Tatjana Ustinowa: "Stirb, Brüderchen, stirb"


Tatjana Ustinowa, 1968 geboren, ist eine in Russland aufgrund von 15 veröffentlichten Kriminalromanen mit Millionenauflagen mittlerweile sehr bekannte Schriftstellerin. Nach einem Studium der Aerodynamik arbeitete sie lange beim Fernsehen, bevor sie begann, vom Schreiben zu leben.
Sicher sind viele ihrer eigenen Erfahrungen im bunten TV-Sektor des nachsowjetischen Russlands in "Stirb, Brüderchen, stirb", im Original anno 2003 in Moskau erschienen, eingeflossen.

Tatjana Ustinowas Hauptfigur Warja jedenfalls arbeitet als Sekretärin weit unter ihren Fähigkeiten bei einer privaten Fernsehstation. Warja ist eine ziemlich unscheinbare junge Frau, die ein für russische Verhältnisse normales Leben führt. Das heißt, sie lebt von der Hand in den Mund, wohnt auf wenigen Quadratmetern in einer Plattensiedlung und muss lernen, am Arbeitsplatz all die Erniedrigungen und unqualifizierten Bemerkungen ihrer inkompetenten und bestechlichen Kolleginnen sowie ihres nicht minder korrupten Chefs auszuhalten. Dieser Chef, den man bis zur entscheidenden Wende im Buch, die an dieser Stelle freilich nicht enthüllt wird, für den Eigentümer der Fernsehstation hält, hat von Warja keine besonders gute Meinung und benutzt sie und ihre Arbeitskraft sozusagen wie einen Putzlappen.

Eines Tages ist Warja Zeugin, als ein Mann, der all die Wochen zuvor eine sehr ungewöhnliche geschäftliche Beziehung zu ihrem Chef unterhielt, tot in ihrem Büro aufgefunden wird. Nun beginnt eine für Warja gefährliche, nichtsdestotrotz aber lebendige und aufregende Zeit, die ihr Leben auf den Kopf stellt und gänzlich verändern wird.

Schon als sie die Leiche findet, erscheinen Warja einige Umstände sehr suspekt. Das Opfer saß arbeitend an einem Computer, der gar nicht ans Netz angeschlossen war. Woran also starb Pjotr Borissowitsch Ligo wirklich? Und vor allen Dingen: Wer hat im Zimmer das Fenster geöffnet und warum?

Einen Tag später soll Warja im Auftrag ihres Chefs eine Sendung nach Karlsbad in Tschechien bringen und erhält dafür den für ihre Verhältnisse unvorstellbaren Betrag von 300 Dollar als Reisespesen. Wieso will ihr Chef sie dorthin schicken? Warum wurden alle nötigen Papiere und Visa so schnell organisiert? Rätsel über Rätsel.
Doch Warja macht sich auf den Weg.
Schon im Flugzeug nach Karlsbad trifft sie auf einen Mann, der sie auch in Karlsbad selbst begleitet - oder soll man eher sagen: beschattet. Sie empfindet etwas für diesen reichen, gut gekleideten und gebildeten Mann, der seine Identität nach der Rückkehr von der erfolglosen Mission aufdeckt.

Warjas wache Beobachtungsgabe und ihr gutes Gedächtnis, aber auch ihr Mut und ihre Neugier, helfen einen perfekt scheinenden Betrug aufzulösen, und auch ihr privates Glück ist am Ende perfekt.

Fazit: "Stirb, Brüderchen, stirb" ist ein spannender und unterhaltsamer Roman um eine sympathische Figur mit vielen Einblicken in ein Land, das mit der UdSSR nichts mehr zu tun hat.

(Winfried Stanzick; 02/2007)


Tatjana Ustinowa: "Stirb, Brüderchen, stirb"
Aus dem Russischen von Margret Fieseler.
Wunderlich im Rowohlt, 2007. 398 Seiten.
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