Francesc Torralba: "Die Kunst des Zuhörens"
Zuhören
ist die Basis aller
Kommunikation
Dieses kleine Buch des 1967 in Barcelona geborenen Theologen und
Philosophen ist
eine wahre Fundgrube der Erkenntnis für Menschen, die ihre
Kommunikation
verbessern wollen. Dabei ist es zunächst völlig
gleichgültig, welche Art der
Kommunikation es ist, die da Not leidet und verändert werden
soll. Sei es das
Gespräch zwischen (Ehe)-Partnern, das Verhältnis
zwischen Leitungspersonen und
Angestellten im sozialen Bereich und im Dienstleistungssektor oder das
seelsorgerliche
und therapeutische Gespräch zwischen Seelsorgern,
Ärzten,
Therapeuten und ihren Klienten: Das Buch bietet für alle diese
privaten und
professionellen Situationen eine Fülle von Anregungen, vor
allem aber eine
Menge Stoff zum Nachdenken.
Denn an zahlreichen Stellen dokumentiert Torralba in seinem exquisiten
Essay,
dass Zuhören viele Facetten hat. Nicht jeder, der
zuhört, tut dies, um den Anderen
wirklich zu hören, tut es aus ehrlichem und wachem Interesse
am Gegenüber,
sondern hat diverse bewusste und noch viel mehr unbewusste Absichten,
wie er
sich im Kontakt mit einem Gesprächspartner das, was dieser
sagt, auf irgendeine
Weise zu privatem oder professionellem Nutzen machen kann.
Torralba geht mit leicht verständlicher Sprache und einem
leidenschaftlichen
Esprit durch die Geistesgeschichte. Er erzählt
von
den unterschiedlichsten Philosophen
und erläutert anschaulich, wie diese jeweils im Rahmen ihrer
philosophischen
Konzepte das Zuhören beschrieben und bewertet haben.
Quer durch das ganze Buch sind ihm zwei Dinge ein besonderes Anliegen.
Zunächst
zeigt er immer wieder, dass wirkliches Zuhören eine conditio
sine qua non eines
echten Lernens darstellt, insbesondere das Lernen über den
Anderen. Indem der
Autor dies immer wieder betont, richtet er seine und damit auch die
Aufmerksamkeit des Leser, sich stetig steigernd, auf das eigene
Verhalten, seine
Äußerungen und seine bewussten und unbewussten
Antriebe.
Ohne dass er den deutschen Philosophen ausdrücklich
erwähnen würde - das Buch
ist erquickend frei von Hinweisen und Anmerkungen - erinnert Torralbas
Insistieren
auf dem Dialog als der dem Menschsein gemäßen
Kommunikationsform stark an die
Philosophie von Jürgen Habermas, der von diskursivem
Sprachstil und
herrschaftsfreier Kommunikation als Ideal einer menschlichen und
demokratischen
Gesellschaft spricht, jedenfalls in seinen früheren
Büchern.
"Eine der wertvollsten Erscheinungen des zwischenmenschlichen
Lebens,
der Dialog, erfordert als Grundbedingung eben diesen Wechsel zwischen
Reden und
Schweigen. Nicht nur der Dialog, auch die ausgeglichene Entwicklung des
menschlichen Lebens erfordert einen Wechsel zwischen Reden und
Schweigen. Wir können
nicht ständig in Schweigen verharren, denn wir
verspüren den Wunsch, uns
mitzuteilen, uns auszudrücken, in Worten auszumalen und den
anderen nahe zu
bringen, was wir im Innersten denken. Ebenso können wir nicht
ständig reden,
denn wir bedürfen der Stille, der inneren Sammlung,
der Begegnung mit den
eigenen Gefühlen, jenen gespenstischen Gästen, die
unseren Geist behausen und
uns mit ihren Fragen bedrängen und uns Sorgen bereiten. Der
Dialog erfordert
als Grundbedingung die Praxis des Zuhörens."
Letztendlich geht es darum, dass wir erst aus den persönlichen
Mitteilungen
anderer Menschen uns selbst erfahren, bereichert werden und, wenn wir
Glück
haben, Glück
erfahren.
Nehmen Sie dieses philosophische Kleinod und ziehen Sie sich damit
zurück. Prüfen
Sie ihre eigene Kommunikation im Privatleben und im Beruf. Sie werden
mannigfaltige Anregungen und Hinweise
für Verbesserungen finden, die es Ihnen
selbst und Ihren Gesprächspartner besser gehen lassen.
(Winfried Stanzick; 12/2007)
Francesc
Torralba: "Die Kunst des Zuhörens"
(Originaltitel "L'art de saber escoltar")
Aus dem Katalanischen von Theres Moser und Jordi Müller.
C.H. Beck, 2007. 168 Seiten.
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