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Während er schafft und ermahnt, wird naß die Wange des Greises;
Und es erbebt dem Vater die Hand. Noch küßt er das Söhnlein,
Das nie wieder dem Kusse sich beut; und mit Schwingen sich hebend,
Fliegt er voran, voll Angst um den Folgenden: so wie ein Vogel
Hoch aus dem Nest entführet die schwächliche Brut in die Lüfte.
Und er ermahnt den Begleiter und lehrt ihm schädliche Künste;
Selbst die seinigen regt er und schaut auf die Flügel des Sohnes.
Mancher, indem er Fische mit schwankendem Rohre sich
angelt,
Oder gelehnt auf den Stecken ein Hirt, auf die Sterze der Pflüger,
Sahe die beiden erstaunt, und wähnete, Himmlische wären's,
Welche die Luft durcheilten. Und schon die junonische Samos
War zur Linken vorbei, auch Delos geflohen, und Paros;
Rechts Lebynthos vorbei und die
honigreiche
Kalymne:
Als sich der Knabe begann des verwegenen Fluges zu freuen,
Und den Führer verließ, und, gereizt von Begierde des Himmels,
Höhere Bahn sich erkor. Die Gewalt der näheren Sonne
Weichte das duftende Wachs, das der Fittiche Spulen gefüget:
Bald war geschmolzen das Wachs; und er schwingt die nackenden Arme;
Auch nicht fängt er ein Lüftchen, entblößt der rudernden Flügel;
Und sein Gesicht, wie umsonst des Vaters Namen er ausrief,
Taucht in die bläuliche Flut, die hinfort von jenem genannt wird.
Aber der Vater voll Grams, nicht Vater noch: Ikarus, ruft er;
Ikarus, ruft er, wo bist du? wo soll ich dich suchen, du trauter
Ikarus? ruft er laut, und erblickt in den Wogen die Federn.
Und er verwünscht die eignen Erfindungen; dann in das Grabmal
Bringt er den Leib: und es trägt des Bestatteten Namen das Eiland.
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(aus den "Metamorfosen"
des Ovid)
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