(...)
"Gibt es irgend etwas, woran du glaubst?" fragte er.
"Nein."
"Na schön", sagte Asadowski und vertiefte sich wieder in seine
Papiere, er hielt jetzt einen vorgedruckten Fragebogen in der Hand. "Was
haben wir noch? Politische Ansichten. Wie sieht es damit aus? Hier steht: upper
left. Was soll das verdammt noch mal heißen? Soweit sind wir gekommen
- demnächst werden die Unterlagen überhaupt nur noch in Englisch abgefaßt.
Also, wie siehst du dich politisch?"
"Linker Rechtszentrist", sagte Tatarski. "Und das radikal."
"Konkret heißt das?"
"Konkret? Sagen wir so: Ich mag es, wenn das Leben große Titten hat.
Aber die sogenannte Kantsche Titte an sich läßt mich völlig
kalt, wie viel Milch in ihr auch plätschert. Das unterscheidet mich von
selbstlosen Idealisten wie Gaidar."
Das Telefon klingelte. Asadowski unterbrach mit einer Geste das Gespräch.
Den Hörer am Ohr, lauschte er minutenlang wortlos, allmählich verzog
sich sein Gesicht zu einer Grimasse des Abscheus.
"Sucht weiter!" brummte er, warf den Hörer auf die Gabel und
wandte sich wieder Tatarski zu. "Also, wie war das mit Gaidar? Nur bitte
kurz, sonst klingelt gleich wieder das Telefon."
"Kurz gesagt, halte ich die
Kantsche
Titte an sich mitsamt ihren kategorischen Imperativen für mausetot.
Das einzige, was mich auf dem Tittenmarkt noch locken kann, ist die Feuerbachsche
Titte für uns. So sehe ich die Lage."
"Genauso sehe ich das auch", entgegnete Asadowski vollkommen ernsthaft,
"lieber eine Nummer kleiner und dafür Feuerbach." (...)
(aus "Generation P" von Viktor Pelewin, erschienen beim Verlag Volk&Welt)