(...) Es war vielleicht kurz vor zwölf Uhr nachts, als ich, der beim Marschieren immer den Kopf drunten am Boden hatte, plötzlich ein riesengroßes, schwarzes Gebäude nur wenige Schritte von der Landstraße vor mir auftauchen sah; dasselbe schien, soweit man bei der Dunkelheit urteilen konnte, aus mächtigen Quadern sehr solid gefügt, war mehrere Stock hoch, hatte diverse Hinter-Bauten, Remisen, Maschinen-Häuser, Schornsteine, kurz, eine weitläufige, offenbar industrielle Anlage. Ich sah kein Licht; trotzdem war ich fest entschlossen, mich anzumelden; ein fein bekiester Weg führte von der Landstraße zum Eingangstor. Hübsche Anlagen rechts und links bewiesen eine gewisse Wohlhabenheit des Besitzers ebenso wie dessen Kunstsinn und Liebe zur Natur. Ich läutete. Ein schneidendheller Ton fuhr durch das ganze Haus, dessen Gänge und Korridore, nach dem Echo zu schließen, gewaltige gewesen sein mußten. 'Das wird eine schöne Störung verursachen!' dachte ich mir. Aber zu meiner größten Überraschung hörte ich sogleich Tritte in meiner nächsten Nähe; eine Türe wurde aufgemacht; ein Schlüsselbund raschelte; im nächsten Moment öffnete sich das schwere, braun angestrichene Einfahrts-Tor, und vor mir stand ein schwarzes kleines Männchen mit freundlichem, glattrasiertem Gesicht und frag mich mit einer stummen Geste nach meinem Begehr. – "Entschuldigen Sie die Störung so spät in der Nacht", - sagte ich - "was ist das wohl für ein Haus?" - "Eine Menschenfabrik." Nun bitte ich den Leser, bevor wir weitergehen, sich durch nichts, durch keine Frage, Antwort oder Bemerkung, und wäre sie die verrückteste, davon abhalten zu lassen, diese Geschichte zu Ende zu lesen. Wir hören, sehen oder lesen im Leben oft viel sonderbarere Dinge, als die obige Antwort anzudeuten scheint, ohne gleich davonzulaufen oder das Buch zuzuschlagen. Hauptsache ist, daß man nicht den Kopf verliert, die Fakta ruhig auf sich einwirken läßt und dann eine Verständigung sucht. Zur Sache selbst möchte ich bemerken, daß, wenn in einem zusammengesetzten Substantiv das eine Wort zur näheren Erläuterung oder Erklärung des anderen dient, dieses letztere meist subjektivisch zu nehmen ist, während das erste am besten durch einen Relativ-Satz aufgelöst wird. Da ich nun keinen Grund hatte, anzunehmen, daß in diesem merkwürdigen Haus andere grammatikalische Regeln herrschen als in den übrigen deutschen Landen, so verstand ich unter "Menschenfabrik" eine Fabrik, in der Menschen fabriziert werden. Und das war ganz richtig. Und nun will ich den Gang der Erzählung nicht länger aufhalten, als ich selbst sprachlos und wie niedergedonnert vor dem kleinen Männchen dastand, unfähig, kaum einen Gedanken zu fassen, geschweige eine passende Rede vorzubringen, bis der freundliche Alte, nicht im mindesten ungehalten über meine Zögerung, mich durch eine Handbewegung aufforderte, einzutreten. Ich trat nun in den Hausflur und brachte so viel durch Sammlung meiner Gedanken zuwege, daß ich, ihm in die Augen blickend, sehr höflich bemerkte: "Sie meinen das nur bildlich!? - Sie wollen damit nicht sagen, Sie fabrizieren Menschen!?" - "Ja, wir machen Menschen!" - "Sie fabrizieren Menschen? Was heißt das?" rief ich jetzt aufs höchste erregt. Im geheimen aber stieg in mir ein Gedanke auf, daß es mit dem Mann oder mit dem Haus nicht in Ordnung sein könne. Der alte Mann schien meine Verwunderung nicht zu bemerken oder nicht zu beachten, sondern