Peter Truschner: "Die Träumer"
Dieser
Roman von Peter Truschner erzählt eine traurige
Geschichte von Menschen, die einander, sich selbst und auch der Welt
langsam aber sicher verloren gehen. Sie wähnen sich dabei auf
der Suche nach eben dem, aber trotz - oder vielleicht muss man sagen
wegen - all dieser Anstrengung verfehlen sie das Ziel.
Robert und
Iris
sind schon lange verheiratet. Obwohl Iris immer ein Kind wollte, hat
sie Roberts Zögern (jetzt noch nicht, erst einmal dies, dann
das ...) immer nachgegeben und schlussendlich resigniert. Beruflich hat
sie sich erfolgreich etabliert mit einem Catering-Service,
mit dem sie mittlerweile auch die Oberschicht ihrer Stadt bedient und
dabei mit allerlei interessanten Menschen zusammenkommt. Robert dagegen
befindet sich nach zunächst steiler Karriere an der Hochschule
als Universitätsassistent auf dem Weg nach unten. Eine
aberwitzige und letztlich unerklärliche Auseinandersetzung mit
einem Kollegen ist nur der vorläufige Endpunkt einer
Entwicklung, deren Anfänge und Triebkräfte im Dunkeln
bleiben. Der Leser bekommt allerdings durch die Sprachkunst Truschners
den Eindruck vermittelt, wie dünn das gesellschaftliche und
berufliche Eis ist, auf dem wir uns alle bewegen, wie zerbrechlich die
äußerliche Fassade einer persönlichen
Existenz und eines angeblich gefestigten Charakters sind, wie schnell
das alles zusammenbrechen kann, ohne dass man wüsste, wie man
dagegen ankämpfen könnte.
Und so hat Iris' Suche, nachdem sie auf einer Party vom
plötzlichen Tod ihres ihr schon lange sehr fremd gewordenen
Mannes erfährt, nach den wahren Hintergründen von
Roberts Tod etwas Gespenstisches.
Truschner wechselt kapitelweise von Iris' verzweifelten Nachforschungen
zu den Stationen eines Abstieges, der unerklärlich und deshalb
für den Leser bedrohlich bleibt.
Robert ist auf seinem Weg Menschen begegnet, die sich mit den
Gescheiterten dieser Gesellschaft befassen, er ist ihnen nahe gekommen,
und wenn man nicht von Anfang an wüsste, dass Robert tot ist,
könnte man hoffen, er würde dort einen neuen Sinn
für sein Leben finden und eine neue Lebensaufgabe für
sich entdecken.
"Das Leben kam Robert wie ein Stein vor, der seine
Größe im Laufe der Zeit immer wieder zu
ändern vermochte. Einmal lastete er ihm schwer auf der Brust,
sodass er das Gefühl hatte, unter seinem Leben begraben zu
sein. Dann bekam man ihn plötzlich von hinten an den
Schädel - und mit ihm das eigene Leben oder das Leben anderer,
die aus dem Nichts kamen und irgendwann wieder darin verschwanden, um
die Ohren gehauen. Plötzlich hatte man den Stein selbst in der
Hand und mit ihm die Macht, einem anderen das eigene Leben aufzuzwingen
- oder es aus der Hand zu geben, indem man den Stein einfach fallen
ließ. Meist jedoch war das Leben kaum
größer als ein Steinchen, das einem in den Schuh
geraten war und an dem man sich - ehe man sich's versah - eine Wunde
geholt hatte."
Und so werden wir Zeugen einer verstörenden Entfremdung von
Menschen von sich selbst und voneinander. Verstörend ist die
Lektüre auch deshalb, weil die beiden Protagonisten aus genau
der Schicht stammen, der auch die potenziellen Leser dieses
irritierenden Buches angehören, Menschen, die sich schon seit
längerem ihres Lebens nicht mehr wirklich sicher
fühlen, und deren Angst vor einem "Abstieg" um so
größer wird, je mehr sie darüber wissen und
nachdenken.
