Orgasmus. Es gibt wohl kaum ein Wort,
mit dem man so leicht Aufmerksamkeit erregen kann, wie mit diesem. Vielleicht
noch mit dem Ausruf "Feuer!" in einer eingeschlossenen Menschenmenge. Das seltsame
Wort packt uns in unserer Kreatürlichkeit, es ruft einen Schwall an widerstreitenden
Empfindungen hervor. Der Höhepunkt der Wollust beim Geschlechtsakt steht für
das, wonach wir alle streben, aber er ist auch Symbol für das absolut Verpönte,
über das man in der Öffentlichkeit am liebsten das Mäntelchen des Schweigens
hüllt.
Ein Orgasmus ist das vollkommenste Glück, die größtmögliche Form der Sinnesfreude.
Er ist der Triumph des Lebens, er macht unseren Genen Hoffnung auf Unsterblichkeit.
Er ist eine unbändige Naturgewalt, die unsere geheimsten Gedanken und Sehnsüchte
in ihren Bann hineinzieht. Er kann Leidenschaft, Sucht und Wahn entfachen. Er
bindet und zerstört Ehen,
er beschäftigt das älteste Gewerbe der Welt,
und seine verführerische Macht garantiert seit undenklichen Zeiten unsere Arterhaltung.
Jeder von uns ist das letzte Glied einer unendlich langen Reihe von Ahnen, von
denen jeder einzelne diesem Lockruf der Ekstase folgte. Der Orgasmus schenkt
uns intensivste Verbundenheit, aber er kann uns auch in einsame Verzweiflung
stürzen. Er trägt die Verantwortung für unzählige
Vergewaltigungen,
Morde und Geschlechtskrankheiten, und er hat uns möglicherweise sogar Kriege
eingebrockt.
Es gibt wenige Vorstellungen, die so viel freudige Erregung schüren, wie die
Aussicht auf den Orgasmus mit einem begehrenswerten Liebespartner. Sie übertönt
die meisten Ängste und Sorgen, sie drängt alle anderen Ambitionen und Wünsche
in den Hintergrund. "Wenn Menschen satt sind und etwas zum Anziehen haben, dann
denken sie an Sex", wusste schon
Konfuzius.
Doch selbst jene, die hungern und Lumpen tragen, haben scheinbar nur das eine
im Sinn. Menschen, die am Honigtopf der Wollust naschen wollen, begehen dafür
die größten Dummheiten und setzen vor Verlangen ihre Zukunft und ihre Würde
aufs Spiel. So musste der US-Präsident
John F.
Kennedy eine Rückenstütze tragen, weil ihm während einer Sexorgie im Weißen
Haus ein Muskel gerissen war. Die seltsam starre, aufrechte Haltung, die ihn
auf vielen Fotos und in Filmen auszeichnet, wurde in Wirklichkeit durch dieses
Korsett diktiert. Als die erste Kugel seines Mörders Lee Harvey Oswald ihn in
Dallas erwischte, hinderte die Rückenstütze den Präsidenten daran, den tödlichen
Folgeschüssen auszuweichen. In diesem Sinne hat ihn ein Orgasmus ums Leben gebracht.
Sein Amtsnachfolger
Bill Clinton
dagegen musste für ein paar schnelle Nummern im "Oral Office" mit der Degradierung
zur Witzfigur bezahlen. Wir können nicht einmal ahnen, wie viele Dramen - und
Schmierenkomödien - die genitale Genusssucht in kleinen, privaten Existenzen
in Gang gesetzt hat.
Der ungezügelte "Orgasmushunger" beflügelt seine Opfer zugleich aber auch zur
intellektuellen Spitzenleistung. Aus Gier nach sexueller Erfüllung haben Menschen
sich immer schon das Hirn zermartert -
und dabei die bedeutendsten Werke des Geistes und der Kunst hervorgebracht.
Für alles, was geschieht, sind
Gefühle verantwortlich und der Orgasmus ist das
ultimative Hochgefühl. Nach der Theorie von
Sigmund Freud beruht unsere gesamte
Kultur darauf, dass die Zeitgenossen ihre "niederen" Triebenergien in eine "wertvollere"
Form umwandeln ("sublimieren"). Doch die Evolutionsbiologie
hat in den letzten Jahren den Blick dafür geschärft, dass der Wunsch nach roher,
unveredelter Wollust den wichtigsten Motor des geistigen Schaffens darstellt.
Der Orgasmus kann als "Vater aller Dinge" gelten!
(Aus "Vom Höchsten der Gefühle" von Rolf Degen.)
Rolf Degen präsentiert das aktuelle
Wissen der Orgasmusforschung.
Der Orgasmus ist das Moment, das die Welt im
Innersten zusammenhält. Er garantiert seit Äonen unsere Arterhaltung, er bindet
und zerstört Ehen, er ernährt
das
älteste Gewerbe der Welt. Wir alle existieren, weil unzählige Vorfahren
einen Orgasmus haben wollten. Rolf Degens in ihrer Form bisher einzigartige
Gesamtdarstellung geht der Frage nach, welche verschiedenen Zwecke der Orgasmus
erfüllt, wo und wie er im Gehirn entsteht und weshalb die Gattung Mensch auch
den Weibchen diesen Luxus gönnt. Weshalb es trotzdem nicht immer dazu kommt
und warum viele Menschen darunter leiden, zu wenig davon zu haben, wird ebenso
diskutiert wie die kontroverse Geschichte der
Masturbation. Degens Kompendium
der Orgasmus-Forschung begibt sich auf die Suche nach den gesundheitlichen Nutzen
und Risiken des Höhepunkts, handelt von multiplen Orgasmen und vorzeitigen Ejakulationen,
von Freuds Vaginal-Theorien und den Problemen, die die Weltreligionen vor allem
mit der Lust der Frau hatten und immer noch haben.
Ein Buch, das den Leser in Atem hält, weil es den Orgasmus als
Menschheits- und Naturrätsel porträtiert und die aufregendsten Antworten aus
Biologie, Psychologie, Medizin- und Kulturgeschichte auf dieses Mysterium
schildert. (Eichborn)
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