sagte, auf eine Glastür hinweisend, zu der wir inzwischen weiterschreitend gekommen waren, "Bitte, wollen Sie hier eintreten!" - "Menschen," - rief ich - "das kann nicht wörtlich zu nehmen sein, das ist ein Bild, eine Redeblume, Sie können nicht Menschen machen wollen, wie man Brot macht?!" - "In der Tat," - rief das alte Männchen fast freudig und gar nicht alteriert, etwa im Tone, wie der Kustos einer Galerie sagt: Ja, das berühmte Bild, nach dem Sie fragen, das ist bei uns - "in der Tat, ich akzeptiere Ihren Vergleich - wir machen Menschen, wie man Brot macht." - Wir waren in einen mit breiten Stein-Fliesen belegten Korridor gekommen: in den Fenster-Ecken, die zum Hof hinausführten, standen große hölzerne Spucknäpfe, mit fleckigem, weichem Sägmehl aufgefüllt; man konnte schließen, daß hier bei Tag viele Leute vorbeipassieren. Alles trug den Charakter der Salubrität und rationellen Bewirtschaftung; die Wände frisch geweißt, die Bemalung einfach, aber sorgfältig. – Ich schaute mir noch einmal den alten Mann an; er schien so nüchtern, fleißig, benevolent zu sein; sein Alter und seine Gemessenheit schienen jede Neigung zu Phantastik oder dummen Scherzen auszuschließen. Ich kratzte mir im Ohr herum, ob sich dort ein Sieb befände, welches die Worte und ihren Gehalt verstelle. - "Menschen!" - sagte ich zu mir - "Menschen" - sagte ich dann ganz laut - "machen Sie; aber wozu? Zu welchem Zweck? Zugegeben, Sie machen sie; aber wozu Menschen machen, wenn sie kostenlos täglich zu Hunderten geboren werden? Was sind Ihre Art von Menschen? Wie kommen Sie zu der ganz ungeheuerlichen Idee? Wer sind Sie? Sind Sie ein im Mittelalter stehengebliebener Phantast und brüten über zauberische Theoremata eines Dr. Faustus, die die Neuzeit längst vergessen? Wo bin ich hingeraten? Bin ich zu weit ostwärts gekommen in eine orientalische Zauberküche? Oder bin ich in einem abendländischen Narrenhaus? Reden Sie! Wiederholen Sie Ihre Antwort! Was ist das für ein Haus?" - Mein Begleiter schien über die Flut meiner erregten Fragen nicht im mindesten bestürzt; er sah ruhig vor sich auf den Boden hin, als kontrolliere er die Genauigkeit der Arbeit des Steinlegers, eine Gleichgültigkeit, die mich noch erregter und furchtsamer machte, und sagte dann mit einiger Gemessenheit: "Sie stellen in einem Atemzug viele Fragen. Ich will versuchen, sie von rückwärts zu beantworten. Aber ich mache Sie gleich darauf aufmerksam: Durch Sehen und Beobachten werden Sie auf unserem Rundgang mehr begreifen und kennenlernen, als ich erklären und Sie fragen können. Also nochmals: Dies Haus ist eine Fabrik!" - "Und Sie fabrizieren?" - ergänzte ich fast schnaubend. - "Menschen!" - Menschen, Menschen, sagte der Mann mit unverbrüchlicher Ruhe. Ich versank in ein tiefes Hinbrüten, das mein Begleiter nachsichtig genug war, nicht zu stören. Alle die hundert Fragen, die sich an ein so plötzlich einem in den Weg geworfenes Wort wie "Menschenfabrik" sternschnuppenartig anschließen, zogen gedrängt durch mein Inneres, weil die Zunge sie nicht rasch genug zu bewältigen vermochte. Menschen, sagte ich zu mir selbst, gut! Der Gedanke ist nicht schlecht; aber wozu sie fabrizieren, und mit welchen Hilfsmitteln? Mein Begleiter nahm mich sanft beim Arm und wollte in den ersten Saal treten. "Halt! - Noch eine Frage," - rief ich - "bevor wir weitergehen: Tun Ihre Menschen denken?" - "Nein!" - rief er sofort mit dem Ton