Jan Weiler: "Antonio im Wunderland"
Der zweite Band über ein italienisches Gastarbeiterschicksal in Deutschland
Nachdem Antonio Marcipane - der
Schwiegervater des bereits aus "Maria, ihm
schmeckt's nicht" bekannten Erzählers - endlich in Rente gegangen ist,
beginnt er zu überlegen, was er mit seiner überschüssigen Zeit und Energie
anfangen könnte. Zunächst muss ihn seine Familie wieder einmal nach Campobasso
begleiten, wo er sich allerdings durch sein Auftreten bei Sara, der Ehefrau des
Erzählers und seiner Tochter, extrem unbeliebt macht, so dass diese am liebsten
den Kontakt mit ihrem Vater ganz abbrechen möchte. Doch zunächst geht es für
Antonio und Ursula zurück nach Krefeld und für Sara und den Erzähler zurück nach
München.
Dort wird der Erzähler für eine kleinere italienische Delegation
zum Fremdenführer, als zwei Verwandte aus dem fernen Campobasso zu einem
Erlebnisurlaub
auf "die Wiesn" kommen, um dort wahre deutsche Lebensart kennen
zu lernen - wovon sie am Ende mehr zu haben scheinen als ihr unwilliger
Gastgeber, dem sie auf diese Form des Brauchtums einen ganz neuen Blick
ermöglicht haben.
Da im Heimatort der Familie Marcipane ein großer Teil
betagter Bausubstanz von Alter und Verfall bedroht ist, ersinnt der immer rege
Antonio nun einen Plan, um ebendiese Substanz für die Nachwelt zu erhalten. Er
macht sich auf die Suche nach seinem alten Jugendbekannten Mauro Conti, der es
in den USA zu einem Stararchitekten gebracht haben soll. Dieser berühmte - und
reiche - Mann soll ihrer beider Heimat retten. Möglichst unentgeltlich. Und weil
er den langen Weg nach Amerika nicht alleine bewältigen kann, muss der "gute
Junge" - wahlweise auch der "dumme Salat" - ihn in das ferne Land begleiten, um
bei der Suche zu helfen, wobei unter Anderem aus sportlichen Gründen die
Benutzung des Internets streng untersagt ist.
Ausgehend einer ersten
Verhaftung durch die Zöllner am Flughafen Düsseldorf darf sich der Erzähler in
den USA auch direkt mit Zollbeamten herum schlagen, weil sein Schwiegervater und
dessen Dolmetscher Benno, der auch mit von der Partie ist, jede Frage auf dem
Einreisefragebogen mit "Ja" beantworten, was fast zu einer Deportation führt.
(Beispiel: "Steht hinter Ihrer Einreise die Absicht, sich an strafbaren
oder unmoralischen Handlungen zu beteiligen?", "Waren oder sind Sie in
Spionage,
Sabotage oder terroristische Aktivitäten verwickelt?"). Das Schlimmste ist, dass
dieser Fragebogen behördlicherseits wirklich ernst genommen wird. Und das soll
nicht die letzte Verhaftung auf dieser Reise ins Land der angeblich unbegrenzten
Möglichkeiten werden, das für den Erzähler in Tonis Begleitung und den
undurchschaubaren Benno zum Land der unbegrenzten Peinlichkeiten werden soll,
bevor es sich in irgendeiner Weise verbessert.
Was der Leserschaft am
ersten Band, "Maria, ihm schmeckt's nicht" gefallen haben dürfte, ist in
"Antonio im Wunderland" in gesteigerter Dosis vorhanden - bis auf den
Italienbezug, denn dieser ist nach der ersten Hälfte des Buchs gewissermaßen
erledigt. Aber dafür gibt es in "Antonio im Wunderland" weniger Längen, und es
ist insgesamt sehr vergnüglich und kurzweilig zu lesen, wobei das Ende dringend
eine Fortsetzung erwarten lässt.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 12/2005)
Jan Weiler: "Antonio im
Wunderland"
Kindler, 2005. 267 Seiten.
ISBN 3-463-40484-2.
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Hörbuch:
Autorisierte Lesefassung. Sprecher: Jan
Weiler.
Der Hörverlag, 2005. 4 CDs, Laufzeit ca. 290 Minuten.
ISBN
3-89940-626-5.
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