Roberts Tod bleibt im Dunkeln, ebenso wie sein Leben. Und Iris?
"Sie wusste, dass sein Verlust, der in Wahrheit kein
jäher, sondern ein allmählicher gewesen war, sie noch
lange begleiten würde, und sei es als Schatten, den er
über ihre künftigen Liebesbeziehungen warf. Sie hatte
lediglich die Antwort auf eine Frage bekommen, die zu stellen ihr nie
in den Sinn gekommen wäre: ob und wie das Leben nach Robert
weitergehen konnte."
Eva Menasse hat Peter Truschner als einen Autor beschrieben, der alles
riskiere. Sie hat recht. Indem er alles, zuletzt sich selbst, riskiert,
stürzt er den irritierten Leser mit hinein in einen Strudel,
aus dem es keinen Ausweg zu geben schient, außer dem, den der
Leser selbst für sein eigenes Leben, seine eigenen
Lebensängste wählt.
Sich diesem Abgrund zu stellen und den Leser an seinen Rand zu
führen, ist das große Verdienst dieses Buches.
(Winfried Stanzick; 03/2007)
Peter
Truschner: "Die Träumer"
Zsolnay, 2007. 252 Seiten.
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Ein weiteres Buch des Autors:
"Das fünfunddreißigste Jahr"
Den Überdreißigjährigen in Peter Truschners Roman
fehlt der Halt. Sie zählen zu einer Generation, die sich - inmitten von Filmen,
Fernsehen und Großstadtfadesse - dem Älterwerden verweigert: Carsten hat es
zumindest schon mal probiert, er lässt sich gerade scheiden. Alex bleibt
hartnäckig dabei, das schwarze Schaf zu sein. Mit Toni konnte man immer schon
saufen bis zum Umfallen, und Sabine ist viel zu lang schon verzweifelt auf der
Suche - im Netz ...
Peter Truschner begnügt sich nicht mit der Beschreibung der lässigen Oberfläche:
Mit brutaler Präzision lotet er die Abgründe seiner Generation aus und legt die
eigentliche Sehnsucht der Protagonisten offen: die nach stabilen Beziehungen im
Leben. (Zsolnay)
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Leseprobe:
Eins
Die Menschen wurden nicht
zu Ameisen, auch wenn der Forscherblick aus
fünfzehn Metern Höhe Iris kurz das Gefühl
gab, daß sie in Wahrheit kein Bankett veranstaltete, sondern
ein zoologisches Experiment. Es schien, als
vergrößerte der Schliff des Glases den Sehwinkel:
Die Kuppel des Museums wirkte ein wenig wie eine Lupe. Iris suchte die
Gesichter von Bekannten zu entdecken, stellte jedoch fest,
daß ihr die Gesichter immer unbekannter wurden.
Kurz fürchtete sie, der Anblick könnte ihre Freude
über den Empfang mindern. Ihre Sorge war jedoch
unbegründet. Die Zufriedenheit mit sich selbst und der
geleisteten Arbeit umgab sie wie ein Kokon, an dem alles abprallte, was
ihren Erfolg hätte relativieren können.
Der Wind fegte über das Dach. Er milderte die dumpfe Hitze
nicht, im Gegenteil, er fügte ihr eine neue Qualität
hinzu - etwas Schneidendes, das denjenigen, der von den Temperaturen
der letzten Tage erschöpft war, endgültig
mürbe machte. Der Wind hatte die Stadt das ganze Jahr
über fest im Griff. Im Herbst und Winter trieb er die
einzelnen Wolkenfelder am Himmel zu einer großen Herde
zusammen und zwängte sie in einen Pferch, dessen
Größe ziemlich genau dem Stadtgebiet und seinen
Vororten entsprach. Es hätte niemanden überrascht,
wenn zu dieser Jahreszeit in jeder tagdunklen Miets- und
Eigentumswohnung ein von der Stadtverwaltung propagierter und
bezuschußter Lichtkult zelebriert worden wäre, den
die Landeskirchen selbstverständlich angeprangert
hätten - obwohl die graue Leere des winterlichen Firmaments
auch innerhalb der Kirchen zum Alltag geworden war, der keine
Jahreszeiten kannte.
