Ernst Solèr: "Staub im Wasser"


Der zweite Roman um den Zürcher Kripohauptmann Fred Staub

Nachdem im ersten Roman Brandanschläge auf die öffentlichen Verkehrsmittel Zürichs im Vordergrund standen, die auch seine Familie gefährdeten, hat es Staub nun mit einem ungewöhnlichen Täter zu tun, der seine Opfer - anscheinend mit einem Schwerthieb - köpft und danach in ziemlich flache fließende Gewässer wirft, weshalb es geradezu unvermeidlich ist, dass diese Leichen umgehend gefunden werden; allerdings in der Regel ohne die dazugehörigen Köpfe.

Die Melone zerspritzte mit einem dumpfen Plopp. Voller Bewunderung starrte er auf das blitzende Werkzeug in seiner Hand. Sein Schwert war das schärfste weit und breit, da war er sich sicher. Scharf genug, ganz Panama zweizuteilen, einen zweiten Kanal durch dieses korrupte Land zu schlagen. Erbarmungsloser, unaufhaltbarer Stahl. Liebevoll wischte er mit dem Zeigefinger den Melonenmatsch von der Klinge. Sein Schwert war mächtig, unerschrocken und stark, ein Menetekel, das aufrütteln würde. (Aus "Staub im Wasser")

Während Staub auf die Rückkehr seines wellenreitenden Sohnes von den Malediven wartet und sich über die Fortschritte seiner studierenden Tochter freut, muss er sich immer wieder an nasse Fundorte begeben, wo sich die geköpften Leichen finden. Bei den Opfern handelt es sich, wie sich schließlich herausstellt, um Treuhänder aus Zürich, die sich in den 1990er Jahren durch riskante Anlagen von Klientengeldern allerlei Feinde gemacht haben.
Aber zunächst, als nur eine Leiche vorhanden ist, scheinen die Tatumstände auf ein wesentlich persönlicheres Motiv in Bezug auf das Opfer hinzudeuten. Erst als die Leiche des direkten Kompagnons kopflos aufgefunden wird, wird das Geschäftsgebaren der beiden Männer näher unter die Lupe genommen. Doch auch ihre Privatbereiche haben einige mehr oder minder dunkle Momente aufzuweisen.

Mit zu wenig Personal und einigen Ablenkungen von familiärer Seite zieht Staub auf der Suche nach möglichen Motiven, Gelegenheiten und potenziellen Tätern durch große Teile der Schweiz, wobei ihm neben den Problemen in der eigenen Dienststelle auch wiederholt Fragen der Zuständigkeiten zwischen den einzelnen Kantonen in die Quere kommen. Dabei erweist es sich als wenig hilfreich, dass die Motive, welche den Enthauptungen zugrunde liegen könnten, eine gewisse Streubreite aufweisen.

Die eigentliche Krimihandlung plätschert angenehm beruhigend vor sich hin und bleibt selbst in den eher hektischeren Phasen auffallend unaufgeregt. Dies gilt auch für die in Staubs Privatleben auftauchenden Probleme, die aber im Großen und Ganzen keine schwerwiegenden darstellen, und deren Lösung auch deutlich zu glatt vonstatten geht. 
Ein Krimi, so beschaulich, wie man sich die Schweiz manchmal vorstellt.

Zweite Romane einer Reihe dienen oft eher dazu, die wichtigen Figuren verstärkt vorzustellen, anstatt eine wirklich mitreißende Handlung zu erzählen. Es bleibt zu hoffen, dass sich das Gleichgewicht zwischen Charakterezeichnung und Falldarstellung im nächsten Band wieder deutlich verschiebt.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 02/2007)


Ernst Solèr: "Staub im Wasser"
Grafit Verlag, 2007. 222 Seiten.
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