Raoul Schrott: "Finis Terrae"
Vier Teile bilden das Ganze: das Tagebuch des Griechen Pytheas,
der im 4. vorchristlichen Jahrhundert auf seiner Entdeckungsfahrt bis hinauf
nach Island kommt, erzählt von den vielen Vorfällen unterwegs, vor allem natürlich
von den Sitten und Bräuchen der Einheimischen, denen die antiken Forscher auf
ihrem Weg begegnen.
Buch 2 und 3 stammen aus der Feder des Archäologen Höhnel,
Buch 2 umfasst Briefe an seinen Berufskollegen Schiaparelli; Buch 3 hingegen
persönlichste Erinnerungen und Gedanken, von seiner Kindheit in
Südafrika bis hin zu seinem augenblicklichen Zustand, dem eines Sterbenden.
Das letzte Buch schließlich besteht aus Tagebuchnotizen eines weiteren Entdeckungsreisenden,
welcher bei einer Expedition an den Rudolfsee in Zentralafrika einige seiner
Gefährten verliert.
Ebendieser Rudolfsee wurde
übrigens Jahrzehnte zuvor von dem Großvater Höhnels enteckt, Schiaparelli wiederum
war der Entdecker der Pytheasdokumente, welche dann von Höhnel ins Deutsche übertragen
wurden, und überhaupt kommt es in dem Buch zu zahlreichen, offensichtlichen und
subtileren, Überlagerungen der Personen, Orte, Namen und Motive.
Das liegt ganz in der Absicht des
Autors. Denn wie seine Helden
Inseln, Gestirnsbewegungen,
Körper kartografieren
und in der Erinnerung rekonstruieren, so entwirft der wirkliche Schreiber, Raoul
Schrott, eine Karte der Entsprechungen
und Zusammenhänge aus den unterschiedlichsten Ebenen der Wirklichkeit, von der
Archäologie bis zu
Mythologie
und Sexualität, von der
Astronomie bis zur
menschlichen Psyche, und bestimmt
ein paar Schnittpunkte darauf selbst mit seinem Roman.
Raoul Schrott gelingt mit "Finis Terrae" ein großer ästhetischer
Wurf. Er schafft ein multidimensionales Werk über des Menschen Bilder
von der Welt und ihrem Ende in seiner Spannung zwischen dem Wunder
der Existenz und der Gewissheit vom eigenen Tod.
(fritz)
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