Michael Schredl: "Träume"
Unser nächtliches Kopfkino
Vom kreativen Potenzial unserer Träume
Schon immer zeigten sich die Menschen fasziniert von den
rätselhaften und teils bizarren Bildern, die sich
während des Schlafes als Träume in unserem Gehirn
abspulen. Man maß ihnen tiefer gehende Bedeutungen bei, man
hielt sie für geheime Offenbarungen, glaubte, sie
kündeten von kommenden Dingen und Ereignissen. Und noch heute
sieht man darin verschlüsselte Botschaften des Unbewussten.
Schon früh, lange vor
Sigmund Freud, erschienen
Bücher über Traumdeutungen und Traumsymbole, die
meisten davon waren aber von rein spekulativem, bestenfalls
pseudowissenschaftlichem Charakter.
Michael Schredls Beitrag zum Traumgeschehen dagegen ist rein
wissenschaftlicher Natur, nüchtern und frei von allem
esoterischen Ballast. Wer also Spektakuläres erwartet, wer auf
mystische Spekulationen über das Wesen der Träume aus
ist, der wird enttäuscht. Der Autor, einer der renommiertesten
Traumforscher weltweit, bringt in erster Linie statistisches Material,
das er mit seinen Kolleginnen und Kollegen ausgewertet hat, um die
Vorgänge, die sich während des Schlafes in unserem
Kopf abspielen, besser verstehen zu können. Vermutlich auch
der einzige Weg, um sich dem Phänomen des Träumens
auf wissenschaftlicher Basis zu nähern. Und ein
mühsamer Weg dazu, denn die statistischen Methoden zur
Auswertung und Erklärung von Trauminhalten führten
und führen immer wieder zu widersprüchlichen
Ergebnissen. Viele entscheidende Fragen bleiben offen, und auch die
Kardinalfrage, warum wir überhaupt träumen, ist nach
wie vor ungeklärt. Der Traum weigert sich also, das Geheimnis
seiner tieferen Bestimmung preiszugeben. Von daher ist der Untertitel
des Buches "Die Wissenschaft enträtselt unser
nächtliches Kopfkino" etwas irreführend. Lediglich
vage Erklärungsversuche sowie mehr oder weniger ungesicherte
Theorien konnte die Wissenschaft bislang liefern.
Aber statistisches Material ist natürlich nicht alles, was
Michael Schredl in seinem Buch über die Träume seinen
Lesern zu bieten hat. Das Buch enthält auch die Aufforderung
an den Leser, sich selbst eingehender mit den eigenen Träumen
zu beschäftigen. Dazu gibt er praktische Tipps, das kreative
Potenzial, das in den meisten Träumen verborgen liegt, besser
zu nutzen, das Erinnerungsvermögen an Träume zu
verbessern oder sogar bewusster zu träumen, sich im Traum
bewusst zu werden, dass man träumt. Dieser Vorgang wird von
den Traumforschern als luzides Träumen bezeichnet und kann
laut Schredl auch erlernt werden. Mit den Techniken, sich diese
Fähigkeit anzueignen, macht er seine Leser dann im Kapitel
über die luziden Träume vertraut. Von den
physiologischen Grundlagen des Schlafes, der Forschung im Schlaflabor,
bis hin zur praktischen Traumarbeit reicht die Themenpalette, die
Michael Schredl den Lesern in diesem unterhaltsamen Buch
präsentiert. Alle für das Schlafen und
Träumen relevanten Themen finden Berücksichtigung,
immer auch praxisorientiert, ob es sich nun um die richtige Therapie
von Angstträumen handelt, um den richtigen Umgang mit
Schlafwandlern oder was auch immer. Einen hohen Stellenwert im Buch
nimmt dabei die praktische Traumarbeit ein, die ein jeder zum eigenen
Wohle und Nutzen leisten kann.
Das Buch ist zwar wissenschaftlich nüchtern, aber dennoch
leicht verständlich geschrieben. Es ist auch keineswegs
langweilig, obwohl doch die eher trockene Statistik die Grundlagen der
modernen Traum- und Schlafforschung bildet. Neben zahlreichen Thesen
und Theorien erfährt man aber auch einige neue Fakten zum
Thema, manch ein Leser muss sich vielleicht auch von bisher gehegten
falschen Vorstellungen oder Legenden, die das Träumen
betreffen, verabschieden. Ein interessant zu lesendes Buch, von
Spannung, die uns der Umschlagtext suggerieren will, mag ich hingegen
nicht reden, spannend ist etwas anderes. Aber unterhaltsam ist es
schon. Unangenehm aufgestoßen ist mir lediglich der
häufige Wechsel zwischen weiblicher und männlicher
Form. Schredl rechtfertigt das mit folgendem Hinweis: "Im
Buch wird oftmals die weibliche Form verwendet. Gerade beim Thema Traum
haben die Frauen die Nase vorn: Sie erinnern sich häufiger an
Träume, interessieren sich häufiger für die
Traumarbeit und besuchen häufiger Traumgruppen."
