trakl" zur Rezension ...