Der Winter, der nur selten so streng ausfiel, daß sowohl der
Fluß als auch Wasserleitungen zufroren, wurde prinzipiell als
hart empfunden, weil der Wind die gefühlten Temperaturen
niedriger ausfallen ließ als diejenigen, die das Thermometer
anzeigte. Man wehrte sich gegen die Kälte wie gegen einen
Verehrer, der einem an Mantel und Rollkragenpullover vorbei
schnurstracks an die Wäsche ging.
Im Sommer wirbelte der Wind den Radfahrern und
Straßencafébesuchern den für die Gegend
typischen Sand in die Augen, sodaß man im August einen
Vorgeschmack darauf bekam, wie es sein würde, wenn wenige
Wochen später wieder die kälteren Jahreszeiten Einzug
hielten.
Der Wind blies Iris ins Gesicht. Er drohte das, wofür der
Friseur zwei Stunden gebraucht hatte, in wenigen Augenblicken zunichte
zu machen. Sie ging ein paar Schritte zur Seite und wurde von einer
Bö erfaßt. Es kam ihr so vor, als wollte der Wind
sie packen, sein Zugriff war herrisch und rauh. Roberts Hände
waren vor wenigen Tagen ebenso rauh gewesen, rauher noch, da der
Schrecken, der ihr in die Glieder fuhr, als er sie berührte,
das Gefühl auf ihrer Haut verstärkte.
Sie hatte gerade eine Dusche genommen, als er, ohne daß sie
es gehört hatte, nach Hause gekommen war. Im letzten
Augenblick, bevor er sie, wie er es gerne tat, erschrecken konnte, nahm
sie eine flüchtige Bewegung wahr, sodaß sie
wußte, daß es sich um niemand anders handeln konnte
als um ihren Mann. Als Robert ihr von hinten seine Hände auf
die nackten Schultern legte, schrie sie nicht auf, wie sie es sonst
tat. Sie wußte, daß er auf diesen Schrei wartete
und ein wenig enttäuscht war, als er ausblieb. Dennoch war
etwas anders als sonst: Roberts Hände - es waren die
Hände eines Mannes, der körperliche Arbeit
verrichtete, der Holz hackte, Getreidesäcke schleppte oder
Kartoffeln aus der Ackerfurche aufsammelte, Hände, mit denen
sie seit ihrer Kindheit nicht mehr in Berührung gekommen war.
Der Mann, der gewiß ihr Mann war und doch gleichsam
über Nacht zu einem anderen geworden war, löste das
Handtuch, das sie sich um die Hüften gewickelt hatte,
ließ es zu Boden fallen und preßte sanft seinen
bekleideten Körper gegen ihre Nacktheit. Die Masse, der Druck,
die Wärme, die Spannung - die Physik dieser Umarmung sprach
eine deutliche Sprache.
Sie wandte sich nicht um - Robert drehte sie zu sich her. Es schien ihm
ein Bedürfnis zu sein, daß sie ihn so sah, wie er
war - gleichgültig, ob sie es guthieß oder nicht.
Natürlich war er kein anderer geworden, nur weil seine
Hände von ungewohnter körperlicher Arbeit Schwielen
hatten; weil seine Fingernägel dreckig waren; weil er dunkle
Ränder unter den Augen hatte und überhaupt
abgearbeitet aussah - auch wenn dies alles in seinem Fall nicht
unbedingt das Werk einer Woche oder gar eines Monats war, sondern
wahrscheinlich nur eines einzigen Tages. Es war etwas Geducktes an ihm,
das ihm in jenem Augenblick den Status eines Unbekannten verlieh. Er
hatte einen fast gemeinen Gestank an sich. Er stand nicht wie sonst
gerade da - neugieriger und doch in sich gekehrter Blick, markantes
Kinn, hohe Stirn -, sondern hing wie an einem Kleiderbügel in
der Luft. Er würdigte sie nicht eines Blicks, sondern vieler
kleiner, ein Kartenspieler, der wahrscheinlich nur ein bescheidenes
Blatt in Händen hielt, sich aber dennoch am Ausspielen
erfreute.
