Andrzej Szczypiorsky: "Feuerspiele"

Wieviel an "guter Absicht", wieviel an moralisierender Befrachtung verträgt ein Roman?


Dass das eigentliche Handlungsgerüst nur den Rahmen für die Mitteilung von aus verschiedensten Gebiete entstammenden Überlegungen bildet, ist weder neu noch an sich schlecht. Dies darf den Autor jedoch nicht davon entbinden, ein originelles und überdies stringentes Handlungsgerüst zu erfinden, denn sonst gilt auch bei bester Absicht: Man merkt sie und ist verstimmt.

Ganz schlimm wird es, wenn nun sowohl Handlungsgerüst als auch der eigentliche philosophische Kern misslingen. Genau dies ist in Szczypiorskis Roman Feuerspiele passiert. Die Bekämpfung des Vergessens, des Verdrängens, des Verharmlosens mag eine gute, eine edle, eine anerkennswerte Absicht sein. Aber rechtfertigt dies einen Roman mit Figuren, die sich völlig aus sich aufgrund ihrer nationalen Herkunft ergebenden Klischees erklären und vorhersehen lassen, mit einer unplausiblen und konstruierten Handlung, die nur eines ermöglichen soll: Rückblenden und Reflexionen über Vergangenes, vorzugsweise über den Holocaust, dessen Grauen somit wieder einmal herhalten muss, um einen völlig substanzlosen Roman mit Leben (besser Sterben) zu erfüllen, einen Roman mit Reflexionen überdies, die unnötig und weitläufig erscheinen, welche je nach Sympathie für die reflektierende Person (dh für deren Nationalität) dieser in den Mund gelegt werden, im günstigsten Fall eine günstige Ansicht (wohl auch die des Autors) oder im weniger günstigen Fall eine ungünstige Ansicht wiedergebend?

Also ganz sicher nicht "ein Buch, das man lesen muss" (Klaus Harpprecht/Die Zeit, Hamburg) oder "das weise Alterswerk eines großen europäischen Homme de lettres" (Kommentar auf der Buchrückseite). Ist dies in der Tat der Weisheit letzter Schluss?

(Franz Lechner; 04/2002)


Andrzej Szczypiorsky: "Feuerspiele"
Taschenbuch:
Diogenes, 2002. 363 Seiten.
ISBN 3-257-23327-2.
ca. EUR 11,90.
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Gebundene Ausgabe:
Diogenes, 2000. 362 Seiten.
ISBN 3-257-06253-2.
ca. EUR 19,90.
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