Klaus Egle: "Handbuch für Weinsnobs"
Ein nicht enden wollendes Abgangsfurioso
Klaus Egle führt gekonnt übers
glatte Parkett des Weinsnobismus
In Zeiten, in denen sich jeder
Marketingassistent eine Weinsammlung zulegt und Fachsimpelei über edle Tropfen
nicht nur in den "besseren" Kreisen zum überlebensnotwendigen Smalltalkarsenal
gehört, vermag kaum jemand so sehr zu beeindrucken wie der
Weinsnob.
Nicht zu verwechseln mit dem bloßen Weinkenner, dem Weinfreund
oder gar dem gemeinen Volk der Trinker, weiß sich der perfekte Weinsnob mit
nonchalant präsentiertem Insider-Wissen oder der gezielt beiläufig erwähnten
Verkostung eines gar seltenen Jahrganges direkt im "Château de Bluff" effektvoll
in Szene zu setzen. Doch schmal ist der Grat zwischen Expertentum und Angeberei,
und nur allzu leicht stolpert man in der elitären Welt des Weins in ein
gesellschaftliches Fettnäpfchen, dessen ranziger Geruch nach Dilettantismus und
Hochstapelei womöglich für immer an einem hängen bleibt.
All jene, die
sich von dieser Gefahr nicht abschrecken lassen und deren sehnsüchtigster Wunsch
es ist, bei Blindverkostungen zu brillieren, Sommeliers zu düpieren und bei
intimen Dinners so richtig Eindruck zu schinden, sollten das nun bereits in
dritter, überarbeiteter Auflage erschienene "Handbuch für Weinsnobs" griffbereit
haben. Verfasst wurde dieser humorvoller Führer von Klaus Egle, der sich mit
zahllosen Artikeln zum Thema Wein, Büchern wie "Die schönsten Weinstraßen
Österreichs", "Weinland Steiermark" oder "Lust auf Wein!" und dem alljährlich
gemeinsam mit Christoph Wagner herausgegebenen kulinarischen Guide "Wo isst
Österreich?" den Ruf eines profunden Weinkenners und -liebhabers erschrieben
hat.
Egles flott formuliertes Buch kann natürlich keineswegs nicht
vorhandene önologische Fachkenntnisse ersetzen, vermittelt aber, oft verpackt in
amüsante Anekdoten, Verhaltensregeln für vielerlei Gelegenheiten. Ob bei der
Degustation in erlesenem Kreis, der Auswahl der Gläser, dem Entkorken und
Dekantieren zu Hause oder der Bestellung im Haubenlokal, stets gibt es gewisse
Riten zu beachten, die nicht nur dem Geschmackserlebnis dienlich sind, sondern
auch dem Weinsnob eine willkommene Bühne für die Demonstration seiner
überlegenen Kennerschaft bieten.
Hilfestellung gibt es ebenso für den
korrekten und die Umgebung beeindruckenden Einsatz des oftmals fantasievollen
Fachvokabulars. Mit Begriffen wie Finesse, Komplexität und Reife, lange Abgänge,
saftige Früchte und harte Tanninstrukturen, spielerische Eleganz und
Leichtigkeit, grüne Töne und laute Düfte, Crescendo der Geschmackseindrücke und
Abgangsfurioso, nasses Laub und bisweilen sogar Pferdeschweiß kann man bei der
Beschreibung eines Weines brillieren, sich aber auch schnell in die Nesseln
setzen. Für Notfälle liefert Klaus Egle daher auch gleich praktische Phrasen
mit, die eigentlich auf jeden Wein zutreffen und somit unangreifbar machen,
sowie Tipps für die einen Gastgeber oder Winzer zumindest beim oberflächlichen
Zuhören nicht beleidigende Beurteilung von Weinen, die man absolut grauenhaft
findet: Die - mit entsprechendem Gesichtsaudruck - servierte Bemerkung "Ein
interessanter Tropfen!" oder, für Fortgeschrittene, "Ein Wein mit einem ganz
eigenständigen Charakter!" hat schon so manche Freundschaft oder zumindest die
nächste Einladung gerettet.
Doch nicht nur der edle Tropfen selbst
interessiert den Weinsnob. "Wein ist in Flaschen abgefüllte Poesie", sagte einst
der Literat Robert Louis Stevenson, was vielleicht ein Grund dafür sein mag,
dass man, die Qualität des Inhalts einmal beiseite lassend, wohl lieber zu einem
"Château Malescot St-Exupery" als einem "Poysdorfer Saurüssel" greifen würde.
Und so legt der wahre Weinsnob bei der Auswahl auch Wert auf phonetischen
Wohlklang und ein ansprechendes Etikett, auf dass nicht etwa bei einem
romantischen Date plötzlich eine Flasche auf dem Tisch stehen möge, auf deren
Etikett ein Vogel fröhlich sein großes Geschäft verrichtet - ein Motiv übrigens,
welches, wie der Autor verrät, tatsächlich auf einem südafrikanischen
Weinetikett prunkt.
Auch über die Qualität von Bordeaux-Jahrgängen von
1945 bis heute, die Meinung von diversen "Wein-Päpsten" und Fachmagazinen, gern
diskutierte Streitfragen der Weinwelt, die Anlage eines Weinkellers oder die
Auswahl des richtigen, eines Weinsnobs würdigen Gastgeschenkes, das weder eine
schlechte Nachrede als Geizkragen noch eine als Protz und Verschwender fürchten
lässt, bietet das Handbuch unterhaltsam verpacktes Wissen. Sollte man sich
trotzdem einmal eine Blöße geben, ist es sicherlich von Nutzen, einige der im
Anhang angeführten Zitate und Anekdoten griffbereit zu haben und sich wahlweise
mit Bildung oder Humor über die peinliche Situation hinwegzuretten.