absolutester Sicherheit und nicht ohne den Ausdruck freudiger Erregung, als habe er die Frage erwartet oder sei froh, sie verneinen zu können. - "Nein!" - rief er - "das haben wir glücklich abgeschafft!" - "Damit gewinnt Ihre Neuerung außerordentlich für mich an Interesse," - bemerkte ich und fuhr gleich darauf fort: "Ich habe einen Menschen gekannt, der denken mußte, - der contre cœur, ohne Neigung, ohne Beruf genötigt war zu denken - und zwar Dinge, die nicht er, sondern die sein Kopf wollte - also nicht unter einer äußeren, erziehlichen Notwendigkeit, sondern aus einem innern Antrieb, mit dem er sich ebenso identifizieren mußte wie mit seinen Gedanken; er mußte seine Gedanken contre cœur anerkennen, ich sag' Ihnen: eine Komplikation ..." - "Kenn' ich," - fuhr das auf einmal lebhaft gewordene Männchen dazwischen - "kenn' ich, weiß ich, wir sind vollständig orientiert über die Bedürfnisse des Jahrhunderts, wir wissen, wo es unserer Rasse gebricht, wir haben das Neueste! ..." - Diese letztere kaufmännische Wendung machte mich wieder nüchtern und daneben mißmutig und mißtrauisch. - Wir traten in einen der großen Parterre-Säle, aus dem uns ein heißer Schwaden entgegenschlug. Alles war reichlich beleuchtet. In den Ecken mehrere mit Ton verschmierte, kapselförmige Öfen mit Gucklöchern. Bevor wir bis zur Mitte des Saales gelangt waren, kam aus dem Nebenzimmer ein Arbeiter im verstaubten Gewand mit einer Laterne in der Hand heraus, und ohne über meine Anwesenheit im mindesten erstaunt zu sein, sagte er: "Herr Direktor, soeben haben wir den Chinesen herausgebracht." - "So," - antwortete mein Begleiter mit fast väterlicher Milde - "sind die Augenschlitze gut ausgefallen?" - "Etwas glasig!" - meinte der Arbeiter. - "Glasig?" - wiederholte das alte Männchen erstaunt, aber nicht unfreundlich - "das tut mir leid. Lassen Sie ihn jetzt sich erst ausschnaufen; mit den Augen wollen wir sehen, was zu machen ist." Der Arbeiter entfernte sich mit einer zustimmenden Kopfbewegung. - "Sie scheinen die ganze Nacht hindurch zu arbeiten?" - sagte ich mit dein Ton des Grausens über das eben Gehörte. - "Die Prozedur erlaubt keine Unterbrechung!" entgegnete das Männchen. - "Und Sie scheinen sich nicht auf das Nachmachen der Leute Ihrer eigenen Nation oder der Völker des Abendlandes zu beschränken! Sie greifen bis in den Orient hinein!" - "Die sind jetzt sehr beliebt!" - "Beliebt, sagen Sie, was soll das heißen? Beliebt! Sie können nicht damit meinen, daß Ihr verbrecherisches Fabrikat bei den Menschen der alten Zunft gut aufgenommen werde!" - Und nach einer Pause brach ich mit neuer Vehemenz los: "Um Gottes willen, sagen Sie mir, was das alles heißen soll. - Fürchten Sie sich nicht vor dem allmächtigen Schöpfer des Weltalls? - Wollen Sie dem lieben Gott Konkurrenz machen? - Wird sich dieses freche Fabrikat nicht wie eine Parodie ausnehmen? - Mit welchen Gesichtern müssen sich Abkömmlinge zweier derartig verschiedener Rassen auf der Straße begegnen?! - Muß der Kontrast nicht größer und vor allem entsetzlicher sein als zwischen einem Weißen und einem Polynesier, beide Gottesgeschöpfe!? - Mit welchem Mißtrauen muß ein Mensch der alten Erde an ein solch neues, künstlich geschaffenes Wesen herantreten, es beriechen, betasten, um seine geheimen Kräfte herauszubekommen! - Und wenn die neue Rasse nach einem bestimmten, reif überdachten Plan gemacht ist, besitzt sie vielleicht größere