Konstantin Wecker: "Der Klang der ungespielten Töne"
Ein hell klingendes Sprachkunstwerk
Anselm Hüttenbrenner - der Icherzähler
des Werkes - ist ein musikalisches Genie. Bereits in jungen Jahren von den
Eltern gefördert, ist er am besten Weg zu einem Vollblutmusiker. Diese
Entwicklung wird durch das Treffen mit einem gewissen Herrn Karpoff noch
verstärkt, der ihn in die Tiefen und Untiefen moderner E-Musik einzuführen
versucht. Bald jedoch fühlt sich Anselm seinem Lehrer gewachsen und will auf
eigenen Beinen stehen. Ein erfolgreicher aber unbefriedigender Abschnitt seines
Lebens beginnt. Er verkauft seine Seele dem Kommerz und beginnt dem Wahnsinn zu
verfallen.
In einer herrlichen Sprache schuf Konstantin Wecker ein Werk, das zum Teil wohl
auch autobiografische Züge trägt. Wecker schafft es mit wenigen Worten Bilder
zu malen, wie selten ein anderer Autor - aber eigentlich malt er keine Bilder;
vielmehr formt er Klänge, Töne und Symphonien aus Worten, denn der Roman ist
beinahe ausschließlich auf dem auditiven Kanal gefasst - d.h. die meisten Beschreibungen
sind mit Begriffen aus dem Bereich des Gehörs geformt. Eine der Thematik absolut
angemessene Art der Erzählung.
Um die wunderbare Sprache des Werkes zu vergegenwärtigen soll
hier ein Absatz aus dem Werk zitiert sein. Dieser Absatz beschreibt den Eintritt
des Protagonisten in die Pubertät in einer Art und Weise, wie es nur ganz Große
können:
"Mit dem Verlust der engelsgleichen Knabenstimme verlor ich die
künstlerische Selbstsicherheit, und mein traumwandlerisches Klavierspiel wich
einem trotzigen Aufbegehren gegen alles, was mir geschenkt worden war. Der
gefallene Engel sank mit seiner Stimme um ein paar Oktaven tiefer in die
Niederungen der Fleischeslust."
Der zweite Satz ist ein Wunderwerk per se,
ein Satz, an dem so mancher ein Leben lang arbeiten könnte und ihn dennoch nicht
fertig bringen würde.
Die Charaktere werden sehr unterschiedlich
entwickelt. Der Protagonist ist mit großer Tiefe dargestellt und erscheint sehr
lebensnah. Manche der Figuren jedoch wirken beinahe klischeehaft; was allerdings
nicht als störend empfunden wird, sondern eher ermöglicht, das Werk kurz und
prägnant zu halten.
Wir haben es insgesamt mit einem Roman zu tun, der
wirklich absolut zu empfehlen ist. Ganz egal wie man zu der Person Konstantin
Wecker, seiner Musik und seinem Leben stehen mag, dieses Buch sollte man sich
nicht entgehen lassen, es ist ein echter Leckerbissen.
(Reinhold Stansich; 11/2004)
Konstantin Wecker: "Der Klang der
ungespielten Töne"
Ullstein, 2004. 160 Seiten.
Buch
bei amazon.de bestellen
Konstantin Wecker,
Liedermacher,
Komponist und Autor, wurde 1947 in München geboren. Seit 1972 veröffentlichte er
zahlreiche Tonträger. 1977 erhielt er den Deutschen Kleinkunstpreis, 1978 den
Deutschen Schallplattenpreis, 1995 den
Kurt-Tucholsky-Preis. Seit 1999 schrieb
Konstantin Wecker Kindermusicals, darunter "Jim Knopf" und "Das Dschungelbuch".
Nach dem großen Erfolg von "Uferlos" ist "Der Klang der ungespielten Töne" sein
zweiter Roman.
Weitere Bücher von Konstantin
Wecker:
"Die Kunst des Scheiterns. Tausend unmögliche Wege, das Glück
zu finden"
"Nicht nur die Stunde war blau, auch unsere Herzen:
blau. Keine Alkaloide damals, nicht mal ein Bier. Himbeerlimonade und
Waldmeister, einen Kakao im Caféhaus, mehr konnten wir uns sowieso nicht
leisten. Einzig die wunderliche Komposition der Worte von
Heym und
Trakl verrückten
unsere Welt ..."
Konstantin Wecker schreibt über seine Erfolge und
Fehltritte, wie er sie heute sieht, darüber, wie er Liebe und Gott und die
Begegnungen mit dem Teufel heute versteht, über Vaterschaft und Verantwortung.
Die Geschichte einer Verwandlung, eine Meditation über die Lektionen des Lebens,
eine Anleitung in der Kunst des Scheiterns. (Piper)
Buch
bei amazon.de bestellen
"Uferlos"
Ein junger Mann ohne Lebensplan, getrieben von
der unwiderstehlichen Lust, sich selbst zu erfahren, verfällt der Droge
Kokain.
Nach anfänglicher Faszination führt sie ihn zum psychischen und physischen
Verfall. Sein Leben dreht sich nur noch um die Beschaffung und den Konsum der
Droge. Aufwühlend und fesselnd beschreibt Konstantin Wecker, wie dem
Eingeständnis der Sucht der Weg aus der Abhängigkeit folgt.
"Uferlos" in Antiquariaten
aufstöbern
"Tobe, zürne, misch dich ein!
Widerreden und Fürsprachen"
Nicht nur in der deutschen Musik- und Liedermacherszene steht Konstantin Wecker
seit Jahrzehnten in der ersten Reihe, auch in der neuen Friedensbewegung gehört
er zu den Aktivsten. Großes Aufsehen erregte er mit seiner Reise
in
den Irak. In diesem Buch veröffentlicht er Auszüge seines Reisetagebuchs,
außerdem Interviews, Liedtexte und Reden, die unter dem Eindruck der Ereignisse
eines Jahres entstanden sind. (Eulenspiegel)
Buch bei amazon.de
bestellen