Bisweilen kann aber diese Benutzung der weiblichen Form schon ziemlich
absurd wirken, wenn beispielsweise auf Seite 52 des Buches den Lesern
eine Liste von Autorinnen präsentiert wird, die fast
ausschließlich aus Personen männlichen Geschlechts
besteht. Auch die in meinen Augen lächerliche hybride
Schreibweise
PatientInnen findet sich gelegentlich im Text. Ich
frage mich, was das soll. Schwamm drüber. Ich kann das Buch
jedem empfehlen, der für das Thema Traum ein gewisses
Interesse aufbringt, und dieses Interesse sollte doch bei den meisten
Menschen, nicht nur bei Frauen, vorhanden sein.
(Werner Fletcher)
Michael Schredl: "Träume. Unser nächtliches
Kopfkino"
Springer Spektrum.
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Michael
Schredl, promovierter Psychologe, leitet das Schlaflabor am Zentralinstitut für
Seelische Gesundheit der Universität Mannheim. Er ist einer der führenden
deutschen Traumforscher.
Weitere Buchtipps:
Stefan Klein: "Träume. Eine Reise in unsere innere Wirklichkeit"
Vergessen Sie alles, was Sie über Träume zu wissen meinten!
Träume sind der verborgene Teil unseres Selbst. Aber in einer zunehmend
hektischen Welt haben wir den Zugang zu unseren nächtlichen Erlebnissen verloren
- und Sehnsucht danach, ihn zurückzugewinnen.
Stefan Klein nimmt uns mit auf eine einzigartige Entdeckungsreise in das Land
der Träume. Er stellt die Faszination, die Träume seit jeher auf uns ausgeübt
haben, in den Rahmen der neuesten Wissenschaft. Mit Hirnabtastungen und riesigen
Traumdatenbanken hat sich diese in den letzten Jahren völlig neue Wege zu
unserem Bewusstsein gebahnt. Stefan Klein zeigt uns verständlich und spannend,
was Träume uns wirklich sagen, wie sie uns neue Einsichten und Horizonte
eröffnen und wie wir sie als mentales Training nutzen können.
Alles, was wir heute über Träume wissen, und was sie tatsächlich über uns
erzählen. (S. Fischer)
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Christoph
Türcke: "Philosophie des Traums"
Die tiefgründige philosophische Analyse, die dieses Buch unternimmt, gilt
einem Phänomen, das wir alle kennen. Seine Anfänge reichen wenigstens bis in die
Altsteinzeit zurück, schon in der Antike wurde es professionell behandelt, doch
erst im 20. Jahrhundert wissenschaftlichen Standards unterzogen: der Traum.
Wir träumen, wenn wir aufgehört haben zu denken, und doch ist der Traum nicht
gedankenlos. Er zeugt von einem Denken unterhalb des Denkens. Seine massenmedial
nach außen gekehrte Form ist der Film, der seinen Betrachter in eine Art
Wachtraumleben hineinzieht. Der Traum selbst ist jedoch der Inbegriff des
Innerlichen. Nur wer in sich versunken ist, kann träumen. Es gibt einen
historischen Punkt, an dem sich diese Gegensätze auf brisante Weise berührt
haben. 1895 wurden in Paris die ersten Filme gezeigt. In Wien indessen
"enthüllte sich am 24. Juli 1895 dem Dr. Sigmund Freud das Geheimnis des
Traumes". Für Christoph Türcke wird diese Koinzidenz zum Ausgangspunkt einer
philosophischen Mentalarchäologie des Traums, mit dem Ziel, die Primärprozesse
unseres Denkens und unserer Kulturbildung freizulegen. (C.H. Beck)
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Antonio Fian: "Im Schlaf"
Träume sind die besten Erzählungen - meinte zumindest der Surrealismus und
lieferte nicht immer ganz überzeugende Beispiele für diese Behauptung. Womit
Breton & Co - und auch Freud - aber auf jeden Fall recht hatten: Träume sind
eine unerschöpfliche Quelle aberwitzigen Humors und absurdester Einfälle. Man
muss sie nur noch in die rechte Form bringen: "... ihr Schriftsteller habt es
gut, es kann kommen, was will, ihr braucht nur einen Stift und ein Blatt Papier
und könnt sofort wieder mit der Arbeit beginnen", sagt (nach einem
gewaltigen Erdbeben) jemand zum Schriftsteller
Erich Hackl -
jedenfalls in einer Fian'schen Traumszene.
Diese in erstklassige Kurzgeschichten verwandelten erstklassigen Träume
enthalten alles, was wir an unserer Schlafproduktion lieben: Hinrichtungen,
Katastrophen, sexuelle Bizarrerien und Wunscherfüllungen der Sonderklasse. Da es
sich beim Träumer um Antonio Fian handelt, nimmt es nicht Wunder, dass auch
seine Arbeitswelt und seine Kollegen (und Konkurrenten) in unbezahlten Haupt-
und Nebenrollen auftreten. Und das Schwierigste an Träumen, ihre
Verständlichkeit, diese Frage stellt sich gar nicht erst, denn die Frage nach
Sinn und Bedeutung ist ja die Spezialdomäne der Literatur!
