Karin Slaughter: "Das Armband"
 


Karin Slaughter (Hrsg.): "Das Armband"

16 Kurzgeschichten von 15 amerikanischen und britischen Autorinnen und Autoren, die in verschiedenen Ecken der Welt spielen und sich alle um den Weg eines Armkettchens mit einigen Glücksbringern daran durch die Jahre und Besitzerinnen und Besitzer drehen. Dabei sind die Glücksbringer mal selber von Bedeutung, mal bekommt das Schmuckstück "Zuwachs" durch neue Glücksbringer, die die jeweiligen Besitzerinnen und Besitzer daran anbringen. Wirkliches Glück hat aber keiner von ihnen. Eher im Gegenteil, und nur zu oft rutscht das Kettchen aus sterbenden Fingern um kurz darauf von einem neuen "Glückspilz" gefunden zu werden ...

Die einrahmenden beiden Kurzgeschichten/Kapitel hat die Herausgeberin selber geschrieben, wobei die erste Geschichte ("Rootbound") zur Zeit der amerikanischen Besiedlung spielt und mit dem Aufeinandertreffen von Fallenstellern und Indianern zu tun hat. Darin gibt es die ungewöhnlichste Vergewaltigung, über die der Rezensent je gelesen hat. Die beiden folgenden Geschichten/Kapitel haben mit dem Rassismus im amerikanischen Süden zur Zeit der Sklaverei ("Vanitas" von Emma Donoghue) und mit den amerikanischen Streitkräften im Zweiten Weltkrieg ("Cornelius Jubb" von Peter Robinson") zu tun. Kurz darauf - im Zusammenhang mit dem britischen Testpilotenprogramm - begegnen wir einem Trisomie-23-Opfer ("Down and Dirty" von Fidelis Morgan). Danach präsentiert uns Lynda La Plante mit "The Goblin" die erste schieflaufende Liebes- und Eifersuchtsgeschichte; ein Thema, das mit mehr oder weniger großer Gewalttätigkeit und aus verschiedenen Blickwinkeln danach in Mark Billinghams "Stroke of Luck", Denisa Minas "Two Death and a Mouthful of Worms", John Harveys "Favour" und Kelley Armstrongs "Plan B" stark im Vordergrund steht - kurz aufgelockert durch eine Polizeigeschichte von Lee Child mit dem Titel "The Snake Eater by the Numbers".

John Connollys "The Inkpot Monkey" erzählt die Geschichte einer gierigen Muse und des Preises eines wirklich großen Romans für seinen Autor. In "Acts of Corporal Charity" liefert uns Jane Haddam wieder einmal den Beweis, dass die grausamsten Fantasien manchmal aus der Feder von Frauen stammen. In "Not quite U" erzählt uns dann Laura Lippman ihre ganz persönliche und sehr realistische Version vom "Doppelten Lottchen", und im Rahmen der mehr oder weniger kindgerechten Erzählungen hören wir dann von Peter Moore Smith von "The Things We Did to Lamar" - und denen, die dann Lamar Anderen antat, was leicht an einige Erzählungen über Jugendliche von Stephen King erinnert. In "The Eastlake School" demonstriert uns Jerrilyn Farmer eindrucksvoll, was mit jungen Damen geschieht, an die ihre Eltern zu hohe akademische Ansprüche stellen.

In der letzten Geschichte werden schließlich die Überlegungen einiger christlich- fundamentalistischer Gruppierungen in den USA kritisch unter die Lupe genommen und außerdem werden die verbindenden Kernaspekte der vorhergehenden Geschichten zusammengeführt.

Sehr bedenkenswerte und spannende Geschichten von durchgehend hoher erzählerischer und sprachlicher Qualität. Die Autorinnen und Autoren sind den Krimifans zum Teil sicherlich bekannt, manche sind aber eher lokale Größen, so dass die Kurzerläuterungen am Ende des Buchs sicher noch Neugierde auf mehr wecken, besonders, da hier auch viele "novels in progress" angekündigt werden, die man schon mal vorbestellen kann.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 05/2004)


Karin Slaughter: "Vergiss mein nicht"
(Originaltitel "Kisscut")
Übersetzt von Teja Schwaner.
Wunderlich, 2004. 
ISBN 3-8052-0731-X.
ca. EUR 19,90.
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Karin Slaughter (Hrsg.): "Das Armband"
(Originaltitel "Like a Charm")
Rowohlt, 2005.
ISBN 3-499-23867-5. 
ca. EUR 8,90.
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