Fähigkeiten als wir, wird im Kampf ums Dasein den alten Erdenbewohnern überlegen sein! - Ein fürchterlicher Zusammenstoß muß erfolgen! - Denkt die neue Rasse nicht, wie Sie vorhin erwähnten, schafft sie nur nach ihrer spezifischen, ihr eingeimpften Anlage, die maschinenmäßig zum Ausdruck kommt, wie kann sie verantwortlich für ihre Fehler gemacht werden?! - Die Moral, als Grundlage unseres Denkens und Handelns, hört auf! - Neue Gesetze müssen geschaffen werden! - Eine gegenseitige Aufreibung der beiden Klassen wird unvermeidlich sein! - Was haben Sie getan!? Was haben Sie unternommen?! - Was ist Ihr Ziel? - Ein Umsturz der gegenwärtigen Gesellschafts-Ordnung!" - Mein Begleiter blickte mich nach diesem neuen Fragen-Schwall sanft und beruhigend an und meinte nach einiger Zeit: "Die neue Rasse - sind Sie dessen versichert - wird sich nicht in der Welt breitmachen und nicht in einen Wettkampf mit ihren Brüdern und Schwestern nobler Abkunft treten. Sie wird ruhig bei Ihnen im Salon sitzen, anspruchslos und bescheiden. Und Sie, die alten Menschen, werden sich in heiterer Anschauung dieser glänzenden, schöpfungsfrischen Wesen begeistert und gehoben fühlen. Deswegen kann ich Ihnen nur raten, sich eine nicht zu kleine Anzahl dieser feinen Geschöpfe zu erwerben." - "Erwerben!" - entgegnete ich - "wie soll das geschehen?" - "Wir verkaufen sie. - Zu was wäre die Fabrik da?! - Und wovon sollte sie bestehen, da unsere fabrizierte Rasse nichts arbeitet, nichts verdient und an und für sich höchst teuer herzustellen kommt!" - Ich wurde sichtlich beruhigt durch diese letzte Erklärung und schämte mich fast meiner explosiven Fragen von soeben. - Wir schritten auf einen der größeren Öfen in der Ecke zu. - "Natürlich," - sagte mein Begleiter - "der Prozeß ist Geheimnis! - Wir nehmen Erde dazu, wie der Schöpfer des ersten Menschenpaares im Paradies, wir mischen sie, wir manipulieren mit ihr, wir lassen sie verschiedene Wärme- und Hitzegrade durchmachen - und das alles kann ich Ihnen zeigen -, aber den eigentlichen Kernpunkt, das Beleben und besonders das Erwachen unserer Menschen ist Fabrik-Geheimnis." - "Ich will Ihre infernale Kunst nicht kennen," entgegnete ich, "und ich wollte, Sie kennten sie auch nicht," fügte ich hinzu; "jährlich vielleicht Tausende von Kreaturen in die Welt zu setzen, die nichts weiter sind wie Faulenzer ..." - "Bitte, beobachten Sie einmal diese Formen!" - unterbrach mich der kleine Direktor, ohne auf meine letzte Bemerkung einzugehen. Ich sah durch das Guckloch. In einem anscheinend feuchtwarmen, von der Außenluft abgeschlossenen Baderaum lag ein wunderschönes Mädchen, anscheinend schlafend, halb bekleidet, an einem künstlichen Rasengrund angelehnt, aber alles ganz weiß, wie aus feuchtem Ton erst hergestellt und augenscheinlich unvollendet; Formen, Positur, Draperie, die Füßchen, Schuhe, die durchbrochenen Strümpfe, der Spitzen-Besatz, alles in reizender Harmonie und mit künstlerischer Vollendung. - "Wenn Sie jetzt noch etwas auszusetzen haben," sprach der Direktor vom anderen Guckloch her, welches er eingenommen hatte, "so ist's jetzt noch Zeit; jetzt ist alles noch weich, eindrucksfähig, dehnbar; sind die Augen einmal fertig, erscheint die Röte des Herzschlages auf ihren Wangen, erwacht sie, dann ist es zu spät; dann ist sie, was sie ist, ein Mädchen, heiter, launisch, kokett, eigensinnig, dick, dünn, schwarz, brünett, mit allen Fabrikfehlern."