So wie Träume diverses (verwandlungsbedürftiges) Material verwandeln, verwandelt
der Autor das Rohmaterial der Träume in Erzählungen. Ist das nicht der
Verwandlungsvorgang, den Literatur immer vollziehen muss? Antonio Fian gewährt
dem Leser mit diesen Kurzgeschichten einen fantastischen und sehr unterhaltsamen
Einblick in die hellwache Wirklichkeit. (Droschl)
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Boris Wandruszka: "Der Traum
und sein Ursprung. Eine neue Anthropologie des Unbewussten"
Es ist wissenschaftlicher Konsens, dass der Traum das Produkt des "Unbewussten"
ist. Aber was ist das "Unbewusste"? Definitionsgemäß ist dieses weder einer
empirischen noch einer phänomenologischen Deskription zugänglich. Die
vorliegende Arbeit hat sich die Aufgabe gestellt, aus einer detaillierten und
umfassenden phänomenologischen Analyse des Traumgeschehens mittels einer
wissenschaftlich exakt angegebenen und durchgeführten Methode (der so genannten
"reduktiv-regressiven Analyse") auf die notwendigen und wahrscheinlichen
Wirkfaktoren zurückzuschließen, ohne die der Traum in seiner Phänomenalität
nicht erscheinen könnte. Über diesen Umweg gelingt es im Weiteren auf zwanglose
Weise, die innere Natur des Unbewussten zu bestimmen und somit erstmals
wissenschaftlich nachprüfbar über den Ursprung des Traums und das Wesen des ihm
zugrunde liegenden Unbewussten, mithin über das Verhältnis des Letzteren zum
Bewusstsein genauere Aussagen zu treffen. Dabei stellt sich heraus, dass der
Traum in seiner Entstehung und in seiner Gestalt nicht zureichend durch
neurobiologische Faktoren, leibliche Sinnesprozesse, unbewusste (bzw.
verdrängte) Triebkräfte (Freud, Adler), ein kollektives Unbewusstes (Jung) oder
ein "Seinsgeschick" (Boss) erklärt werden kann, sondern auf eine wesentlich
schöpferisch-geistige Potenz zurückgeht, die zwar zum Wesen der menschlichen
Gesamtperson gehört, ja deren Quell ist, aber durch eine anthropologische Kluft
vom empirischen Ich- bzw. Weltbewusstsein getrennt ist. Anhand vieler konkreter
Träume wird die außerordentliche Vielschichtigkeit, Vielseitigkeit und
Abgründigkeit des Traumgeschehens resp. des Unbewussten dargestellt, um erstens
eine Revision der gängigen Theorien des Traums und des Unbewussten vorzunehmen,
zweitens die menschliche Anthropologie durch eine wesenserhellende Dimension zu
erweitern und drittens der therapeutischen Arbeit ein
wissenschaftlich-philosophisches Fundament zu geben und einen konstruktiven,
hilfreichen Horizont zu eröffnen. Im Fortgang der Studie werden die eigenen
Erkenntnisse mit allen bedeutenden Traumtheorien der neueren Zeit konfrontiert
und ins kritische Gespräch gebracht. Neurobiologische, leibanthropologische,
tiefenpsychologische, hermeneutische und philosophische Diskurse, aber auch die
Erfahrungen archaischer Kulturen werden herangezogen, um das Traumphänomen und
die vielen Dimensionen des
Unbewussten umfassend zu würdigen. Vor allem die kaum
zu überschätzende Sinntiefe, Abgründigkeit und schöpferische Kraft des
Unbewussten sollen deutlich werden und zeigen, dass der Traum der Abkömmling
einer nur schwer fassbaren, kaum glaublichen und dennoch nicht zu leugnenden
Wesenszwiefalt und Wesenstranszendenz des Menschen ist. (Verlag Karl Alber)
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Verena Kast: "Träume. Die
geheimnisvolle Sprache des Unbewussten"
Was sind eigentlich Träume? Und warum träumen wir? Was geht dabei in unserem
Gehirn vor? Und welche Bedeutung haben die Träume für uns? Die Psychologin
Verena Kast zeigt: Wenn wir uns mit unseren Träumen beschäftigen, helfen sie,
uns selbst besser zu verstehen - auch wenn wir ihr ganzes Geheimnis nicht immer
enthüllen können ...
Verena Kast untersucht das Phänomen Träumen aus Sicht der modernen
Hirnforschung,
der psychologischen Traumforschung und der Psychologie
C. G. Jungs. Träume tragen zur Konfliktbewältigung und zur
Persönlichkeitsentwicklung bei, wie viele eindrucksvolle Fallbeispiele
verdeutlichen. (Patmos)
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Helmut Pfotenhauer, Sabine Schneider:
"Nicht völlig Wachen und nicht ganz im Traum"
zur Rezension ...
Die Halbschlaflieder in der Literatur