Die Kartenlegerin
Schlief die Mutter endlich ein
Über ihrer Hauspostille?
Nadel, liege du
nun stille,
Nähen, immer Nähen, nein,
Legen will ich mir die Karten,
Ei, was hab ich zu erwarten,
Ei, was wird das Ende sein?
Trüget
mich die Ahnung nicht,
Zeigt sich einer, den ich meine,
Schön, da kommt
er ja, der eine,
Coeur-Bub kannte seine Pflicht.
Eine reiche Witwe? Wehe.
Ja, er freit sie, ich vergehe,
O verruchter Bösewicht.
Herzeleid
und viel Verdruß,
Eine
Schul', und enge Mauern.
Karo-König, der bedauern
Und zuletzt
mich trösten muß.
Ein Geschenk auf artge Weise,
Er entführt
mich, eine Reise,
Geld und Lust im Überfluß.
Dieser
Karo-König da
Muß ein Fürst sein oder König
Und es fehlt daran nur wenig,
Bin ich selber Fürstin ja.
Hier ein Feind, der mir zu schaden
Sich
bemüht bei seiner Gnaden,
Und ein Blonder steht mir nah.
Ein
Geheimnis kommt zu Tage,
Und ich flüchte noch beizeiten,
Fahret wohl,
ihr Herrlichkeiten,
O, das war ein harter Schlag.
Hin ist einer, eine
Menge
Bilden um mich ein Gedränge,
Daß ich sie kaum zählen mag.
Kommt das dumme Fraungesicht,
Kommt die Alte da mit Keuchen,
Lieb und Lust mir zu verscheuchen,
Eh, die Jugend
mir gebricht?
Ach, die Mutter ist's, die aufwacht,
Und den Mund zu schelten aufmacht.
Nein, die Karten lügen nicht.
(von Adelbert von Chamisso)