(...)
"Und wie weit sind sie inzwischen mit der neuen Regierung?" fragte
Tatarski. "Man kommt ja um vor Langeweile."
"Dauert nicht mehr lange. Jelzin ist schon fertig, übermorgen entlassen
wir ihn aus dem Kremlkrankenhaus. Er ist völlig neu digitalisiert worden,
in
London. Bei Madame Tussaud stand noch eine Wachsfigur von ihm im
Schrank. Das ist nun schon die dritte Totalrestauration, du kannst dir nicht
vorstellen, wie die Leute ihn satt haben. Und für die anderen wird fleißig
an den NURBS gewerkelt. Komischerweise scheint eine ziemlich linke Regierung
rauszukommen, mit kommunistischer Beteiligung. Da hat die Oralabteilung ihre
Finger im Spiel. Aber eigentlich mache ich mir wenig Gedanken - es kann für
uns nur leichter werden. Fürs Volk genauso: eine Identität für
alle und Butter auf Marken. Nur Sasha Blo hält mal wieder alle auf mit
seiner russischen Idee."
"Nun mal langsam!" Tatarski sträubten sich die Nackenhaare. "Willst
du mir einen Schreck einjagen? Wer wird denn der nächste, nach Jelzin?"
"Der, der die meisten Stimmen kriegt, natürlich. Was dachtest du?
Bei unseren Wahlen geht es genauso pingelig zu wie
in
den USA."
"Haben wir das wirklich nötig?"
"Nötig haben wir das bestimmt nicht. Aber sonst würden sie uns
den neuen Render nicht verkaufen. Die haben ein novelliertes Handelsgesetz -
alles hat so zu sein wie bei ihnen. Total hirnverbrannt."
"Was geht die das überhaupt an?" Ich meine, was bringt ihnen
das?
"Wahlen kosten viel Geld"; sagte Morkowin finster. "Sie wollen
unsere Wirtschaft
ruinieren, das ist es. Zumindest gibt es Leute, die das behaupten. (....)
(aus
"Generation P" von Viktor Pelewin;
Verlag Volk&Welt)