François Lelord, Christophe André: "Der ganz normale Wahnsinn"
Vom Umgang mit schwierigen Menschen
Sind Sie eine
Persönlichkeit? Haben Sie Dimensionen? Oder sind Sie einfach nur ein einfacher
Mensch? Das vorliegende Buch handelt "Vom Umgang mit schwierigen Menschen"
(Untertitel), wobei es uns elf Persönlichkeitstypen ausführlich vorstellt.
Vorbei sind die Zeiten der vier klassischen Temperamente - Sanguiniker,
Choleriker, Melancholiker und Phlegmatiker -; heutzutage werden unterschiedliche
Persönlichkeiten differenzierter erfasst und beschrieben (und behandelt).
Letztendlich geht es den Autoren darum, dass man mit "schwierigen"
Leuten leichter umgehen kann, wenn man ihre Verhaltensweisen versteht bzw.
analysieren kann. Schließlich ist jeder Mensch eine eigene Persönlichkeit und
hat mehrere Dimensionen, die er z.T. selbst nicht kennt.
Die Besprechung dieses Buches muss aufgrund der inhaltlichen Struktur etwas Aufzählungscharakter
annehmen, was aber keinerlei Kritik an der Vorgehensweise der Autoren bedeuten
soll. Vorgestellt werden zunächst die ängstliche und die paranoide
Persönlichkeit - während erstere ständig mit Schicksalsschlägen rechnet, ist
zweitere misstrauisch gegenüber Anderen. Die bekanntesten Paranoiker waren
Hitler
und Stalin,
die ihre Aggressionen und ihren Größenwahn auf Kosten ihrer unterdrückten Völker
auslebten. Besonders lästig für die Umwelt sind sogenannte histrionische
Persönlichkeiten, die gerne im Mittelpunkt stehen und sich theatralisch
verhalten - wovon sich der Narzist (der Selbstverliebte) eigentlich kaum
unterscheidet. Die zwanghafte Persönlichkeit mit übertriebenem
Perfektionsdrang, die schizoide Persönlichkeit, die reserviert auf sich
selbst zurückgezogen bleibt und gefährdet ist, sich in völlige Isolation zu
begeben oder der sogenannte Typ A, welcher hyperaktiv und stressanfällig
ist, sind weitere "Schwierige".
Schließlich lesen wir noch über die depressive Persönlichkeit (negative Einstellung
allem gegenüber), die dependente Persönlichkeit (fühlt sich stets
angewiesen auf Andere), die passiv-aggressive Persönlichkeit (so etwas wie eine
Mimose) sowie die selbstunsichere Persönlichkeit (fürchtet Kritik).
Freilich werden auch Mischformen berücksichtigt sowie eindeutig krankhafte
Ausprägungen: Borderline, Sadist und die sogenannte multiple Persönlichkeit.
Im Schlusskapitel wird noch erörtert, wie sehr die Entwicklung der Persönlichkeit
genetisch bedingt ist oder eben von der Umwelt beeinflusst wird. Wobei wir in
dieser Frage ja weiterhin im Spannungsfeld zwischen Idealismus (- das Individuum
entwickelt sich aus freiem Willen -) und Materialismus (hier: Determinismus)
lavieren.
Interessant ist, dass die Autoren für die diversen Persönlichkeitstypen Beispiele
schildern und jeweils an Figuren aus Literatur und
Film erinnern. Auch die Diskussion, ob es sich bei den vorgeführten Ausprägungen
um Krankheiten oder Charaktereigenschaften handelt, ist wichtig und
anregend. Dabei gestehen die Autoren auch ein, dass alle Klassifizierungen von
Menschen mit Vorsicht anzuwenden sind - dennoch können Annäherungswerte
hilfreich sein für ein bewusstes, manchmal auch diplomatisch-taktierendes
Zusammenleben. Abrundend werden auch Aspekte dargelegt, wie sich
"schwieriges" Verhalten eventuell ändern ließe. Ein insgesamt
wertvolles Buch, das uns den Weg zu einer eingängigen Menschenkenntnis
vermitteln könnte und mit seiner "Kommentierten Bibliographie" am Ende auch zur weiteren
Vertiefung gewonnener Erkenntnisse einlädt. Einzige echte Kritik: der Titel des
Buches ist absolut irreführend ...
(KS; 12/2005)
François
Lelord, Christophe André: "Der
ganz normale Wahnsinn"
Aus dem Französischen von Ralf Pannowitsch.
Gustav Kiepenheuer Verlag, 2005. 366 Seiten.
ISBN 3-378-01082-7.
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