Iris hätte ihn gerne gefragt, wo er gewesen war. Was er
gemacht hatte. Sie hatte den ganzen Tag über vergebens
versucht, ihn am Handy zu erreichen, hatte ihm zwei E-Mails geschickt,
die unbeantwortet geblieben waren. Ihn in seinem Büro
anzurufen war sinnlos, da er fast nie ans Telefon ging, um abseits von
Sitzungen und Besprechungen allem institutsinternen Kram aus dem Weg zu
gehen; ein Verhalten, mit dem er sich bei den Kollegen rasch unbeliebt
gemacht hatte. "Ich lerne gerade die Stadt kennen", sagte er.
Sie fragte nicht nach, was das zu bedeuten hatte. Sie kannte ihn genug,
um zu wissen, daß er ihr früher oder später
davon erzählen mußte, ob er wollte oder nicht. "So
wie du aussiehst, könnte man meinen, es wäre das
Land", antwortete sie.
Iris wußte, wovon sie sprach, sie war auf dem Land
aufgewachsen, in einem jener Dörfer, die ein gutes
Stück hinter dem grünen Gürtel lagen, der
das Antlitz der Stadt wie eine Umrißlinie umgab. Sie wirkte,
als wäre sie nachträglich hinzugefügt
worden, dabei war es genau umgekehrt.
Frauen aus ihrem Bekanntenkreis, die ebenso dem Leben am Land entronnen
waren wie sie, träumten nach zwanzig Jahren
Großstadt inzwischen davon, zurückzukehren. In ihrer
Erinnerung hatte sich das Landleben zu einem Leben in der Natur
verklärt. Die Bilder, die sie dabei beschworen, entstammten
ausschließlich ihrer frühesten Kindheit, als sie
noch auf Mund- und Nasenhöhe mit der Pflanzen und Tierwelt
existierten. In ihnen herrschte ein ausgeprägt saftiges,
feuchtes Element vor, das weniger einer Beschreibung der Welt
über als einer unter Wasser zu entstammen schien, als
wäre das Leben auf dem Land ein Schweben im Fruchtwasser
gewesen, während das Leben in der Großstadt der
Katastrophe der Geburt gleichkam.
Iris' Dorf lag am westlichen Ausläufer einer Ebene, die sich
über zwei Staatsgrenzen erstreckte. Wenn der Sommer sich gegen
Durchschnittswerte und für Extreme entschied, fuhren die
Sonnenstrahlen wie Sensenhiebe ins Land. Das Gras nahm die Farbe von
Walnußschalen an, was einen Rückschluß auf
die Härte und Unnachgiebigkeit zuließ, mit der die
Sonne es traktierte. Der Geruch des Heus, das eingefahren werden
mußte, bevor die Felder sich in eine offene Feuerstelle
verwandelten, drang bis in Iris' Klassenzimmer. Weizen und Mais
wuchsen, als sei das Wachstum eine Schlacht, bei der sie auf heftige
Gegenwehr stießen. Der Wasserpegel sank, manche
Gewässer trockneten aus. Ihre Großmutter hatte
einmal versucht, ihr zu erklären, was ein Herzinfarkt war. Als
Iris die im Schlamm um ihr Leben zappelnden Fische sah, verstand sie,
was ihre Großmutter damit meinte, wenn sie sagte,
daß das Herz sich die Entscheidung nicht leicht machte und in
der Brust um sich schlug, bevor es den Körper, den es antrieb,
seinem Schicksal überließ. Die zweckgebundene
Materie verging ebenso gleichgültig, wie sie sonst gedieh.
Der Mensch erwies sich als beflissener Zauberlehrling der Sonne.
