Manil Suri: "Vishnus Tod"


Wie wunderbar leicht lässt es sich in eine dem Westen nur oberflächlich bekannte Kultur abtauchen, liest man diesen Debütroman von Manil Suri.

Protagonist ist ein schwerkranker, am Treppenabsatz eines Wohnhauses lebender Mann mit dem großen Namen Vishnu. Von seiner Mutter mit den Überlieferungen von Gott Vishnu, dem Weltbewahrer, vertraut gemacht, erlebt er seine letzten Stunden und Tage zwischen Vermutungen, selbst besagter Gott zu sein und sehnsüchtigen Erinnerungen an seine Lebensliebe, eine Prostituierte.

Geheimnisvoll und mitleiderregend zugleich erscheint Vishnu. Geheimnisvoll, weil der Autor damit spielt, die Gestalt Vishnu sowohl als Mensch, als auch den namensgebenden Gott zu zeichnen. Mitleiderregend, weil er umgeben von Anteilnahme heuchelnden Personen als eigentlich Obdachloser sein Dasein fristet. Die Darstellung der, sich zwischen den beiden Familien, die vorgeben, für den sterbenden Vishnu zu sorgen, zutragenden - zu Problemen hochstilisierten - Lappalien müssten mühelos beim Leser Vertrautheit erzeugen. Kleinbürgerliche Engstirnigkeit und Gleichgültigkeit sind in allen Kulturen zu finden.

Leichtfüßig führt der Autor durch die Handlung und erzählt nach und nach die Lebensgeschichten der Bewohner dieses Hauses.
Verliebtheit und Liebeskummer, Ehestreitigkeiten und Alltag, Einsamkeit und Sinnsuche sind Themen, die Suri mit viel Einfühlsamkeit und auch Humor behandelt. Als sehr praktisch erweist sich das hinzugefügte Glossar verwendeter indischer Begriffe, die im Text immer wieder auftauchen.
Dieser Roman eignet sich ausgezeichnet als Einstieg in weitere indische Literatur und ist auch sonst eine Bereicherung.

(ama)


Manil Suri: "Vishnus Tod"
(Originaltitel "The Death of Vishnu")
Deutsch von Anette Grube.
btb, 2009. ca. 400 Seiten.
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Manil Suri wurde 1959 in Bombay (Mumbai) geboren. Mit zwanzig begann er in den USA Mathematik zu studieren. Manil Suri ist ordentlicher Professor für Mathematik und Statistik an der Universität von Maryland Baltimore County. Sein erster Roman "Vishnus Tod" wurde als literarische Sensation gefeiert, ist in 25 Ländern erschienen und wurde mit der "Corine" für das beste fremdsprachige Debüt ausgezeichnet.

Ein weiteres Buch des Autors:

"Shiva"

Zwischen Tradition und Moderne: Der Roman einer Frau, die in einer Männerwelt ihren Weg gehen muss.
Manil Suris zweiter Roman "Shiva" erzählt von Meera, einer Frau, die alles für ihre Liebe gibt und deren stürmisches Leben den Weg Indiens von der Unabhängigkeit bis heute begleitet.
Mit 17 verliebt sich Meera unsterblich in Dev, den Gewinner eines Gesangswettbewerbs. Die Sehnsucht in seiner Stimme spricht direkt zu ihrem Herzen, und mit allem Überschwang und Trotz jugendlicher Leidenschaft setzt sie sich gegen ihre Familie durch und heiratet ihn. Sie sagt dem Wohlstand und dem liberalen Geist ihres Elternhauses Lebwohl und taucht in die strenggläubige, konservative Welt von Devs mittelloser Familie ein. Und sehr bald wird Meera klar, dass sie nicht im Märchen ihrer Träume gelandet ist: Frauen haben im gerade unabhängig gewordenen Indien nicht viel zu sagen. Als das junge Paar nach Bombay zieht, in die Stadt des Films und der Musik, in der Dev seine Sängerkarriere zu verwirklichen hofft, ist Meera zwar von den Anforderungen seiner Familie befreit, aber sie muss zusehen, wie die Selbstachtung ihres Mannes mit jeder Niederlage schwindet und er ihr immer mehr entgleitet. Erst als Meera einen Sohn bekommt, Ashvin, findet sie die ersehnte Erfüllung. Auf Ashvin richtet sie ihre ganze Liebe, er gibt ihr Glück - und manchmal muss sie dabei an eine alte Hindu-Legende denken: Weil Shiva, der Gott des Tanzes, der Zerstörung und der Askese, seine Frau Parvati so oft und so lang allein ließ, erschuf sie sich selbst einen Sohn, der sie mehr liebte als jeder zuvor ... (Luchterhand Literaturverlag) zur Rezension ...
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