Fred Pearce: "Wenn die Flüsse versiegen"


"Water, water, everywhere" heißt es bei Coleridge, und dies ist etwas, was nach diversen Flutkatastrophen der letzten Jahre den meisten Menschen auch sehr stark in den Ohren klingt. Ob Tsunamis, Elb- und Donauhochwasser, immer scheint es zuviel Wasser zu geben, und die Küstenregionen der Welt sorgen sich über einen Anstieg des Meeresspiegels. Doch auch die Fortführung des Zitats  "... and not a drop to drink" hat durchaus ihre Berechtigung, denn der Bedarf an Trinkwasser nimmt ständig zu, und davon gibt es in der Regel eher zu wenig in vielen Bereichen der Welt. Dies ist zum Teil Momenten der Geologie und des globalen Wasserhaushalts geschuldet, zum Teil liegt es aber auch an der Art, wie der Mensch mit dieser wichtigsten Ressource des Planeten umgeht.

Der britische Journalist Fred Pearce hat sich in der ganzen Welt angesehen, wie es um den Wasserhaushalt steht. Er hat Flüsse begutachtet, mit Experten verschiedenster Fachrichtungen gesprochen und Staudämme besichtigt. Außerdem ist er durch etliche Archive gekrochen und hat allerlei Absurditäten über unseren Umgang mit dem kostbaren Nass herausgefunden.

In zehn Großkapiteln betrachtet er, wie sich das Handeln der Menschen - aber eben auch die Unwägbarkeiten der Natur - auf die globalen Flusslandschaften und auf die Aquiferen auswirken, in denen sich die so genannten "fossilen Notreserven" unserer Welt befinden. Reserven, die bereits an vielen Stellen überaus ausgiebig genutzt werden. Hier wird, wie der Autor im zweiten Kapitel ganz richtig sagt, auf das Wasser unserer Kinder zurückgegriffen. In allen Kapiteln - vom ersten an - zeigt sich, dass gerade die Landwirtschaft einen großen Verbrauchsfaktor in Bezug auf Wasser ausmacht. Hier ein paar Beispiele:
- die Produktion eines Kilos Reis "kostet" 5.000 Liter Wasser
- ein Fleischplättchen im Hamburger schlägt mit 11.000 Liter zu Buche und
- ein Kilo Kaffee sogar mit 20.000 Liter.

Zahlen, die sicherlich bedenklich stimmen müssen. Dieses "virtuelle Wasser" reist mit unseren Handelsgütern um die Welt, von Trockengebieten in nasse Gegenden, was nachgerade verrückt erscheinen muss. Viele der trockensten Gegenden der Welt, wie China, Indien und Israel gehören dadurch zu den größten Wasserexporteuren der Welt, während große Teile der Bevölkerungen dieser Länder vor Ort verdursten und ertragreiche Feuchtgebiete - etwa in Flussdeltas - einfach verschwinden, während zum Teil dieselben Flüsse an anderen Stellen über die Ufer treten. Und dies anscheinend am liebsten dort, wo gigantische Staudämme genau dies verhindern sollten. Hier greifen auch historische Betrachtungen, in denen Aquakrisen der Antike herangezogen werden und Vergleiche zu aktuellen Entwicklungen gezogen werden.

Bei all den Horrorszenarien der Realität und der Spekulation erscheint das Buch aber vergleichsweise optimistisch und zeigt allerlei mögliche Rezepte zur Bewältigung der Krisen auf, was neben der im Moment sehr verbreiteten "Tag des Jüngsten Gerichts"-Literatur eine angenehme Abwechslung darstellt ohne dabei beschönigend zu sein.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 03/2007)


Fred Pearce: "Wenn die Flüsse versiegen"
Aus dem Englischen von Gabriele Gockel und Barbara Steckhahn;
Kollektiv Druck-reif.
Antje Kunstmann Verlag, 2007. 399 Seiten.
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Fred Pearce ist Umweltberater des "New Scientist"-Magazins und schreibt als Wissenschaftsjournalist für Medien wie "Independent", "Times", "Boston Globe" und "Ecologist". Für seine internationalen Reportagen über Umwelt- und Entwicklungsfragen erhielt er mehrere Preise; 2001 wurde er zum britischen Umweltjournalisten des Jahres gekürt.