Traum und Leben
Es glühte der Tag, es glühte
mein Herz,
Still trug ich mit mir herum den Schmerz.
Und als die Nacht
kam, schlich ich fort
Zur blühenden Rose am stillen Ort.
Ich nahte mich leise und stumm
wie das Grab;
Nur Tränen rollten die Wangen hinab;
Ich schaut in den Kelch der Rose hinein -
Da glomm`s hervor, wie ein glühender Schein. -
Und freudig entschlief ich beim
Rosenbaum;
Da trieb sein Spiel ein neckender Traum:
Ich sah ein rosiges Mädchenbild,
Den Busen ein rosiges Mieder umhüllt.
Sie gab mir was Hübsches, recht
goldig und weich;
Ich trug`s in ein goldenes Häuschen sogleich.
Im Häuschen, da geht es gar wunderlich bunt,
Da dreht sich ein Völkchen in zierlicher Rund`.
Da tanzen zwölf
Tänzer, ohn` Ruh` und Rast,
Sie haben sich fest bei den Händen gefaßt;
Und wenn ein Tanz
zu enden begann,
So fängt ein andrer von vorne an.
Und es summt mir ins Ohr die
Tanzmusik:
"Die schönste der Stunden kehrt nimmer zurück,
Dein ganzes Leben war nur ein Traum,
Und diese Stunde ein Traum im Traum." -
Der Traum war aus, der Morgen
graut,
Mein Auge schnell nach der Rose
schaut -
O weh! statt des glühenden Fünkleins steckt
Im Kelche der Rose ein kaltes Insekt.