Andrzej Sapkowski: "Lux perpetua"


Fulminanter Abschluss der Trilogie um die Hussiten-Kriege

Als der Medicus und Magier Reinmar von Bielau, genannt Reynevan, im Frühjahr 1429 einem verletzten gegnerischen Knappen das Leben rettet, hat sich Religionskrieg der böhmischen Hussiten längst zu einem Flächenbrand entwickelt, in dem Religion nur eine untergeordnete Rolle spielt. Es geht um eine Neuordnung des östlichen Mitteleuropas, und zu den am meisten begehrten Happen der Mächtigen gehört Reynevans geliebtes Schlesien.

Reynevan wird zu Beginn des dritten Bandes der Trilogie um die Hussitenkriege von seinem wohl mächtigsten Feind, dem Bischof von Breslau, öffentlich verdammt und ist damit endgültig vogelfrei. Dies ändert für ihn nicht viel, hat er doch seine Begabung, ständig zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, keineswegs eingebüßt. Hartnäckiger denn je verfolgt er allerdings sein Ziel, Jutta de Apolda zu finden, seine Geliebte, die vermutlich von der Inquisition entführt und als Faustpfand festgesetzt wurde.

Zunächst verschlägt es Reynevan nach Breslau. Es zeigt sich, dass der Knappe, den er gerettet und verarztet hat, Ziehsohn eines reichen Breslauer Kaufmanns ist, der sich erkenntlich zeigt. So verflüchtigen sich erst einmal seine finanziellen Probleme. Die anderen hingegen werden drückend: Reynevan wird erkannt und verraten und entkommt seinen Häschern wieder einmal nur um Haaresbreite.

Im Lauf der nächsten Monate begegnet Reynevan fast allen seinen Bekannten der letzten Jahre beziehungsweise der ersten beiden Bände der Trilogie, sofern sie noch leben. Nur mit Mühe und manchmal mit Gewalt gelingt es ihm und seinen wieder zu ihm gestoßenen Freunden Scharley und Samson, sich ihnen zu entziehen, möchten sie doch Reynevans mehr oder weniger versehentlich angeeignete Kenntnisse über die Taktik der jeweiligen Gegner intensiv nutzen. Sein gefährlichster Gegner, Birkhart von Grellenort, ist ihm ebenfalls dicht auf den Fersen und verwendet mächtige Magie, um sich als Erster Juttas zu bemächtigen.

Der Krieg hat inzwischen nach Sachsen übergegriffen, und Reynevan hat kein Interesse daran, die ihm zugewiesene Rolle wahrzunehmen, doch er ist auf den Schutz seiner Verbündeten und das Wissen seiner Gegner angewiesen, wenn er seine Geliebte finden will.

Dass sich Jutta und Reynevan im letzten Band der Trilogie wieder finden, dürfte klar sein. Allerdings verläuft das Wiedersehen in unerwarteter Weise und stellt einen der mächtigsten Wendepunkte der Trilogie dar, was die an Überraschungen gewöhnten Sapkowski-Leser nicht allzu sehr verwundern dürfte. Auch das Schicksal anderer Protagonisten, etwa Samsons und Grellenorts, erfüllt sich auf nicht voraussehbare Weise.

Reynevan hat sich weiterentwickelt. Der einst ziemlich naive junge Weiberheld ist reifer und wachsamer geworden und kann seine Gegner besser einschätzen, was ihn natürlich nicht vollständig vor deren tückischer Erfindungsgabe schützt, zumal sich die Koalitionen innerhalb des politischen Ränkespiels schneller neu zusammenstellen, als selbst ein aufmerksamer Beobachter dies zur Kenntnis nimmt.

Vor allem aber ist Reynevan der Gräuel müde, die sich ständig - und von Sapkowski wie gewohnt sehr detailliert geschildert - vor seinen Augen und nicht selten zwangsläufig mit seinem Zutun abspielen. Sein Wunsch, sich nur auf die Suche nach seiner Geliebten zu konzentrieren, geht dennoch nicht Erfüllung. Dennoch helfen ihm seine zahllosen Irrwege kreuz und quer durch Schlesien und benachbarte Regionen, Jutta zu finden, die sich im Übrigen keineswegs mit ihrer Gefangenschaft abgefunden hat.

Wie immer verbindet Sapkowski, der seine Trilogie dem Genre "historische Fantastik" zuweist (siehe Interview zum ersten Band), historische Fakten mit Magie und anderen fantastischen Elementen, die aber vorzüglich der spätmittelalterlichen Ideenwelt angepasst sind. Auch Sapkowskis ausgeprägter Sarkasmus, das Spiel mit Philosophie und Mystik und gelegentliche, ganz bewusste, originelle kleine Anachronismen fehlen nicht und bringen den Leser sogar während der grausamsten Kampfesszenen zum Schmunzeln.

Fast noch ereignisreicher als die ersten Bände gehalten, stellt dieses Buch, übrigens in derselben schlichten, für dtv premium typischen Bindung wie der erste Band ausgeführt, einen fulminanten und mit Überraschungen gespickten Abschluss dar.

(Regina Károlyi; 01/2008)


Andrzej Sapkowski: "Lux perpetua"
Aus dem Polnischen von Barbara Samborska.
dtv premium, 2007. 715 Seiten.
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