Achim Schwarze: "Achimowitz.
Ein
Mann sagt Ja zur Überstunde"
Selten war ein Buch so
zwingend notwendig wie dieses, ja die aus dieser zwingenden Notwendigkeit
resultierende Vorhersehbarkeit wäre unter normalen Umständen das größte Gift für
dessen humoristische Anliegen, denn wer lacht schon gern über vorhersehbare
Pointen? Nun sind aber die vom "modernen Wirtschaftsbetrieb" geschaffenen
Umstände, also mit anderen Worten die Unzumutbarkeiten neoliberalistischer
Wirtschaftspolitik, alles andere als "normal", auch wenn sie einem großen Teil
der leidgeplagten werktätigen Bevölkerung mittlerweile selbstverständlich
erscheinen müssen. Achimowitz, dem Helden in Achim Schwarzes Büchlein, sind sie
jedenfalls selbstverständlich, anders könnte er deren TOTALE Verinnerlichung
nicht so brillant bewerkstelligt haben.
Achimowitz, ein Vorname ist uns durchaus konsequenterweise nicht mitgeteilt
worden, ist eine Art moderner Schwejk: Systematische Befolgung des dümmsten
Auftrags, Kultivierung einer neuen Art von Bürokratie, deren eigendynamische
Vertrottelung jegliche Bürokratie traditionellen Zuschnitts um Welten übertrifft,
völlige Außerachtlassung mittel- und langfristigen Denkens. Achimowitzens Wesensart
ist im Grund reine Subversion,
konsequente Nicht-Leistungserbringung.
Sein enormer Fleiß besteht in der konsequenten Umsetzung der ganzen Errungenschaften
neoliberaler Betriebs- und sonstiger Pseudowissenschaft mit dem einzigen Zweck,
seine Leistungsverweigerung zu legitimieren, dies mit einer Raffinesse, vor
deren dialektischer Spitzfindigkeit sämtliche marxistische Chefideologen vor
Neid erblassen müssten. Er mag scheinbar der Mensch gewordene Traum aller Chefs
sein, in Wirklichkeit jedoch ist er der Alptraum aller Vorstände und Firmeninhaber,
(soweit natürlich diese über Intelligenz und Übersicht verfügen, dies zu erkennen,
was jedoch in der Tat nicht der Fall zu sein scheint). Tatsächlich erbringt
Achimowitz keinerlei produktive Leistung, auch die Synergie- oder sonstige Effekte
sind mehr als fragwürdig, und - glaubt man fortschrittlicheren Sozial- und Wirtschaftsforschern
- keineswegs neutral, sondern vielmehr höchst kontraproduktiv als neutral. Das
hehre und auch von Achimowitz propagierte Ziel des Konzerns, nämlich die WELTHERRSCHAFT,
wird sich erfreulicherweise so nicht erzielen lassen. Ein Konzern bestehend
aus lauter Achimowitzen ist notwendig zum Untergang verurteilt.
Das ist die tröstliche Botschaft dieses Buches: der Wahnsinn des
Neoliberalismus
ist überwindbar, ist mit eigenen Waffen schlagbar, denn es handelt sich in Wahrheit
um eine äußerst dumme und niedrige Ideologie. Meetings, Marktstudien,
Management-Moden,
wie "leadership by emotions" - dieser ganze Wulst an Unsinn wird bloßgestellt
und dem höchst verdienten Gelächter preisgegeben.
(Franz Lechner; 12/2003)
Achim Schwarze: "Achimowitz. Ein Mann
sagt Ja zur Überstunde"
dtv, 2003. 127 Seiten.
ISBN
3-423-20673-X.
ca. EUR 7,50.
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Achim Schwarze, Jahrgang 1958, hat einst Kommunikation und Wirtschaftswissenschaften studiert und war selbst lange Jahre als Unternehmensberater tätig. Er hat über 30 Bücher veröffentlicht (das erste hieß "Gartenbau und Landwirtschaft", das erfolgreichste "Dünnbrettbohrer in Bonn. Aus den Dissertationen unserer Elite"). Er lebt abwechselnd auf seiner Zimtplantage in Sri Lanka und in Berlin.