Sein Zauberstab bestand jedoch nicht aus Lichtteilchen, sondern aus
Baustoffen. Der Asphalt der Straßen und der Beton der
Tankstellen und Supermärkte übten eine
ähnlich magische Wirkung auf die Landbevölkerung aus,
wie es sonst nur Stoffe taten, die das Fernsehen zum Träumen
und Kaufen anbot. Auf- und Zufahrten, die zuvor ein Mittelstreifen aus
Gras zierte, wurden ebenso geteert wie Forststraßen oder der
Platz um die Kirche, der nur noch der geographische Mittelpunkt des
Ortes war. Wo Erde und Gras zuvor die Steifheit der Bewegungen und
Gefühle bei Hochzeiten und Begräbnissen abgefedert
hatten, wurde auf dem Asphalt das Gezwungene, das diesen Ritualen
beigemengt war, hör- und spürbar.
Wo einmal Kuhweiden gewesen waren, errichtete man Betonkästen
mit Zufahrt zur Bundesstraße für jene, die ein Leben
im Grünen führen wollten, ohne damit enger in
Berührung zu kommen.
Der Flecken, auf dem Iris groß wurde, hatte alles, was man
sich vom Leben auf dem Land erwartete - in dem Sinn, daß eine
Visage auf einem Steckbrief immer noch das Gesicht eines Menschen
blieb. Das Wild, das sich dort umtrieb, wurde eher totgefahren als
totgeschossen. Es gab Triller und Gezwitscher, aber was waren
Spatz,
Amsel und Meise schon gegen die Vögel, die in für sie
unerreichbaren Höhen auf ihrer berechneten Anflugbahn dem
zwanzig Kilometer entfernten Flughafen entgegendonnerten. Das
Grün wucherte spärlich, und das Blau trat nicht oft
über die Ufer, dennoch beschränkte man den Wald auf
Schneisen zwischen Häusern, Straßen und
Äckern und regulierte das lose Netz der Bäche zu
einem charakterlosen Kanal, in dem es weniger Forellen und
Flußkrebse als umgekippte Einkaufswagen zu sehen gab. Als
schließlich die ersten Windräder aufgestellt wurden,
fanden die Augen auch am Horizont keine Ruhe mehr. Eine
Verwüstung folgte der anderen. Wie sehr hätte Iris
über all das lachen können, wäre sie nicht
selbst ein Teil davon gewesen.
Babsi war Iris’ beste Freundin. Ihre Eltern waren
Nebenerwerbsbauern. Als die Windräder in Sichtweite ihres Hofs
aufgestellt wurden, protestierten die Eltern nicht dagegen.
Keineswegs nur, weil Proteste gegen Verordnungen, die man nach dem
Willen der Politiker zu akzeptieren hatte, damals noch nicht auf der
Tagesordnung standen. Babsis Eltern wußten gar nicht, wogegen
sie hätten protestieren sollen. Es gab in ihrer Umgebung
nichts Vergleichbares, und in den Medien wurde ausschließlich
Positives über diese umweltfreundliche Form der
Energiegewinnung verbreitet.
So war es nicht verwunderlich, daß sie, als sie immer
schlechter schliefen, anfangs die Zunahme des Flugverkehrs
dafür verantwortlich machten. Der Schlaf wurde zu einem Wurm,
dem man dabei zuhören konnte, wie er sich durch den
Körper fraß, sodaß die Eingeweide unter
der Haut bebten und man zitternd erwachte. Babsis Eltern hielten den
Atem an, öffneten das Fenster, lauschten - nichts.
Es dauerte eine Weile, bis sie herausfanden, daß es an den
Schallwellen der Windräder lag, die die Federkerne der
Matratzen zum Schwingen brachten. Wenn der Wind tagsüber die
Räder bewegte, trieben
Schatten über das Haus, als
steche jemand vom Himmel herab darauf ein. Die Eltern hofften, sie
würden sich im Laufe der Zeit ebenso daran gewöhnen,
wie man sich früher, als der Misthaufen noch hinter dem Haus
war, an die Fliegen gewöhnt hatte, die man sich
ständig aus dem Gesicht wischen mußte.