Koste mit Verstand

Für die lüsterne Seele gibt`s Weine der Verdammnis:
Der Sinnensklave torkelt so vom Weg.
Für den reinen Geist gibt`s Wein der Gottesfreude:
So findet er das Haus, das niemand je verlassen würde,
Und reißt in seiner Trunkenheit das Zelt des Himmels auf
Und schlägt den Pfad ein, der ihn aus allem Raum trägt.
Fall nicht, mein Herz, auf jeden Rausch herein!
Jesus berauscht sich am Geliebten - Langohr am Hafer.
Prüfe die Weine gut; der eine ist trüb und heftig,
Der andere - richtige - rein wie eine lautere Perle.
Koste bedächtig, Zecher, koste mit Verstand,
Dass du den unverfälschten Rebsaft findest!
Beiderlei Weine machen trunken; heiliger Rausch
Führt dich jedoch zum Herrn der Wahrheit, reißt dich
Aus allem Meinen, Grübeln, sinnlosen Pläneschmieden,
Während dein Geist, erleuchtet, seinen Weg geht,
Wie ein Kamel gemessen Fuß vor Fuß setzt.


(aus dem "Masnawi" von Rumi)