"Politisch nicht correct – Konstantin Wecker im Gespräch"

„Was ich niemandem mitteile, habe ich nicht. Ich trage alles nach außen.“ (Konstantin Wecker)


Das letzte Buch von Konstantin Wecker ist eigentlich eine Sammlung von Zitaten aus Interviews aus den Jahren 1978 bis heute. Nun, was soll man schon noch großartiges dazu sagen, sprechen doch die ausgewählten Zitate für sich selbst. In diesem Buch wird man mit allem konfrontiert, was dem Wecker - aber oftmals noch mehr seinen Interviewern -  schon seit je her ein Anliegen ist : Fragen zur persönlichen Entwicklung, zu seiner Kunst, zu Ekstase, Religion – halt die typischen Wecker´schen Themen. Wir kennen ihn ja, den Konstantin, der zumeist zu allem was wertvolles zu sagen hat. So wertvoll, dass es manchmal schon fast selbstverständlich ist, aber wohl gerade deshalb uns so oft in Vergessenheit gerät. Und da setzt er an, da ruft er uns vieles erneut ins Bewusstsein zurück, rüttelt auf, poltert, filosofiert. Dergestalt ist es in letzter Konsequenz egal, ob er spricht oder singt – aber eben das ist doch das Schöne am berühmtesten, meist geliebten und wahrscheinlich gleichzeitig auch verhasstesten deutschen Liedermacher.

Eine Rezension zu einem solchen Buch fällt insofern schwer, da man eben dem Gesagten beipflichten kann, oder es ablehnen – nicht selten erfährt man auch Denkanstöße – den Konstantin wird derartiges wohl besonders erfreuen, aber insgesamt steht die Botschaft für sich selbst. Dem Buch ward darüber hinaus auch die Ehre einer Auszeichnung, seinen optischen, designmäßigen Aspekt betreffend, zuteil. Neben den Zitaten finden sich auch viele, zum Teil sehr aussagekräftige Bilder des Künstlers, die den positiven Gesamteindruck des Buches verstärken. Ein wirklich großer Deutscher, der uns wunderbare Lieder, geistreiche Texte und natürlich auch –  dafür sollten wir ihm ebenso dankbar sein – lebendigen Anschauungsunterricht des „Ikarusprinzips“ lieferte, - dass, wenn man hoch fliegen will, dabei aber nicht vergessen sollte, der gleißende, lebensgefährlichen „Sonne“ nicht zu nahe zu kommen. Mittlerweile hat er – zumal er diese riskanten Flugmanöver einigermaßen gesund überlebte – in seinen Höhenflügen ein Mehr an Kontrolle und kann uns auch darüber berichten, wobei wohl in den letzten Jahren bei den sogenannten Medien mehr Bedarf an Berichterstattung über seine waghalsige Flugfase bestand als beim Künstler selbst, der doch irgendwann einmal sich wieder neuen Themen zuwenden wollte, aber immer wieder mit jener nicht gerade erbaulichen Zeit zwangskonfrontiert wird. Ich denke, - und dieser Gedanke beschäftigt mich schon längere Zeit – dass ebene besagte „Journaille“ für Wecker erneut eine große Gefahr darstellt: hatte man früher an ihm ein „herrliches“ Opfer künstlerischen Lotterlebens, so will man ihn heute als geläuterten Höhenflieger, der ständig (leider immer noch!) zu Drogen, zu Joschka Fischer (Wecker in der Rolle des (auch geläuterten!?) Alt-68-ers), zur deutschen Außenpolitik und dergleichen mehr Stellung nehmen muss.

Ich weiß nicht, inwiefern er sich selbst dieser Gefahr bewusst ist (wäre wohl eine gute Frage für ein Interview – mal was anderes!). Bei Konstantin Wecker denke ich mir – mit Verlaub – dass seine größte Stärke auch wohl gleichzeitig seine größte Schwäche beinhaltet: Da er, eloquent und intelligent, wie er nun einmal ist, zu fast allen Dingen etwas zu sagen hat, und offenbar auch sagen muss, besteht doch in gewisser Hinsicht  „Posengefahr“: Die Gefahr, in eine Rolle gedrängt zu werden, die  zu guter Letzt eine neue persönliche Krise herbeiführen könnte. Aber so ist er nun mal, der Konstantin Wecker. Stets trägt er sein Herz auf der Zunge. Die Journalisten freut´s. Ob es ihm jedoch gut tut, ist eine andere Frage, zumal die Problematik nicht ganz von der Hand zu weisen ist, dass sich im Zuge der ewig gleichen Fragen, die ihm gestellt werden, trotz allem Esprit, den der Mann besitzt, irgendwann sich dann doch selbst die besten Gedanken, Ansichten und Aussagen  wiederholen und sich dabei ein wenig abnützen. Andererseits war und ist Konstantin Wecker immer für eine Überraschung gut. So gesehen wird er schon für neuen Interviewstoff sorgen.

(Rihnrhi)


"Politisch nicht correct – Konstantin Wecker im Gespräch"
Doell Verlag 2001
164 Seiten
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