Anton Friedrich Koch: "Wahrheit, Zeit und Freiheit"
Einführung in eine philosophische Theorie
Anspruchsvolle
Darstellung wesentlicher Begriffe aus der Philosophie
Wahrheit, Zeit und Freiheit zählen zu den wichtigsten
philosophischen Grundbegriffen; ohne einen Bezug zur Wahrheit, die im
Sinne einer seriösen Betrachtung natürlich genau zu
definieren ist, und zur Zeit, in der sich unsere Wahrnehmung
gewissermaßen abspielt, wäre philosophische
Forschung nicht denkbar. Am Freiheitsbegriff scheiden sich die Geister
seit jeher, nicht nur in der Philosophie, sondern auch in den
Naturwissenschaften. Denn die Existenz oder Nichtexistenz von Freiheit
ist ein bedeutsames Movens für unser Handeln, ob individuell
ausgerichtet oder sozial interagierend, und Voraussetzung für
die Möglichkeit oder Unmöglichkeit von Moral und
moralisch motiviertem Handeln.
Der Wahrheit ist ein großer Teil des Buchs gewidmet, aber
gerade sie bietet viel Angriffsfläche, nicht nur unter dem
Aspekt des Scheins und des Seins. Selbst der Begriff der
Objektivität lässt sich nicht so leicht fassen, wie
man meinen möchte.
Die Erörterung des
Zeitbegriffs
basiert wesentlich auf der
Betrachtung der Gegenwart, die es in einem streng physikalischen
Kontext nicht gibt, weshalb sie auf einem Zeitpfeil nicht dargestellt
werden kann, die gleichwohl aber in der subjektiven Wahrnehmung
existiert - und darin einen wesentlichen Platz einnimmt.
Mit dem Begriff der Freiheit und dem Grad oder der Art ihrer Existenz
ist nicht nur die
Moral
eng verknüpft, sondern beispielsweise
auch die Interpretierbarkeit unseres Handelns, das man sich als durch
Maximen bestimmt denken kann, die wir wiederum aus freien
Stücken wählen. Oder nicht? - Und
selbstverständlich beeinflussen Wahrheit, Zeit und Freiheit
einander intensiv: Zum Beispiel lässt sich die
Möglichkeit oder Unmöglichkeit von Zeitreisen nur im
Zusammenhang von Zeit und Freiheit untersuchen.
Schritt für Schritt, immer wieder Bezug nehmend auf die
Naturwissenschaften sowie die
Philosophen
der griechischen Antike, der
Aufklärung und der Moderne, entwickelt Koch eine aktuelle
Theorie der Wahrheit, der Zeit und der Freiheit im jeweiligen
spezifischen Zusammenhang und im Zusammenspiel miteinander, die offen
genug ist, um viele Anschlussmöglichkeiten zu anderen
seriösen Theorien zu bieten. Denn die eine gültige
Theorie gibt es in der Philosophie bekanntlich nicht.
Das Buch bietet somit eine gute Einführung sowohl konkret in
drei wesentliche Grundbegriffe philosophischer Betrachtung als auch
allgemein in philosophisches Forschen und Arbeiten. Somit eignet es
sich sicherlich gut für Studenten, es kann aber auch als
Einstieg für Fachfremde dienen, die sich mit grundlegenden
Gedanken beschäftigen möchten, die seit 2.500 Jahren
nicht an Relevanz und Strittigkeit verloren haben. Der Autor merkt
für diesen Fall im Vorwort allerdings treffend an, dass zwar
keine Vorkenntnisse vonnöten sind, wohl aber "langsames
Voranschreiten, angestrengtes Nachdenken, viel
Zurückblättern und wiederholtes Lesen".
Das ist richtig: Schnell und nebenbei kann man dieses Buch nicht lesen,
aber wäre es anders, so würde es nichts taugen.
Philosophie befasst sich mit den grundlegenden Gesetzen, denen die Welt
gehorcht, und wenn man diese ohne Umschweife darstellen und begreifen
könnte, so verdiente die Philosophie wohl kaum ihre Stellung
unter den Wissenschaften. Daher ist es dem Autor gelungen, den
äußerst schwierigen Spagat zwischen
wissenschaftlicher Präzision und
Allgemeinverständlichkeit zu bewältigen und ein
wirklich brauchbares Grundlagenbuch anzubieten.
(Regina Károlyi; 08/2006)
Anton
Friedrich Koch: "Wahrheit, Zeit und Freiheit"
Mentis Verlag, 2006. 188 Seiten.
Buch
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Anton
Friedrich Koch, geboren 1952, Studium der Philosophie und Germanistik
in Heidelberg, 1980 Promotion in Heidelberg. Habilitation 1989 in
München mit einer Arbeit zum Thema "Subjektivität in
Raum und Zeit". 1993-1996 Professor für Geschichte der
Philosophie in Halle, seit 1996 Professor für Philosophie in
Tübingen.
Forschungsschwerpunkte: die Metaphysik (a) als Ontologie bei
Platon und
Aristoteles, (b) als Transzendentalphilosophie bzw. spekulative Logik
bei Kant und Hegel, (c) als philosophische Semantik.
Ein weiteres Buch des Autors:
"Subjekt und Natur. Zur Rolle des 'Ich denke' bei Descartes und Kant"
Da wir objektive Sachverhalte auf fallible Weise und die je eigenen
reinen Geisteszustände auf infallible Weise erkennen,
können letztere, obwohl real, keine objektiven
Zustände sein. Dies ist ein beinahe zwingender Grund
für einen Geist-Körper-Dualismus im Sinne Descartes'.
Doch da der Dualismus aus anderen Gründen unhaltbar ist, wird
in diesem Buch der Versuch gemacht, ihn zu vermeiden mittels der
Kantischen These, dass die objektiven Gegebenheiten Erscheinungen sind.
In einer Interpretation der Kantischen Transzendentalphilosophie wird
die These vom Erscheinungscharakter der Dinge entwickelt und
schließlich dahingehend erläutert, dass die Physik
unter dem regulativen Ideal der vollständigen Erfassung des
Objektiven einen endlosen Progress von Nachfolgertheorien bildet, deren
jede ihre Vorgängertheorie, und sei es um numerisch
geringfügiger Korrekturen willen, begrifflich
überbietet. So zeigt sich die Objektivierung des Realen als
ein prinzipiell unabschließbares Unternehmen. Für
den Geist und die Freiheit bleibt Raum, ohne dass dieser Raum einen
separaten Realitätsbereich definierte, welcher der Physik
prinzipiell unzugänglich wäre. (Mentis Verlag)
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