Was mir auffiel, war, daß die Kleider anscheinend fest mit dem Körper verbunden waren. Ich teilte dem Direktor mein Bedenken mit, mit dem Bemerken, daß es für das arme Kind schwer sei, bei der Unwandelbarkeit seiner Formen immer die richtigen Kleider zu finden. - "Kleider bedarf es keine", antwortete er. - "Wie, Sie müssen ihr doch die Wäsche wechseln lassen!" - "Wir kreieren Wäsche und Kleider im Schöpfungsakt mit, und zwar ein für allemal."- "Das ist doch das Wahnsinnigste, was ich je gehört habe! - Sie erschaffen also angezogene Menschen?" - "Gewiß!" - "Und die so erschaffenen Menschen bleiben angezogen ihr ganzes Leben?" - "Natürlich! Es ist doch einfacher! Die Kleider bilden einen Teil der Gesamt-Konstitution!" - "Denken Sie nur an die Ausdünstung, um von allen andern Fragen abzusehen!" - "Die haben wir auf ein Minimum vermindert! - Übrigens kann ich auf diesen Punkt nicht näher eingehen, da er an den innersten Kern, sozusagen an das geheime Lebensprinzip unserer Menschen rührt." - Wir gingen langsamen Schrittes vom Ofen weg; ich nachdenklich und fast verwirrt wie immer. - "Wenn ich's recht überlege," - bemerkte ich endlich - "die Prinzipien bei Ihrer Menschen-Erzeugung sind nicht so übel. Sie statten jeden Ihrer Menschen beim Schöpfungsakt mit einer bestimmten Anzahl körperlicher und geistiger Güter aus, und die lassen Sie ihnen auch unveränderlich." - "Natürlich!" - fiel mir das alte Männchen fast feurig in die Rede und wie erfreut, daß ich endlich seinen leitenden Gedanken erfaßt. - "Natürlich! Bei den heutigen schwankenden Zeitverhältnissen, bei der Unzuverlässigkeit der meisten Menschen, der Zweifelsucht, der Schwierigkeit der Wahl des Berufs, dem Zaudern und Zögern auf allen Gebieten mußte sich schließlich das Bedürfnis einstellen, Menschen zu haben, von denen man weiß, was sie sind, was sie für Anlagen haben, welchem Temperament sie zuneigen und daß Anlagen und Temperament sich unverbrüchlich gleich bleiben. Wir statten unsere Menschen bei der Geburt mit einer nach den besten Mustern hergestellten Kollektion geistiger und leiblicher Vorzüge aus, und die verbleibt ihnen unter allen Umständen. Ich versichere Sie - unter uns gesagt -, unsere künstlich erzeugten Menschen sind mir lieber als die alte, berühmte Menschenrasse!" - "Aber die Willensfreiheit!" - entgegnete ich. - "Die ist bei den andern auch nur ein Hirngespinst!" disputierte das Männchen weiter! - "Aber die süße Täuschung, sie zu besitzen!" - "Ihren Verlust spürt meine Rasse auch nicht!" - "Die Philosophen," - bemerkte ich kopfschüttelnd - "wenn Sie das Denken abschaffen! Die Philosophen werden mit Ihrer Fabrik-Arbeit sich nicht befreunden können." - "Sagten Sie nicht selbst, Verehrtester, vor einer Viertelstunde, daß das Denken eine der lästigsten Operationen bei der alten Rasse sei?" - "Ja, ja, es ist oft bitter, aber halt doch schön!" - "Sie sind ein Schwärmer, ein Idealist, ohne feste kaufmännische Prinzipien!" bemerkte der Alte etwas kurz und ging voraus, mir damit andeutend, daß ein Fallenlassen des Gegenstandes ihm erwünscht sei. - Wir durchschritten einige Säle, in denen es stark nach Kampfer, Kräutern und Essenzen roch und wo umherliegende Instrumente der merkwürdigsten Art andeuteten, daß hier fortwährend fleißig gearbeitet werde. Namentlich überraschte mich ein sorgfältig verschlossener Glaskasten, in dem fertig gebildete Körperteile, wie Herzen, Ohren, Fingerglieder, mörtelartig, wie aus Urstoff geformt, zu sehen waren; daneben aber auch merkwürdigerweise Attribute, Symbole, wie Pfeile, Kronen, Waffenstücke, Blitze und dergleichen. (...)


(Aus "Die Menschenfabrik" von Oskar Panizza.)