Sogar
ein "garantiert wirksames erotisches Menü" mit den passenden Weinen wird samt
Rezepten und Hinweisen auf die aphrodisische Wirkung der Zutaten vorgestellt
(Anm. d. Rez.: Achtung, die meisten der angeblich die Manneskraft und
Leidenschaft stärkenden kulinarischen Wunderdinge treiben zugleich auch in
Richtung des stillen Örtchens). So löblich die Empfehlung an die Männer scheint,
selbst Hand am Herd anzulegen, um dies auch bei der Angebeteten tun zu können,
so eindeutig zeigt besonders dieses Kapitel die - vielleicht gar nicht so
traurige - Tatsache, dass sich die Weinsnobs scheinbar fast ausschließlich aus
den Reihen des so genannten starken Geschlechts rekrutieren.
Wer sich
nach der Lektüre des durch witzige Illustrationen von Michael Freund
bereicherten Buches immer noch nicht sicher ist, ob ein potenzieller Weinsnob in
einem steckt, kann dies mittels eines kurzen Tests ermitteln. Sollte das
Ergebnis eher hoffnungslos ausfallen, kann man ja immer noch eine kühle Flasche
Bier öffnen, es sich in Trainingshosen vor dem Fernseher gemütlich machen und
die Freuden des überaus anstrengend klingenden Weinsnob-Daseins getrost anderen
überlassen.
(sb; 02/2004)
Klaus Egle: "Handbuch für
Weinsnobs"
Mit zahlreichen Illustrationen von Michael
Freund.
Deuticke, 1999. 235 Seiten.
ISBN 3-216-30467-1
ca. EUR 19,90.
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Ergänzende Buchtipps:
"Steirisches
Weinland"
Landschaftliche Schönheit, freundliche Menschen, herrliche
Weine und vielfältige Gaumenfreuden vereinigen sich im Steirischen
Weinland zu einer einzigartigen Kombination. Dieses Buch lädt zu einer
sinnenfrohen Genussreise, die vom südoststeirischen Vulkanland über die sanften
Hügel der
Südsteiermark bis ins weststeirische Hoheitsgebiet des Schilchers
führt. Man erfährt, wer die feinsten Tropfen keltert, lernt die besten Adressen
zum Essen kennen und findet die schönsten Plätze fürs Wohnen. Klaus Egle führt
mit seinen ebenso unterhaltsamen wie informativen Essays durch die einzelnen
Weinregionen und verführt den Leser zum Hinfahren und Erleben, zum Nachkosten
und Genießen. Ergänzt wird das Buch mit übersichtlichen Straßenkarten und vielen
Tipps: von besonders kinderfreundlichen Adressen über Veranstaltungen bis hin zu
Hinweisen auf wichtige Sehenswürdigkeiten und kulturelle Höhepunkte.
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Gery Wolf: "Das Steirische Weinland"
Mit etwa 90 phantastischen Farbfotos aus den Steirischen
Weinregionen (Weststeiermark - Heimat des Schilchers® -, Südsteiermark und
Südoststeirischen Weinland) mit seinen verträumten Hügeln, DER regionalen
Besonderheit - dem Klapotetz und kleinen, romantisch gelegenen Kirchen zeigt
Gery Wolf welche Kostbarkeiten die Steiermark (neben dem guten Wein und
phantastischen Brettljausen) mit dieser Region zu bieten hat. Man findet
großartige Bilder von Rebstöcken/Landschaften im Laufe der Jahreszeiten
(inklusive Flugaufnahmen), von bekannten Winzern bei der Arbeit
und Weinkellern.
Das ideale Buch zum Einstimmen auf einen
(Erholungs-)Urlaub in der Steiermark (privater Geschenkstipp: Buch plus
Übernachtungsgutschein in einer der vielen romantischen Buschenschenken oder
Thermen der Region), oder als Erinnerung um zu zeigen, dass es mindestens so
schöne Regionen wie in Frankreich oder
Italien gleich in Ihrer Nähe gibt.
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"Lust auf Wein!"
Mögen Sie
Wein? Sie wissen aber nicht so recht,
welcher Wein zu
welchem Essen passt, ob Sie einen Roten, Weißen oder Süßen trinken sollen,
wie man mit dem - möglicherweise edlen - Tropfen richtig umspringt oder wo Sie
diesen Wein überhaupt herkriegen sollen? Und ist es Ihnen nicht manchmal
unangenehm, wenn sie mit Freunden im Wirtshaus sitzen, die sich - anscheinend
oder tatsächlich - in Sachen Wein alle bestens auskennen und Sie können nicht
mitreden? Macht nix. Das Wichtigste ist die Lust auf Wein, die Freude daran, ab
und zu gemeinsam mit netten Menschen einen guten Tropfen zu trinken und dabei
ein wenig fachzusimpeln oder ihn ganz einfach genießen.
Die Lust auf Wein
soll Ihnen dieses Buch machen. Kein besserwisserischer Ratgeber, der Sie zum
großen Kapazunder macht, sondern ein Buch, das zwar von einem Weinprofi
geschrieben ist, aber vor allem einmal den Spaß an der Sache weckt. Ein
vergnüglich zu lesendes Werk, in dem man ganz nebenbei auch das Wichtigste
erfährt, das man über Wein wissen will. Vor allem aber ein Aufruf, zu genießen.
Mit Freude an der Sache geschrieben und mit lebendigen Bildern illustriert, die
während eines genussvollen Wein-Wochenendes an der südsteirischen Weinstraße
entstanden sind.
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